DAO erklärt: Was ist eine Dezentrale Autonome Organisation?

Wie Unternehmen von neuen Kooperationsformen profitieren

DAOs verankern Kooperation und Zusammenarbeit in der DNA vieler Blockchain-Anwendungen. Doch auch für Unternehmen gewinnen neue Kooperationsmodelle an Bedeutung. Lässt sich aus den DAOs lernen? Dazu dient ein Blick hinter die Kulissen.

DAO steht für Dezentrale Autonome Organisationen und ist, seien wir ehrlich, für die Meisten entweder vollkommen unbekannt oder weiteres Buzzword der Blockchain-Bubble. Doch die Idee hinter der DAO ist relevant für uns alle. Im Grunde geht es bei DAOs darum, neue Formen zu finden, in denen Arbeit und vor allem die Zusammenarbeit organisiert werden kann. Diese neuen Formen stehen unter dem Kerngedanken der Zusammenarbeit der beteiligten Akteure auf Augenhöhe. In diesem Zusammenhang deutlich besser bekannt sind Themen wie  Stakeholder- statt Shareholder-Economy und Ökosysteme statt zentral gesteuerte Plattformen. Dezentrale Autonome Organisationen sind nun eine spezielle Form, wie solche Kooperationsprinzipien umgesetzt werden können. Mit der DAO-Idee sollten sich also alle beschäftigen, die der Meinung sind, dass es in Zukunft hierarchielose, kooperative Formen der Zusammenarbeit zwischen Individuen und auch zwischen Unternehmen geben wird. 

Was ist eine DAO?

Im Prinzip ergibt sich die Erklärung einer DAO schon aus dem Namen selbst – ‘Decentralised Autonomous Organisation’. Wie der Name sagt, handelt es sich hierbei um eine Form der Organisation, die 

  • Autonom ist – also die Fähigkeit besitzt, aus sich selbst heraus zu agieren und unabhängig von einzelnen internen und externen Akteuren zu sein
  • Dezentral ist – also die Entscheidungsfindung im Konsens der Mitglieder erfolgt und unabhängig von einem zentralen Ort und einer zentralen Führung ist 

Jede Organisation erfordert Regeln. Das Regelwerk einer DAO ist in Form einer unveränderbaren Software, dem sogenannten Smart Contract, codiert. Der Smart Contract ist das Rückgrat der DAO. Zur Sicherung der Unveränderbarkeit und des autonomen Betriebs dieses Smart Contracts wird dieser auf einer Blockchain-Infrastruktur betrieben. Durch diese transparente und nicht manipulierbare Entscheidungsfindung wird das Grundprinzip des autonomen Agierens der DAO gesichert. Egal welches Mitglied eine Aktion in der DAO auslöst, es wird entsprechend der codierten Regeln immer zum selben Ergebnis führen. Am besten vergleichbar ist das mit einer in Software gegossenen Geschäftsordnung der Organisation, die in einer Blockchain festgeschrieben wird. Im Gegensatz zu der in Papierform festgehaltenen Geschäftsordnung lässt der Smart Contract einer DAO auch keinerlei Interpretationsspielräume zu, was die Wahrscheinlichkeit von Konflikten zwischen den Mitgliedern senken sollte. 

Jede Organisation erfordert Mitglieder. Das Ziel einer DAO ist es, Chancengleichheit zwischen den Mitgliedern zu schaffen. Nachdem die initialen Regeln der DAO definiert sind, muss die Mitgliedergewinnung gestartet werden. Das läuft in der Blockchain-Welt üblicherweise durch die Ausgabe von Token. Die Inhaber der Token sind demnach die Mitglieder der DAO und können, gemäß der codierten Geschäftsordnung, Vorschläge einreichen, an Abstimmungen teilnehmen und an den Aufgaben und dem Erfolg der DAO partizipieren. Die Abstimmungen laufen dann durch nachvollziehbare und in Software gegossene Verfahren ab.

DAOs als Rahmen für moderne Kooperation

Eine DAO kann für nahezu alle Formen der Zusammenarbeit genutzt werden. Dabei kann es eine Zusammenarbeit zwischen Individuen genauso abgebildet werden, wie die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen.

Beispiele dafür sind:

  • Die gemeinsame Finanzierung von Assets (Beteiligung)
  • Die Koordination einer gemeinsamen Leistungs-Erbringung (Kooperative)
  • Die Nutzung gemeinsamer Ressourcen (Sharing)  

Der größte Treiber der DAOs sind die Veränderungen in unser aller Lebens- und Arbeitswelt hin zu Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. War in der Vergangenheit ein Vollzeitjob in abhängige Beschäftigung “normal”, so sind heutige Arbeitswelten zunehmend geprägt von freier Arbeit. Wurde der eigene Aktionsradius durch Büro-Pflicht stark eingeschränkt, können heute zumindest ein Teil der Arbeiten ganz selbstverständlich von jedem Ort erbracht werden. War es in der Vergangenheit völlig normal, Dinge zu kaufen und zu besitzen, so zählt heute die einfache Nutzung mehr als der Besitz eines Produktes. All diese Veränderungen fordern und fördern Strukturen der Kooperation und der Partizipation aus denen die DAO-Idee geboren wurde.

DAOs – Relevant für klassische Unternehmen?

Aktuell gibt es DAOs nur in der Krypto-Welt. Meist werden sie für die Koordination der Zusammenarbeit von Individuen genutzt. Aber gerade für Unternehmen stellen die Prinzipien der DAO eine große Chance dar. Durch Trends wie Sharing Economy und der zunehmenden Nachfrage nach verbundenen Services statt einzelner Produkte, können Unternehmen Leistungen oft nur noch im Verbund erbringen. Heute haben Unternehmen zwei Alternativen. Klassiker ist die Zusammenarbeit in einer Lieferantenbeziehung (Supply Chain). Hier übt in aller Regel das Unternehmen an der Spitze der Kette die Kontrolle aus. Eine Alternative dazu stellen Kooperationsplattformen dar. In der Plattform-Ökonomie besteht allerdings durch Aggregation von Daten und der damit verbundenen Informations-Asymmetrie die Gefahr der Entstehung markt-dominierender Plattform-Monopole. DAOs mit ihrem Ansatz, eine Kooperation abzubilden die weder von einem der Teilnehmer noch vom Betreiber der digitalen Kooperationslösung kontrolliert und dominiert wird, können dazu ein Gegenmodell bieten.

Wrapped DAOs – der Weg zur rechtssicheren Organisationen

In Ihrem Grundgedanken verankern DAOs dezentrale Organisationsprinzipien:

  • Hierarchielose Steuerung
  • Vollständige Transparenz über Strukturen und Regeln
  • Chancengleichheit für alle Mitglieder unabhängig von Ort und Zeit des Beitritts
  • Vertrauen durch gesicherten Schutz vor Manipulation

In diesen Belangen unterscheiden sie sich von klassischen Organisationsprinzipien und werden deshalb oft als Alternative zu klassischen Unternehmens- und Organisationsformen gesehen. Natürlich ist das wenig praktikabel, da jede DAO, die Wirkung entfalten soll, einen rechtlichen Rahmen braucht. Wird dieser nicht explizit definiert, so wird man DAOs wohl als Personengesellschaften mit allen damit verbundenen Schwierigkeiten sehen. Aktuell gibt Bestrebungen, die DAO als Konstrukt in den Mantel klassischer Rechtsformen wie Genossenschaften, Vereinen oder auch Kapitalgesellschaften zu kleiden. Diese vielversprechenden Ansätze könnten den DAOs zum Sprung aus der Krypto-Welt verhelfen.

DAO als Weg, nicht als erstes Ziel

In der Krypto-Welt sind DAOs heute selbstverständlich, außerhalb der Blase aber kaum ein Thema. Soll sich das Ändern, müssen die DAOs nicht als festes Konstrukt (mit Blockchain, Smart Contracts & Co) sondern als Weg verstanden werden. Unabhängig der verwendeten Mittel, gibt es doch zunehmend breiter werdende Bestrebungen, dass neue Formen der Zusammenarbeit gefunden werden müssen. Bis das die neue Normalität wird, gilt es noch einige Hürden zu nehmen. Neben der bereits angesprochenen juristischen Komplexität, gilt es auch die technische und die soziale Komplexität zu lösen. So ist es technisch nicht eben leicht, komplexe Regelwerke in Code zu gießen. Für weniger komplexe Sachverhalte gibt es allerdings schon heute Frameworks, wie Beispielsweise Aragon, um eine DAO ohne umfassendes Blockchain-KnowHow zu starten. In der Praxis zeigt sich die soziale Komplexität als größte Herausforderung. Von allen Teilnehmern wird Offenheit und aktive Mitgestaltung gefordert. Die Initiatoren einer Kooperative oder eine Ökosystems müssen Anreiz- und Steuerungssysteme schaffen, die langfristig stabil funktionieren. Nach Start einer Kooperative müssen Mitglieder den Willen haben, aktiv am Ausbau dieser teilzunehmen. Solche Kooperativen Systeme entstehen nicht von heute auf morgen. Basierend auf einem gemeinsamen Ziel ist die Definition, der Aufbau und die rechtliche Verankerung einer kooperativen Organisation ein Weg, den es sich zu gehen lohnt. 

Thomas Müller ist CEO und Mitbegründer des evan.network, einem Blockchain-basierten Unternehmensnetzwerk. Thomas ist Experte in dezentralen Technologien, verteilter Governance und der Entwicklung Ökosystem-basierter Geschäftsmodelle. Als Sprecher, Autor und Experte trägt er dazu bei, eine Wirtschaft nach den Prinzipien der digitalen Souveränität zu etablieren, in der Unternehmen, effizient, nachhaltig und sicher mit ihren Partnern kooperieren.

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