Das Botox für die Arbeitswelt der Zukunft

New Work als Lückenfüller beim Innovationsanstrich?

Wenn wir New Work im Zusammenhang mit der digitalen Transformation anschauen, dann haben wir inzwischen unterschiedliche Lager; ein kleiner Teil widmen sich dem Ursprungsgedanken und der Rest kreiert wild durcheinander den Zukunftstrend zur „Transformation der Arbeitswelt“.

Als Modewort wird es inzwischen wie Botox überall da eingesetzt, wo es eine Aufhübschung braucht und wird deshalb genauso kontrovers diskutiert. Die Geisteshaltung «neue Arbeit» verschmelzt mit der Einführung von neuen Arbeitsformen, Arbeitsplätzen, Führungsmodellen und vor allem einer veränderten, humanitären Unternehmenskultur.

Der Mensch im Mittelpunkt und die Wirtschaft ihm zu Nutze, nicht umgekehrt!

Unter diesem Gesichtspunkt finden sich die Reihen wieder zusammen, wenn es auch dem weitaus radikaleren Ansatz von Bergmann nur in einem Mindestmass entspricht.

Doch bleiben wir  hier, bei der Adaption in unser heutiges Wirtschaftsgeschehen und in der Annahme, dass ein Wandel bereits in einigen Unternehmen Einzug gefunden hat und ein Umdenken  als Notwenigkeit akzeptiert wird.

Da lese ich den Artikel eines Kollegen, der sowohl überrascht also auch enttäuscht feststellen muss, dass er bei einer Stellenbesetzung eines Vereins zur Vernetzung und Förderung von Unternehmen zu Innovationen für die er als bekannter Querdenker sogar vorgeschlagen wurde, trotz seiner breiten praktischen Erfahrungen aufgrund eines «fehlenden» BWL Studiums aus dem Auswahlverfahren gefallen ist.

Querdenker gesucht, oder doch nicht? (von Thomas Wickart auf XING)


Mir fällt in dem Zusammenhang sofort wieder Frithjof Bergmann ein, der die Umsetzung von New Work folgendermassen beschreibt.

„Für viele ist New Work etwas, was Arbeit ein bisschen reizvoller macht, quasi Lohnarbeit im Minirock“ 

Frithjof Bergmann

Wie wäre es denn mit Querdenker als Studienfach?

Wir suchen Querdenken; wieder so ein wunderbarer Phrasen-Trigger, der häufig als Voraussetzung in einem Profil angekündigt beim Einfordern der Kompetenz, denn als solches würde ich sie bezeichnen, gar nicht mehr so gerne gesehen ist.  Wir reden von   „Think outside the box“  und wollen gleichzeitig  einen Nachweis über  übernommene Denkmuster.

Das Denken ausserhalb der Box wäre aber ein Denken ausserhalb der gewohnten Denkmuster und da nützt mir kein Hochschulabschluss , sondern ich brauche eine  Netz aus Erfahrungen und   die Fähigkeit  auf kognitivem Niveau, alternative Wege zu gehen.

Das Botox für die Arbeitswelt der Zukunft 1

Mit veralteten Skills in die neue Arbeitswelt?

Noch vor einigen Jahren gab es für Jobs im Online-Marketing z.B. keine Masterabschlüsse oder Studiengänge, denn das was man gerade gelernt hat war gleich wieder veraltet. Um Basis Grundlagen zu schaffen musste erst einmal ein «Knowledge Framework» entstehen, über das mit wissenschaftlichen Ergebnissen ein digitaler Experte ausgezeichnet ausgebildet werden kann.

• Wie aber bewerten wir die nicht mehr zeitgemässen Abschlüsse und Diplome?

Ich selbst stand vor einigen Wochen, nachdem ich mich entschlossen hatte wieder in Teilzeit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen, um Zeitreserven für das New Work Thema zu haben vor der Situation, dass meine Weiterbildung aufgrund der Anforderungen angepasst und inzwischen im Level 6 anerkannt wurde, also als Bachelor-Diplom gilt. Natürlich habe ich mir das aufgrund der Situation gleich von der IHK bestätigen lassen und in meinem Profil abgeändert, weil ich weiss, dass sich dadurch meine Chancen auf eine Führungsposition vergrössern, denn wir stellen heute immer noch nach „Papier“ ein  und  sind Titeln verfallen.

Hingegen fragt Elon Musk wie wir in den letzten Tagen in der Presse lesen durften bei  einer Twitter Rekrutierung für zahlreiche Ingenieure und Entwickler  nach keinem Abschluss, sondern  stellt die Frage: «What exceptional work have you done? »   also was hast du aussergewöhnliches geleistet? Die Bewerber müssen sich einem   «hardcore coding test»  unterziehen.  [ zum Artikel]

Je digitaler die Tätigkeiten werden, je transparenter und messbarer sind die daraus resultierenden Ergebnisse.

Veränderte Einstellungskriterien, sowie   neue Aus- und Weiterbildungen werden in den nächsten Jahren noch für viel Diskussionsstoff sorgen. Ich bin ein Fan von lebenslangem Lernen und verstaubte Strukturen in der Lernlandschaft, müssen bereits  in den Grundschulen  komplett  aufgebrochen werden.

Wie lernen wir neues Denken?

Wir können nicht wirklich verlernen, aber wir können Erlerntes in Frage stellen und neu verknüpfen.

Zu New Work kommt New Learning und auch das in einer völlig veränderten Form. Im Wandel von einer Industriegesellschaft zu einer Informationsgesellschaft braucht daher neue Ansätze, Inhalte und Methoden.

Begleitetes Lesen wie viele von uns es noch aus Weiterbildung und Studium kennen, reicht nicht mehr aus, denn theoretisches Basiswissen kann sich heute jeder durch Education-Technology  (EdTech) aneignen.

Vieles von dem was in der «neuen Arbeit» erforderlich sein wird, kann nur gemeinsam erarbeiten werden, Da aber der Trend zu fluiden Teams immer wahrscheinlich wird, müssen sich Mitarbeitende und vor allem Führungskräfte vermehrt mit ihren sozialen Kompetenzen beschäftigen.

Wie messe ich aber die neuen wichtigsten Skills die ich als Leitungsperson oder Coach in die neue Arbeitswelt mitbringen muss und welche wären das dann?


• In meiner Ausschreibung für eine Leadership Position würde stehen:

«Sie sollten motivationsfähig, offen, kritikfähig, neugierig, vertrauenswürdig, begeisterungs- und teamfähig sowie lernfähig sein».

Wenn er/sie selbst als Vorbildfunktion auch Schwächen in z.B. digitalen Kompetenzen zugeben kann, fällt es auch den Mitarbeitenden leichter Wissenslücken zu bekunden und diese durch externe Weiterbildung oder bestenfalls sogar mit interner Unterstützung wie im Beispiel durch digital Natives, innerhalb des Unternehmens zu schliessen.

Bei jenen die den Sprung in die Digitalisierung verpasst haben, wird über kurz oder lang Überforderung entstehen.

Erfolgreiche Unternehmen der Zukunft kümmern sich in der Gegenwart zuerst um ihre Mitarbeitenden.

Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt und unser gemeinsamer wirtschaftlicher Erfolg soll auch nützlich für den Menschen sein; das sollte in jedem Unternehmens-Leitbild stehen, dass sich New Work wirklich, wirklich auf die interne Charta geschrieben hat.

•   Weitere Organisationen und Zusammenschlüsse zum Thema die ich empfehlen kann:

Work-Smart Initiative    von Alexandra Kühn ins Leben gerufen, die New Work Charta von Markus Väth, die Rebels at Work Initiative von Anja Förster und Peter Kreuz, The Dark Horse   ,   New Work Rhein-Neckar  und die Zürich New Work Meetup Gruppe die Katja Schwedhelm. gegründet hat.


Abschliessend für diesen Artikel: Mit dem Sinn von Lohnarbeit werden wir uns wohl oder übel noch länger auseinandersetzen müssen, denn durch die Digitalisierung wird die Arbeit wie wir sie kennen vorerst nicht ganz abgeschafft, sondern es wird lediglich die Zeitspanne der Ausübung vieler Tätigkeiten verkürzt.

Heike Bauer unterstützt Unternehmen bei der Ist-Analyse und Befähigung von Mitarbeitern auf dem Weg in eine neue, digitale Arbeitswelt, mit dem Instrument eines zeitgemässen NEW-WORK Ansatzes. Ausgebildet als Führungskraft für Industriebetriebe erkennt sie schnell die Stolpersteine, die einem echten kulturellen Wandel im Weg liegen. Bei den Dimensionen People, Place, Technologie setzt sie auf den kostbaren, Wissenstransfer zwischen den Generationen Publikation und Artikel: Mitautorin an der Studie Arbeitswelt 4.0. Als KMU die Arbeitswelt der Zukunft erfolgreich gestalten, Autorin bei MtD und topsoft und hält Vorträge zum Thema New Work. Vortragsreihe 2020: Wenn New Work die Antwort ist, was war nochmal die Frage.

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