Das Metaverse – Warum es mehr als ein Hype ist

Wie Geschäftsmodelle im virtuellen Raum entstehen

Mit dem Metaverse stehen wir vor einer Entwicklung, die Geschäftsmodelle ebenso stark verändern wird, wie es das Internet in den letzten Dekaden hat. Wer es abtut als Hype für Gamers und Nerds, verschließt sich der Vorteile frühzeitiger Teilhabe.

Seit Mark Zuckerberg seine Metaverse-Mission angekündigt hat, ist es zum Hype geworden. Wenn es nach Zuckerberg geht, werden sich schon bald große Teile unseres sozialen Lebens im Metaverse abspielen. Da diese Zukunft angesichts der rasant fortschreitenden Entwicklungen insbesondere in den Gebieten der künstlichen Intelligenz und der virtuellen Realität sehr wahrscheinlich ist, lohnt sich doch ein Blick, auf das was uns bevorsteht.

Was genau ist das Metaverse?

Was genau hinter Zuckerbergs “The Metaverse” im Speziellen stecken wird, werden wir sicher in naher Zukunft erfahren. Für das Metaverse im allgemeinen gibt es keine klare Definition. Vergleichbar ist das mit den Anfängen des Internets, hier gab es auch keine klare Vorstellung von dem, was wir heute als Internet wahrnehmen. Allgemein gesprochen wird das Metaverse als virtuelle Welt verstanden, die zum einen technologisch durch Virtual Reality und Augmented Reality geprägt ist und unabhängig von einzelnen Nutzern existiert. Im Gegensatz zu einem klassischen (VR-)Spiel, welches ich starte und beende, ist die Existenz der virtuellen Welt dauerhaft und Individuen betreten und verlassen sie zum teilhaben. Als Metaverses werden heute etwa Plattformen wie Roblox und Fortnite gezählt, die Gaming im Ursprung haben.

Ökonomie im Metaverse

Neben den sozialen Aspekten ist das Metaverse durch eine digitale Ökonomie geprägt. gerade deshalb ist es in den letzten Monaten so interessant für Brands wie Adidas, Nike, Gucci und Balenciaga geworden.

Hier geht es um weit mehr, als neue Werbe-Möglichkeiten und Sales Channel für die eigenen, physischen Produkte zu eröffnen. Im Metaverse entstehen schon heute gänzlich neue Märkte für nativ-digitale Produkte, die von den Big Brands besetzt werden wollen. Tun sie das nicht, droht Bedrohung von digital-nativen Brands, die heute außerhalb der Bubble wohl kaum jemand wahrnimmt. Was für viele wie ein schlechter Scherz anmuten kann, hat durchaus Potential zur neuen Top-Brand zu werden. Gemeint sind NFTs wie CloneX, BoredApe und CryptoPunks. Zuerst in den Schlagzeilen angesichts der horrend erscheinenden Verkaufssummen der NFTs, entwickelten sie sich in Windeseile zum Statussymbol der Crypto-Community und treten nun an, selbst zum Brand zu werden. Mögen es rationale oder irrationale Beweggründe sein, die zu diesen Entwicklungen führen. So beruhen sie doch alle auf lang bekanntem menschlichen Verhalten. Einziger Unterschied zur Entwicklung klassischer Marken ist, dass die digital native Entstehung der Brands deutlich beschleunigt, ja geradezu disruptiv ist. Um zu verstehen, warum der die Positionierung des Brands im Metaverse durchaus nachhaltig zum Geschäftsmodell beiträgt, empfehle ich den Artikel  “Krypto-Assets – Ein Spiel um soziales Kapital. ”. Die nativ digitale Supply Chain bietet gleichzeitig auch die Chance für die sogenannte Creator Economy. Durch wegfallende Hürden, sowohl auf Seiten der Produktion und der Vermarktung, können Creators erstmalig direkt mir den Konsumenten in Interaktion und Transaktion gehen. Durch NFT und Tokenisierung können Urheber- und Besitzrechte digital festgeschrieben werden, so dass sich darauf nativ digitale Geschäftsmodelle abbilden lassen, ohne den heute benötigten Mediator in der physischen Welt zu benötigen.

Relevanz abseits von Art & Gaming

Ist das Metaverse also nur relevant für Unternehmen in den Gaming-, Kunst-und Consumer Goods Sektoren? Spätestens mit dem Bekenntnis von Firmen wie Microsoft zum Metaverse sollte klar sein: Keineswegs! Genau wie das Internet heute eine Basis-Infrastruktur für alle Unternehmen ist, wird es zukünftig auch das Metaverse sein. Einige Beispiele dafür:

Vor der Pandemie waren Präsenzmeetings gang und gäbe. Auch ich bin teilweise den ganzen Tag gereist, um einen 1-Stunden Termin wahrzunehmen. Das hat sich zum Glück radikal geändert. Heute ist digitale Remote-Zusammenarbeit selbstverständlich. Trotzdem ist das Zusammenarbeiten über Videokonferenzen noch nicht komplett mit einem physischen Treffen vergleichbar. VR- und AR-Technologie werden die User Experience der Online-Meetings deutlich verbessern. Doch mehr als das, im Business Metaverse werden wir mit KollegInnen global zusammenarbeiten können, als ob wir lokal in einem Büro sitzen. Der physische Unternehmenssitz und “das Büro” wird keine große Rolle mehr spielen.

Metaverse - Microsoft Mesh - Erster Schritt ins Metaversum
Metaverse – Microsoft Mesh – Erster Schritt ins Metaversum – Quelle: Microsoft

Die Arbeit in globalen Teams wird im Metaverse auch für kleinere Unternehmen selbstverständlich. Ebenfalls wird sich das traditionelle Angestellten-Verhältnis ändern. Es wird sich fortsetzen, was wir schon in der Creator-Economy sehen. Klassische Bindungen zu einem Arbeitgeber werden sukzessive durch Kompetenz-Netzwerke ersetzt, in denen sich Professionals organisieren, um Arbeit in verschiedenen Projekten zu erbringen. Im Recruiting wird das digitale Business-Ich, also der Track-Record des Mitarbeiters eine führende Rolle spielen. Unternehmen, die im virtuellen Raum rekrutieren und Mitarbeiter in virtuelle Teams einbinden können, werden signifikante Marktvorteile erhalten.

Auch bestehende Geschäftsmodelle werden sich verändern. Schauen wir zum Beispiel auf die Automobil-Industrie. Hier wird an Konzepten gearbeitet, wie die virtuelle Welten mit Mobilität verknüpft werden können. Unternehmen wie Holoride adressieren schon heute diesen Markt.

Metaversum - Holoride VR Erfahrung
Metaversum – Holoride VR Erfahrung – Quelle: Holoride

Metaverse – Die nächste Entwicklungsstufe des Internets

Ist das Metaverse als einfach eine Fortentwicklung des bestehenden Internets? Diese Frage muss leider mit JA und NEIN beantwortet werden. Das Internet im Ursprung ist geplant als Netzwerk, welches durch Interoperabilität der Protokoll-Ebene einen offenen Austausch von Daten und somit ein dezentrales Wachstum ermöglicht. Das Metavers im Geist von Zuckerberg ist eher eine Fortsetzung der Sozialen Netzwerke, die schon heute als Datenkraken ein Angriff die Privatsphäre und Datenautonomität der Nutzer darstellen. Das Metaverse erweitert den Gedanken der Sozialen Netzwerke auf nahezu alle Lebensbereiche. Mit der Teilhabe eines Individuums an einem dauerhaft existierenden Metaverse, ist die Entstehung eines umfassenden digitalen Ichs verbunden. Hinterlässt man im Internet durch sein Verhalten einen digitalen Fußabdruck, so entsteht im Metaverse seine digitale Persönlichkeit. Auch wenn man in Zuckerbergs Metaverse-Vision alles sein kann, so wird doch alles durch ein privates Unternehmen kontrolliert. Die Freiheit der Auswahl der Hautfarbe des Avatars bedeutet noch lange keine Hoheit über die eigenen Daten. Ein solches Verständnis des Metaverse ist also schon deshalb keine Fortentwicklung des Internet-Gedankens, da hier offene Protokolle und Interoperabilität durch geschlossene Systeme ersetzt werden, die das digitale Ich, also die Identität der Nutzer kontrollieren. Offenheit wird lediglich zu kommerziellen Zwecken geschaffen. Wird das Metaverse so verstanden und umgesetzt, dann ist darin eine bedrohliche Fortsetzung der Sozialen Medien zu sehen, die zu einem Dilemma für die Menschenrechte führen kann.

Eine alternative zu dieser dystopischen Entwicklung stellen Bestrebungen zur Erschaffung eines offenen Metaverse auf den Grundprinzipien des Internets dar. Basis dafür bildet die Web3.0 Bewegung mit dezentralen Ansätzen für Digitale Identitäten, Transaktionen und der Digitalisierung von Eigentum.

Thomas Müller ist CEO und Mitbegründer des evan.network, einem Blockchain-basierten Unternehmensnetzwerk. Thomas ist Experte in dezentralen Technologien, verteilter Governance und der Entwicklung Ökosystem-basierter Geschäftsmodelle. Als Sprecher, Autor und Experte trägt er dazu bei, eine Wirtschaft nach den Prinzipien der digitalen Souveränität zu etablieren, in der Unternehmen, effizient, nachhaltig und sicher mit ihren Partnern kooperieren.

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