5 Leadership-Elemente für nachhaltige Resilienz von Mitarbeitern

Wie kann ich in dieser Pandemie mein Leadership so anpassen, dass die Resilienz der Mitarbeitenden nachhaltig gestärkt wird?

Wie können Führungskräfte die Resilienz der Mitarbeiter stärken und was hat richtiges Leadership damit zu tun? Hier sind die 5 Elemente für Resilienz-förderndes Leadership.

Die Corona Pandemie hat das Management von Unternehmen in vieler Hinsicht massiv gefordert. Innerhalb kürzester Zeit mussten sich ganze Sektoren auf neue Marktbedingungen einstellen; es erfolgte ein massiver Digitalisierungsschub, die eigenen Gewohnheiten mussten sich von einem Tag auf den anderen drastisch ändern und neue Arten der virtuellen Führung implementiert werden. Dabei haben diese neuen Herausforderungen und Umstellungen – gepaart mit einer wesentlich grösseren Unsicherheit – auch und besonders die Mitarbeitenden herausgefordert.

Der von uns allen so häufig verwendete Begriff «Stress» entsteht durch die psychische und/oder physische Antwort auf einen äusseren Reiz. Diese Antwort kann fight, flight oder freeze heissen. Einmal in Gang gesetzt, ist dieser archaische, physiologische Ablauf vorgegeben und nahezu unumkehrbar. Gerade in einem fordernden Berufsalltag ist es deshalb langfristig wichtig, nicht jedes Mal in den Überlebensmodus zu schalten, wenn «Gefahr» droht, sondern zu lernen, bewusster mit Stress umzugehen. Dazu braucht es vor allem die Erkenntnis, dass die Bewertung stressauslösender Reize durch unser Gehirn individuell erfolgt, sprich, was jemand als Stress empfindet, unterschiedet sich davon, was jemand anderen “stresst“.

Stress kann dazu führen, dass Menschen widerstandsfähiger werden, oder er kann den gegenteiligen Effekt haben, indem die physischen und mentalen Ressourcen abnehmen und erschöpfen. Das Ergebnis hängt von vielen Faktoren ab: Ist der Stress anhaltend oder vorübergehend, gewählt oder unfreiwillig, sinnvoll oder zufällig, plötzlich oder allmählich, schwerwiegend oder mild, in Abhängigkeit von der sozialen Unterstützung, der Erfahrung und des Trainingsstands des Einzelnen. Wenn man also die eigentliche Stressreaktion nicht direkt beeinflussbar ist, so ist es immerhin möglich, die persönliche Reizschwelle für Stress zu erhöhen und damit chronischen Stress zu verhindern.

Eine Stresserhebung der Swiss Life aus dem Jahre 2020, zeigt, dass während der Pandemie diese Reizschwelle schon häufig überschritten wurde:

  • So klagten 80% der Befragten über Stress. In der Pflege- und Gesundheitsbranche waren es Corona-bedingt sogar über 90 Prozent.
  • Viele der Stressoren wurden dem Home-office zugeordnet: Zeitdruck (55%), hohe Arbeitsbelastung (47%), Arbeitsklima (35%) und die Angst vor Jobverlust (21%),

Darum gilt es als Führungsverantwortliche, die wichtigsten Hebel für das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu verstehen, im Fokus zu behalten und anzuwenden. Dabei haben wir fünf Elemente identifiziert, welche über die Zeit konsequent umgesetzt, die Resilienz der Mitarbeitenden erhöhen wird (Graphik 1). Auf diese werden wir im Weiteren näher eingehen.

 

Fünf Elemente, um als Vorgesetzte Wohlbefinden und Resilienz nachhaltig zu fördern
Graphik 1: Fünf Elemente, um als Vorgesetzte Wohlbefinden und Resilienz nachhaltig zu fördern – Quelle: Eigene Darstellung

1. Vorbild sein und als Vorbild führen

Den weitaus grössten Einfluss auf das Verhalten der Mitarbeitenden hat das eigene Vorleben als Führungskraft. Dabei lässt sich unterscheiden zwischen vorgelebtem Ideal-Verhalten und Handlungen des Managements, die im klaren Widerspruch zu den gemeinsam geteilten Werten bzw. Abmachungen stehen, letztere erzielen eine grössere (negative) Wirkung. Die Übereinstimmung von Worten und Taten ist eine nützliche Bedingung und entfaltet ihre Wirkung noch stärker, wenn sie auch eine klare Führung beinhaltet. Zur klaren Führung gehören zwei Dinge; erstens Klarheit über die Erwartungen und zweitens konstruktive Konfliktbereitschaft in der Auseinandersetzung mit Widerständen. Das Wohlbefinden der Mitarbeitenden als höchstes Gut und Wert zu verteidigen und zu fördern und ggf. der Produktivität unterzuordnen, kann hier in Form von Vorbild und Führung umgesetzt werden.  Hier lohnt es sich, einen Blick auf das eigene Verhalten zu lenken; stehe ich selber unter Dauerstrom und hechle von einer Sitzung zur nächsten, oder nehme ich mir bewusst auch Auszeiten, um aufzutanken und mich mit meinen Kollegen auszutauschen? Bestimmt die Arbeit mein Leben, oder gönne ich mir auch ab und zu einen frühen Feierabend und regelmässig Sport?

2. Halt und Ausrichtung geben

Wenn unser Blick auf die eigene Tätigkeit in erster Linie durch deren Sinn (Purpose) und Beitrag geprägt wird, hat dies für einen selber und auch die Umgebung eine klärende und orientierungsstiftende Wirkung. Das setzt voraus, dass dieser Sinn und Beitrag nicht nur bekannt ist, sondern auch verinnerlicht wurde. Wird dieser mit dem Unternehmenssinn und den -werten klar verbunden, ergibt sich als Mehrwert nicht nur die Sinnvermittlung, sondern auch eine klare, gemeinsame Ausrichtung. Auch hier gilt, je offener, empathischer und «Sinn-voller» («purposeful») eine Führungsperson erlebt wird, umso mehr wird sie das notwendige Vertrauen generieren um auch die Mitarbeitenden zu ermutigen, auf Sinnsuche zu gehen und sich mehr mit ihrem eigenen Purpose zu verbinden. Hierbei kann es hilfreich sein, wenn Gelgenheiten geschaffen werden, während derer im Team ein offener Austausch über Werte und Visionen ermöglicht wird. Zudem kann die Führungsperson auch Mitarbeitende ermutigen, Möglichkeiten auszuprobieren, den eigenen «Purpose» mehr zu leben. Ein gewünschter Nebeneffekt dabei ist, dass Mitarbeitenden, die einen hohen Sinn in ihrer Arbeit entdeckt haben, auch wesentlich resilienter bezüglich externer Stressoren sind.

3. Verbindungen/Vertrautheit fördern

Isaac Sterns Zitat «Musik passiert zwischen den Noten» kann hier übersetzt werden im Sinne von «Beziehungen und Vertrauen bilden sich zwischen offiziellen Meetings». Das stellt zusätzliche Anforderungen an Begegnungs- und Austauschorte, da die klassischen Treffen in der Kantine, während der Kaffeepause oder am Arbeitsplatz in der Pandemie nicht mehr wie früher möglich sind. So entstand eine Reihe an zusätzlichen Tools zu den üblichen virtuellen Arbeitsplattformen wie Teams und Zoom, um Zusammenarbeit, Begegnung und informellen Austausch besser zu unterstützen. Beispiele dafür sind SpatialChat.com und topio.io. Informelle Treffen und sozialer Austausch im virtuellen Raum passieren im heutigen Setting kaum spontan. Daher gilt es, regelmässig und bewusst auch informelle Events anzubieten oder Meetings so zu planen, um nicht nur Traktanden abzuarbeiten, sondern auch Zeit für einen «Check-in» auf persönlicher Ebene zu nehmen. Hierbei wird als erstes im Meeting eine Frage gestellt (beispielsweise «Was beschäftigt mich aktuell?» oder «Was war das schönste Erlebnis des Wochenendes?») und alle Teilnehmenden werden eingeladen, diese Frage in 1-2 Sätzen zu beantworten. Wenn ich dies als Führungskraft in meinen täglichen Ablauf integriere, bin ich auch besser in der Lage, Veränderungen bei Mitarbeitenden wahrzunehmen und erste Signale in Richtung Überlastung zu deuten.

4. Grenzen setzen

Ein Charakteristikum des neuen virtuellen Arbeitsraums ist es, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, Beruflichem und Privatem wesentlich fliessender sind und damit auch weniger klar eingehalten werden. Hier gilt es, neben dem Vorleben von Grenzen (wie klarer Arbeitsschluss, keine Wochenendarbeit inklusive E-Mails), ein besseres Gefühl für die Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden zu entwickeln und sie darin zu unterstützen – auch wenn dies der Vor-Corona-Leistungskultur widerspricht – ihre Ruhezeiten und Ferien auch wirklich zu nutzen.

5. Selbstwirksamkeit fördern

Damit zukünftig auch in schwierigen Situationen entspannter das Ruder in der Hand gehalten wird, ist es wichtig, die eigene Selbstwirksamkeit (und damit verbunden das Selbstvertrauen) zu stärken. Dazu gibt es eine Reihe von Hebeln, die bewusster eingesetzt werden können. So z.B. den eigenen «Circle of Influence», klarer definieren, d.h. vermehrt auf Tätigkeiten und Verhalten zu fokussieren, die ich direkt beeinflussen kann und diese von Aktivitäten im «Circle of Concern» zu unterschieden. Diese übern zwar einen Einfluss auf mich aus, geben mir aber keine Möglichkeit, diese innerhalb einer nützlichen Zeit zu beeinflussen. Die universale Metapher dafür ist der unerwartete, kalte Regenschauer, über den ich mich zwar aufregen kann und dabei das miese Wetter und die Inkompetenz des Wetterdienstes anprangere (Circle of Concern) oder bewusst vorausplane, indem ich beispielsweise einen Regenschirm mitnehme oder angemessene Kleidung anziehe und so meinen Einfluss geltend mache (Circle of Influence).

Zur Selbstwirksamkeit gehört auch, eigene Kompetenzen zu stärken oder auszubauen. Das lässt sich durch Referenzieren von ähnlichen, vergleichbaren Problemen oder Anforderungen bewerkstelligen, die schon mal gelöst wurden. Auch das sich Erinnern an Situationen in der Vergangenheit, in denen erfolgreich mit Niederlagen und Rückschlägen umgegangen wurde, kann in diesem Zuge hilfreich sein. Die Erinnerung an das Gefühl, trotz allen Widrigkeiten wieder aufgestanden zu sein und weitergemacht zu haben, kann in diesen Fällen die notwendige Perspektive und Motivation vermitteln.

Komfort-Zone, Lern-Zone und Panik-Zone
Graphik 2: Komfort-, Lern- und Panik-Zone – Quelle: Eigene Darstellung

Und noch ein Gedanke zum Schluss: Wenn es in der Vor-Corona-Zeit häufig darum ging, die Mitarbeitenden bewusster in die «Lern-Zone» zu führen, um Innovation und Anpassung an neue Markt- und Kundenanforderungen zu initiieren, ist in dieser durch viele Ungewissheiten und Anforderungen geprägten Zeit, häufig auch das Gegenteil angesagt, das heisst, wieder bewusst Entspannung in die Organisation zu tragen und die Bewegung in die «Komfort-Zone» zu unterstützen. Wobei hier «Komfort» eigentlich eine Fehlbezeichnung ist, da diese Zone nicht für Bequemes steht, sondern für Bekanntes und Vertrautes, das dem Mitarbeitenden wieder Zeit und Musse gibt, die Batterien aufzuladen und Gelerntes zu reflektieren.

Transformations-Programme für Menschen in Organisationen zu entwerfen und zu begleiten ist meine Leidenschaft. Seit über 30 Jahren unterstütze ich Führungspersönlichkeiten und MitarbeiterInnen dabei, ihr persönliches Potential und das Ihrer Unternehmen zu entfalten. Es begeistert und erfüllt mich jeden Tag aufs Neue, mit psychologischen Einsichten und Methoden zum Erfolg von Menschen und Organisationen beizutragen. Als Managing Partner der aergon ag – inside-out leadership, mit einem Team von 12 PsychologInnen transformieren wir Kulturen nachhaltig.

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