Eine starke Corporate Identity durch Community Building

Wie eine partizipative Unternehmenskultur nachhaltige Werte schafft

Um eine positive Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu haben, braucht ein Unternehmen heutzutage einen Gemeinsinn – den purpose. Eng damit verbunden ist die Corporate Identity: sie formt das Leitbild des Unternehmens. Dabei sind die Grenzen zwischen Unternehmenskommunikation, Community Building, Branding und Design fließend.

Um eine positive Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu haben, braucht ein Unternehmen heutzutage einen Gemeinsinn – den purpose. Eng damit verbunden ist der Begriff der Corporate Identity: sie formt das Leitbild des Unternehmens. Dabei sind die Grenzen zwischen Unternehmenskommunikation, Community Building, Branding und Design fließend –Top Management, fachliche Angestellte und Kunden beeinflussen den Prozess der Identitätsfindung gleichermaßen.

Ein nachhaltiger Gesellschaftsvertrag für das 21. Jahrhundert

„Purpose matters“, da sind sich Vorstände und Führungskräfte einig. Ethisches Hinterfragen unternehmerischen Handelns und die Suche nach dem tieferen Sinn in einer Wertschöpfungskette, die in weiten Teilen auf expansionistischen Optimierungswahn, Kostenreduktion, statusgetriebenen Hyperkonsum und aggressive Ressourcenallokation fixiert ist, sind brandaktuell. Aber was ist eigentlich sinnhaft? Unternehmerische Antworten darauf reichen von Zukunftsausrichtung des Unternehmens über die Förderung sozialer Teilhabe und einer effizienten Kreislaufwirtschaft bis hin zur Unterstützung guter Zwecke wie Bildung, Armutsbekämpfung und Völkerverständigung. 

Der Druck auf Unternehmen steigt, denn Verbraucher fordern klare Bekenntnisse und konkrete Entwürfe, wie eine gerechte und würdevolle Zukunft eines vernetzten Planeten zu gestalten ist. Gleichzeitig verlangen sie nach Orientierung und Halt angesichts nie da gewesener Herausforderungen und Folgeschäden der Epoche des Anthropozäns. Laut der Marktforschungsstudie „Nachhaltiges Leben 2020“ sehen 69% der Befragten Marken und Unternehmen stärker in der gesellschaftlichen Verantwortung als bisher. Sie verlangen eine authentische, transparente und engagierte Kommunikation, wobei sie die Last der Verantwortung neben den Unternehmen nahezu in gleichen Teilen auch bei dem Staat und sich selbst sehen. Besonders wichtig sind ihnen nachhaltige Bedingungen in den Branchen Lebensmittel, Energie, Mobilität/ Verkehr und Gesundheit. 

Bloß mit welchen Maßnahmen können solche allgemein formulierten Ziele wie Nachhaltigkeit erreicht werden? Dass ein Konsens darüber nicht so einfach auszuhandeln ist, beweist die emotional aufgeladene Diskussion um das Thema Klimaschutz in Medien und Online-Communities. Statt konkrete Bedingungen für die Finanzierung nachhaltigen Wachstums zu erörtern, werden Stellvertreterdiskussionen um symbolische Einzelmaßnahmen geführt. Praktiken wie Greenwashing zeigen zudem, dass Unternehmen die Sinndebatte nur ungenügend verstehen. Während der Öffentlichkeit teuer produzierte Corporate Social Responsability-Kampagnen präsentiert werden, wird im Hinterzimmer business as usual gemacht. Ist das noch fehlgeleitete Kommunikation oder schon Verbraucherbetrug?

Stolz und Vorurteil der Basar-Community

Viele Unternehmen folgen bis heute der gängigen Kommunikationsvorstellung, die besagt: erziele Glaubwürdigkeit durch Widerspruchsfreiheit. Sich an ein einheitliches, strategisches Gesamtkonzept zu halten, ist grundsätzlich richtig. Aber in einer Omni-Channel-Welt sich überschneidender Kommunikationskanäle, in der unterschiedliche Zielgruppen in Echtzeit konsumieren und agieren, ist es problematisch, allen die gleiche statische Botschaft zu vermitteln. Minimale Fehler werden von der Masse der kritischen Öffentlichkeit in kürzester Zeit offengelegt und lassen die Strategie ins Leere laufen oder führen sogar zu einem gegenteiligen negativen Effekt.

Unsere digitale Welt, vor allem Social Media, ist durch populistische Reizsteuerung und eine verknappte, aphoristische Kommunikationsweise geprägt. Statt langwieriger Abwägung und der Suche nach Masterplänen herrscht ein impulsiver Aktionismus vor, der sich agil neuen Trends anpasst: attitude beats methodology. Das strikte Folgen einer vorgegebenen Kommunikationsstrategie kann von der Community schnell als stures, kompromissloses Beharren und Überheblichkeit missverstanden werden. Geschlossene Marketingstrategien, die ausgewählte Fakten zugunsten anderer besonders betonen und sich nicht flexibel auf neue Tatsachen einstellen können, werden nicht selten als manipulativ und unaufrichtig wahrgenommen.

Unternehmenskommunikation muss sich stärker konsequent an der Basis der Community ausrichten, um eine positive Orientierung zu bieten. Statt klassischer Vermarktung einer vordefinierten Message, die top-down abläuft, findet die heutige mediale Vermittlung non-linear und partizipativ statt. Inhalte sind in der Basar-Community nicht mehr einem einzigen Sender oder Empfänger zuzuordnen, sondern geistern als fragmentierte Narrative durch die Kommunikationsräume, wobei das Feedback der Community unmittelbar auf sie zurückwirkt. Eine Kommunikationsstrategie muss diese Reaktionen miteinplanen und auffangen, ohne dass sich das Unternehmen zu sehr verbiegt. 

Unternehmen müssen lernen, Kommunikation als Prozess zu sehen, in dem viele unterschiedliche Stakeholder involviert sind. Interaktives Community Building bietet enormes Potential, da es ein praktisches Experimentierumfeld für Kommunikationsstrategien bereithält, von dem – richtig umgesetzt – alle Seiten profitieren. Wenn sich Unternehmen diesem Prozess öffnen, haben sie die Chance entlang des Inputs der Community zu lernen und sich frühzeitig auf neue Zielmärkte auszurichten. Krisen können optimal genutzt werden um sich weiterzuentwickeln, indem sie der Neuorientierung, dem Imagewandel oder als Imageverstärker dienen. 

Corporate Identity schafft Vertrauen durch gelebte Werte

Die Corporate Identity beinhaltet die Unternehmensphilosophie und die langfristige Zielsetzung. Zur Corporate Identity eines Unternehmens gehören neben der Strategie und der generellen Vision aber auch die Organisationsrealität, die Unternehmens-Policies, das Management-Performing, kulturelle Artefakte und Symbole und grundlegende Überzeugungen und Werte, die sich über die Jahre im geschäftlichen Alltag anhand von Best-Practice-Methoden herausgebildet haben. Dies betrifft vor allem die Mitarbeiter, aber auch das weitere Netzwerk der Geschäftspartner und Kunden – die Corporation Community.

Eine positive, klar wahrnehmbare Unternehmensidentität erhöht die Motivation und die Unterstützung durch die Mitarbeiter. Als integrative Kraft schafft sie Sicherheit und Vertrauen, verbessert die Arbeitsmoral und die Produktivität, unterstützt die Anwerbung neuer Mitarbeiter und sorgt für eine niedrige Fluktuation von Arbeitskräften. Dies wiederum gelingt nur, wenn alle Mitarbeiter im täglichen Arbeitsprozess daran beteiligt sind, die Corporate Identity mit Leben zu füllen. Dann wirkt sie auf eine gesunde Firmenkultur hin und verbessert damit auch das Image und die Reputation des Unternehmens. 

Studien zeigen, dass Image und Reputation Risiken reduzieren und den Marktanteil erhöhen. Im Gegensatz zur Corporate Identity, die das Selbstbild eines Unternehmens abbildet, entsteht das Image aus dem Fremdbild des Publikums heraus. Die Reputation überprüft die Kongruenz von Image und tatsächlichen Handlungen des Unternehmens über einen längeren Zeitraum. Sowohl Image als auch Reputation sind also nur mittelbar über die Corporate Identity als Sollgrößen zu beeinflussen – letztendlich entscheidet die Community darüber, ob das Identifikationsangebot glaubwürdig ist. 

Unternehmenskrisen meistern durch flexible Rollenangebote

Corporate Identity wurde traditionell als unwandelbare Einheit verstanden, leader-generated und eingebunden in als natürlich wahrgenommene Prozesse. Aber was passiert, wenn sich das Konzept als unwirksam, unzulänglich, inkonsequent oder überzogen erweist? Der Mensch als „beharrliche Einheit, die in den Fluten der Veränderung ewig dieselbe bleibt“, wie Friedrich Schiller einst schrieb, ist heute eine liquide Schnittstelle, in dem unterschiedlichste Ordnungen, Bewusstseinsprozesse und Gefühle zusammenlaufen. Genauso muss eine Corporate Identity in der Lage sein sich zu verändern, ohne dass sie als Ganzheit in ihrer Gestalt auseinanderbricht. Dazu müssen Krisen mit eingeplant und proaktiv gemeistert werden.

Je länger ein Unternehmen existiert, desto eher läuft es Gefahr, dass der anfängliche Innovationseifer und somit auch langfristig der Unternehmenserfolg stagniert.  Mit zunehmender Größe wachsen die Regeln und bürokratischen Prozesse an, die Autoritätsstrukturen verfestigen sich, das durchschnittliche Alter der Angestellten steigt. Die Aufteilung der Arbeit in Subeinheiten erhöht sich, was die Distanzierung zwischen den Hierarchie-Ebenen erhöht. Großen Konzernen mit vielen Untereinheiten wird es schwer fallen, im Change Management ihre Philosophie auf eine Kernidentität oder gar einen Marketing-Slogan zu reduzieren. Wie geht man mit dieser Situation um?

Jede Unternehmenskultur ist ein Bündel aus komplexen Prozessen, Widersprüchlichkeiten und asymmetrischen Machtverhältnissen. Statt sich auf die Vermeidung von Zielkonflikten und konforme Geschlossenheit der Interaktion zu konzentrieren, sollte Orientierung und Integration über das Angebot flexibler Rollen stattfinden, die die Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit des Einzelnen stärken. Erzeugen Sie – nicht nur in Transformationsphasen – Harmonie durch ein wertschätzendes und offenes Klima, Mehrdimensionalität der Betrachtungsweisen und Identität von Wort und Tat, statt zu stark dirigierend einzugreifen. Dann verzeiht die Community auch Fehler, sowohl vonseiten der Belegschaft als auch vom Konsumentenpublikum. 

Wandel der Identitäten in der Unternehmenskultur proaktiv nutzen

Soziologische Modelle verstehen Identität als dynamische Interaktion zwischen der Eigenwahrnehmung des Individuums und den Konventionen und Anforderungen der Umwelt. Um eine stabile Identität zu entwickeln, ist dabei im ersten Schritt die Loslösung von der vermittelten Gruppenidentität notwendig. Es ist also die Entfremdung, die der aktiven und willentlichen Anpassung an die kulturellen Gegebenheiten vorausgeht. Der Identifikationsprozess läuft also keineswegs ohne Spannungen und Brüche ab – im Gegenteil, Distanzierungen sind konstituierend für die Herausbildung einer eigenen Sichtweise.

Wie kann man divergierende Sichtweisen erfolgreich ins Unternehmen integrieren? Nach dem Unternehmenskulturmodell von Denison sind vier Merkmale in ihrem Zusammenspiel entscheidend für Effizienz: Mission, Konsistenz, Anpassungsfähigkeit und Mitwirkung. Es herrscht ein dynamisches Spannungsverhältnis zwischen Anpassungsfähigkeit  – der Stimulierung von Fortschritt – und Konsistenz – dem Erhalten des Kerns. Innovation besteht hier vor allem darin, die Mitarbeiter zur Mitwirkung zu motivieren, um gemeinsam die notwendige Anpassungsleistung zu vollbringen. Nur so kann die Corporate Identity im Nachhaltigkeitsdreieck von Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft stabilisierend wirken, ohne sich Veränderungen hemmend in den Weg zu stellen.

Intrinsische Motivation erzeugen kann nur über die Integration und Förderung persönlicher Ziele und Ambitionen gelingen. Die strategische Unternehmensentwicklung sollte also stets auf die Energie und das Entwicklungspotential in der Organisation und im Publikum Rücksicht nehmen, um ihr imaginäres Kapital optimal auszuschöpfen. Notwendig dafür sind vor allem kompetente Führungskräfte, die es verstehen, die Community für die Corporate Identity zu engagieren, zu vereinen und auf dem Weg der Veränderung zu begleiten.

Fazit

Corporate Identity entsteht durch Community Building.

  1. WERTSCHÜRFUNG. Erkunden und nutzen sie systematisch Talentreserven der Mitarbeiter, um organische Inspiration und mündige Selbstaktivierung auf allen Ebenen des Unternehmens voranzutreiben. 
  2. WERTSCHÄTZUNG. Beteiligen Sie die Community proaktiv an Produkt- und Feature-Entwicklungen, dann erhalten Sie für die Wertschöpfung nicht nur wertvolles Feedback von der Zielgruppe, sondern stimulieren den Wunsch der Community nach Beteiligung am schöpferischen Prozess. 
  3. WERTSCHÖPFUNG. Wenn Sie den Prozess durch Anreiz- und performance-basierte Bewertungssysteme unterstützten, können Sie den Fortschritt abbilden und kontrollieren. 
Simone Belko is a media scientist and European studies scholar with a strong focus on digital literacy. With experience in journalism, PR, marketing, IT and training she has excelled in Germany and abroad. As a manager for digital products in the online games and FinTech industry she gained deep insights into online platforms and communities. Simone is the author of "Digital Consciousness" ("Das digitale Bewusstsein") and currently works at Otto GmbH, leveraging her expertise in business transformation.

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