Markenkooperationen und warum Kooperationen zwischen Marken Win-Win bedeuten

Markenkooperationen als Weg zum Erfolg dank starker Marken Allianzen

Dieser Artikel zeigt, wie Marken durch Kooperationen neue Zielgruppen gewinnen, Aufmerksamkeit erzeugen und Kosten- sowie Preisgestaltung optimieren können.

Allianzen zu schmieden ist nicht neu. Als die Menschheit die Arbeitsteilung entdeckte, besann man sich in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit auf die eigenen Stärken. Und wenn ein anderer etwas besser konnte, dann war es doch sinnvoll zu kooperieren: Ich mache Dir den bequemen Lederschuh und Du baust mir dafür das Schränkchen. So funktioniert Wirtschaft. Ein Grundprinzip. Durch das Geld als Zahlungsmittel ist uns das Gefühl für das Kooperieren allerdings ein wenig abhandengekommen.

In den aktuellen Zeiten, in denen wir zusammen für eine bessere Welt kämpfen und gemeinsam an den besten Lösungen arbeiten müssen, sollten Marken auch umdenken und mit anderen Marktteilnehmern kooperieren: Für tolle Produkte, die unser Leben besser machen. Aber auch für die Stärkung ihrer eigenen Position am Markt. Dieser Artikel zeigt, wie Marken durch Kooperationen neue Zielgruppen gewinnen, Aufmerksamkeit erzeugen und Kosten- sowie Preisgestaltung optimieren können.

1. Definition von Markenkooperationen

Warum sollten sich Marken zusammentun? Das ist doch ein Widerspruch in unserer wettbewerbsorientierten Marktwirtschaft! Marken sind doch gerade dazu da, sich von anderen Produkten und Unternehmen zu unterscheiden. Um einzigartig zu sein, um einen besonderen Verbrauchernutzen zu bieten. Da sind doch alle anderen Unternehmen Konkurrenten, die ausgeschaltet werden müssen! Oder nicht?

Nun, Kooperationen gab es schon immer im Wirtschaftskreislauf. Die Zusammenarbeit zwischen einem Lieferanten (z. B. einem Automobilzulieferer) und einem Produzenten (z. B. einer Automobilmarke) oder zwischen einem Produzenten und einem Handelspartner ist im Rahmen der Arbeitsteilung sinnvoll. Eine solche Beziehung ist absolut effizient. Das stellt heute keiner mehr in Frage. In unserer digitalen Welt hat der Plattform-Ansatz diesem Wirtschaftsprinzip weiteren Auftrieb praktisch für jedermann gegeben: Mydays.de beispielsweise vermittelt Erlebnisse verschiedener Anbieter. Otto.de ist Marktplatz geworden für viele Marken, die nicht auf eine eigene Distributionsinfrastruktur setzen wollen. Und nicht nur als privater Verkäufer wissen wir Ebay zu schätzen.

Wenn aber Marken auf gleicher Wirtschaftsstufe Allianzen bilden – also Handel mit Handel, oder Hersteller mit Hersteller und Zulieferer mit Zulieferer – dann überrascht uns das. Und wenn dann die beiden Partner noch in derselben Branche aktiv sind, dann werden in unserer traditionellen Auffassung wirtschaftliche Paradigmen gebrochen. Weil doch vermeintliche Konkurrenten jetzt Freunde werden …

Grundsätzlich können wir bei Markenkooperationen zwischen zwei Spielarten unterscheiden: Co-Branding und Co-Marketing.

Wenn zwei Marken Co-Marketing betreiben, dann entscheiden sie sich für eine gemeinsame Vermarktung ihrer Marken, wobei die jeweilige Marke bzw. das jeweilige Produkt eigenständig bleibt. Am häufigsten ist eine solche Kooperation bei Marken in unterschiedlichen Branchen oder auf unterschiedlichen Wirtschaftsstufen anzutreffen. Co-Sponsoring ist die einfachste Form des Co-Marketings. Affiliate Marketing und Vertriebspartnerschaften sind weitere Beispiele von Co-Marketing. Aber auch Lizenzvereinbarungen bezüglich einer gemeinsamen Vermarktung sind übliche Ausprägungen. Ein glorreiches Beispiel ist da wohl der Barbie-Film und seine massive Vermarktung: Der Sommer war rosa. Zahlreiche Lizenzvereinbarungen zwischen Mattel und mehr als 100 Marken haben entscheidend zu einem unglaublichen Kino-Event und zur massiven Absatzsteigerung der Barbie-Puppen von 20 % beigetragen. Die Utopie in Rosa und die Puppe war plötzlich in allen Verbraucherköpfen präsent.

Beim Co-Branding geht die Partnerschaft bezüglich der Verbraucherwahrnehmung noch einen Schritt weiter. Die beiden kooperierenden Marken haben beispielsweise ein gemeinsames Produkt entwickelt und vermarkten es auch unter der Markenpartnerschaft gleichberechtigt. Oder ein Produkt einer Marke ist ein entscheidender Bestandteil des anderen Markenproduktes und hierdurch wird die Qualität- und/oder die Leistungsfähigkeit dieser Ware gestärkt.

Zur Verdeutlichung von Kooperationsmöglichkeiten blicken wir einmal auf die folgenden Beispiele von Co-Marketing und Co-Branding in Abhängigkeit von der Wirtschaftsstufe:

Kooperation zwischen Zulieferer und Hersteller

Die klassische Geschäftsbeziehung zwischen Zulieferer und Lieferant ist die lockerste Form einer Kooperation. Eine solche Lieferantenbeziehung hat in dieser Form aber praktisch keine Markenwirkung. Wenn Zulieferer und Hersteller gemeinsam bei der Produktentwicklung der zugelieferten Ware kooperieren, welches in das Markenprodukt perfekt eingebaut werden kann, dann sprechen wir von Co-Marketing. Später in der Vermarktung kann man die einzelnen Komponenten als besondere Features bewerben. Die Integration von Apple CarPlay in verschiedene Auto-Modelle kann als eine solche Marketingpartnerschaft bezeichnet werden.Wenn aber der Zulieferer entscheidend im Branding der Hersteller-Marke auftritt, dann spricht man von Co-Branding. Meistens handelt es sich dann um Ingredient Branding. Eines der bekanntesten Beispiele ist sicherlich die Intel Inside Kampagne. Und gleichzeitig ist sie auch ein ganz besonderes Beispiel. Denn Intel hat sich den Erfolg zunächst allein erarbeitet. Selbstverständlich durch ein gutes Produkt. Aber vor allem durch die Vermarktung der Mikroprozessoren. Vor 1991, dem Beginn der Kampagne, kannte der normale Computernutzer nicht die Marke Intel. Die CPU ist aber der zentrale Gradmesser für die Leistungsfähigkeit eines Computers. Intel nutzte das als Chance. Schnell wurde das Intel Inside Logo zum Qualitätssiegel für herausragende Computer-Performance und Intel zum wichtigsten Werbepartnern zahlreicher PC-Hersteller.Gore-Tex ist ein weiteres bekanntes Beispiel. Die atmungsaktive Membran ist Bestandteil zahlreicher funktionaler Markenprodukte in der Fashion-Branche. Inzwischen ist W. L. Gore auch erfolgreicher Hersteller eigener Markenprodukte.Wenn die Partnerschaft zwischen veredelnder Ingredient Brand und dem Hersteller immer exklusiver wird, dann entwickelt sich daraus ein Composite Branding. Beispiel ist der Zulieferer Alpina, welcher als Automobil-Veredler gilt und zunehmend exklusiv für BMW arbeitet. Inzwischen gibt es eigene Alpina BMW Modelle mit eigener Markenrepräsentanz. BMW wird in 2025 Alpina als Marke vollständig in den BMW Konzern integrieren.

Kooperation zwischen Hersteller und Handel

Die klassische Handelsbeziehung ist noch kein Co-Marketing. Aber jeder Hersteller will, dass seine Produkte gut im Regal platziert werden und vom Händler beworben werden. Gelegentlich machen Hersteller auch Handelspromotions am PoS. Hierzu ist ein Co-Marketing notwendig. Werbekostenzuschüsse von Herstellern an den Handel sind gang und gäbe. Zum wichtigen Weihnachtsgeschäft hat der europäische Toys’R’Us Nachfolger Smyth eine Werbe-Kooperation mit Lego Duplo in Bewegtbild und Anzeigen. Wenn bestimmte Herstellermarken, wie z. B. Alnatura, exklusiv in Edeka und DM vertrieben werden, dann haben wir hier schon den Übergang zum Co-Branding. Die Produkte von Alnatura im Regal sind somit signifikant mit den Retail Brands Edeka und DM verbunden, ohne Handelsmarken zu sein. Amazon hat mit Philips Hue, dem Smart-Home-Lampensystem eine langfristige Vertriebs- und Werbepartnerschaft ausgebaut. Echo-Geräte werden mit einer Philips Hue Lampe im Bundle verkauft und die Smart Home Anwendungen der Echo-Geräte werden von Amazon gern mit dem Philips Lichtsystem beworben. Beide Komponenten kommen nicht ohne einander aus. Diese Partnerschaft ist also absolut relevant. Sie hat dazu beigetragen, dass der Nutzen der Amazon Smart-Speaker als Smart-Home-Assistenten anschaulich demonstriert werden konnte. Und sie hat dazu beigetragen, dass das Philips Hue System über den Handelspartner Amazon wesentlich bekannt gemacht wurde.

Kooperation zwischen Protagonisten auf gleicher Wirtschaftsstufe

Wir kommen jetzt in einen Bereich kreativer Partnerschaften auf Augenhöhe. Denn zunächst mal sind Kooperationen zwischen vermeintlichen Konkurrenten nicht unbedingt naheliegend. Aber gerade deswegen können sie eine besondere Wirksamkeit entfalten.Zwischen zahlreichen Automobilmarken gibt es Forschungspartnerschaften. BMW und Toyota entwickelten beispielsweise eine gemeinsame Plattform für den Z4 und Supra, Daimler und Renault eine Plattform für den Smart und den Twingo. Markenwirkung haben diese Produktkooperationen nur indirekt. Sie helfen aber den Partnern, mit effizienten Mitteln im Idealfall eine Qualitätsführerschaft zu erreichen. Es kommen eben zwei Entwicklungskompetenzen erfolgreicher Marken zusammen.Die App FreeNow bündelt mittlerweile nicht nur das eigene Taxi-Angebot, sondern auch verschiedene Carsharing-und E-Scooter-Anbieter. Auch der Ticketverkauf für den öffentlichen Nahverkehr ist integriert. Vermeintlich werden hier Mobilitätskonkurrenten in einer App zusammengefasst. Das mag so sein. Aber für unterschiedliche Strecken gibt es unterschiedliche Bedürfnisse. Diese Vertriebspartnerschaft schafft Bewusstsein für die Diversität der Mobilitätsangebote. Das jeweils andere Angebot liegt nur einen Fingertip entfernt. FreeNow wird so zur Bündel-App für urbane Mobilität. Dieses Co-Marketing trägt mithin zur Glaubwürdigkeit des eigenen Taxidienstes bei.Das Co-Marketing zwischen GoPro und Red Bull ist subtiler – und trotzdem eine der emotionalsten Markenpartnerschaften, welche es geben kann. Inhalte von Red Bull Sportevents werden aus der subjektiven Perspektive der Athleten mit der GoPro gefilmt und dadurch erst zum globalen Event. RedBull Stratos wäre ohne die GoPro nicht zum globalen Ereignis geworden. Keiner hätte es gesehen. Und für GoPro ein Glücksfall. Zeigten die Bilder doch, mit welcher Qualität GoPro Events zum subjektiven Erlebnis werden lässt. Diese Partnerschaft ist genial. Sie hat beide Marken emotional aufgeladen. Das Co-Branding von BMW und James Bond diente BMW dazu den Z3 1995 in „GoldenEye“ einzuführen. Werbemaßnahmen für den Z3 standen ganz im Zeichen des Bond-Films. Die Partnerschaft zwischen DHL und dem “No Time To Die” James Bond wurde unfreiwillig verlängert. Weil der Filmstart mehrmals während der Corona-Pandemie verschoben wurde, prangte das James Bond Logo viele Monate auf den gelben Paket-Zustell-Fahrzeugen. Mit den Cityflitzern bekam der Film massive mobile Out-Of-Home-Awareness.Wenn Produkte zwischen zwei Marken gemeinsam entwickelt werden, dann wird diese Co-Innovation zum engen Co-Branding. H&M hat es langjährig schon vorgemacht. Zuletzt mit der Capsule Collection in Partnerschaft mit Rabanne. Die gemeinsame Kollektion zwischen Gucci und Adidas hat das Image von Gucci sportiver gemacht und Adidas noch mehr Fashion-Kult verleiht. Des Weiteren wird diese Allianz zu einer weiteren Verjüngung von Gucci führen, der Marke Street Credibility zubilligen und damit die Luxusmarke für die nachwachsende Generation begehrlicher machen – ohne aber “billig” zu sein.

Als Zusammenfassung und Übersicht der wichtigsten Kooperationsmöglichkeiten siehe das folgende Schaubild.

Arten von Kooperationen in Abhängigkeit von Wirtschaftsstufe und Intensität
Abb.: Arten von Kooperationen in Abhängigkeit von Wirtschaftsstufe und Intensität | Quelle: Kai Bösterling

2. Ziele von Markenkooperationen

Das übergeordnete Ziel von Markenkooperationen sollte selbstredend sein, die kooperierenden Marken zu stärken und damit letztendlich Umsätze zu erhöhen. Die Basis hierfür sind Marketing- und Innovationssynergien.

Im Schnitt wächst die Zahl der Käufer um 5,2 %, wenn die Kooperation positiv bewertet wird (Grundlagenstudie Markenkooperationen, Splendid Research, 2017). Diese vier Faktoren steigern nach der Studie wesentlich die Kaufwahrscheinlichkeit:

  • Gefallen (11%)
  • Nutzen (8%)
  • Innovativität (9%)
  • Markenpassung (10%)

Ob eine Kooperation zwischen Marken gefällt, ist sicherlich eine sehr subjektive Einschätzung. Aber nichtsdestotrotz ist gerade dieser Faktor wichtig, wenn es darum geht, einen positiven Imagetransfer zwischen den Markenpartnern zu erreichen oder mit einem gemeinsamen Produkt z. B. die Zielgruppe zu erweitern bzw. zu verjüngen.

Die wichtigsten Ziele für Markenkooperationen können so zusammengefasst werden:

A. Imageverbesserung

Die Kooperation von Marken hat das Potential, einen Transfer von positiven Image-Facetten der einen auf die andere Marke zu ermöglichen. Wenn sich die Kooperationspartner gegenseitig befruchten, haben wir eine perfekte Win-Win-Situation. So ist eine Verjüngung des Images bei gleichzeitiger Premiumisierung (Stärkung der Qualitätswahrnehmung) ein häufiges Ziel.

Crocs oder Birkenstock sind mittlerweile zu Fashion-Marken aufgestiegen:

  • Der ehemalige “Gesundheitslatschen”-Hersteller Birkenstock hat durch zahlreiche Kooperationen mit Fashion-Marken (u. a. Dior und Jil Sander) und mit Celebrities Kultstatus erlangt. Gleichzeitig ist der frühere “Oma”-Schuh zur Marke für die GenZ geworden.
  • Ebenso Crocs: Ein innovativer, funktionaler Schuh aus Kunststoffschaum für Wassersportler ist jetzt bei Fashionistas hoch angesagt. Gerade ist die Lil Nas x Crocs Edition erhältlich. Die Kollektion sieht längst nicht mehr aus wie der Ursprungs-Gummi-Schuh, sondern zeigt sich in kuscheliger Lammfelloptik. Und der amerikanische Rapper Lil Nas zeigt sich kuschelig lasziv in den Werbemitteln.

B. Mengen- und Preisoptimierung

Mit der Premiumisierung durch die Kooperation geht häufig eine Preiserhöhung einher. Die gemeinsam produzierte Ware ermöglicht Kosteneffizienz und Mengeneffekte, wenn die gemeinsame Edition mit geballter Werbepower angepriesen wird.

C. Awareness und Media-Sharing

Wenn sich zwei Marken (oder mehr) zusammentun, entsteht das Potential für doppelte Aufmerksamkeit und/oder für mehr Effizienz in der Mediaplanung. Denn wenn zwei Marken in einer „Werbe-Gemeinschaft“ auf einem Werbemittel genauso viel Aufmerksamkeit erzeugen können, wie mit jeweils getrennten Werbemitteln, dann ist das Mediabudget-Sharing doch eine effiziente Vorgehensweise.

D. Know-How-Transfer

Eine Produktkooperation ist häufig eine technische Kooperation im Rahmen vorgelagerten Forschung oder auch als Zusammenspiel von unterschiedlicher Produktionskompetenzen. Häufig sind die Produktkooperationen als befristete Line Extensions, als sogenannte Capsule Collections, vorgesehen. Das mindert das Risiko, falls die Kooperation in der Verbraucherwahrnehmung nicht so gut ankommt. Des Weiteren erhöht die kurzfristige Erhältlichkeit der Kollektion die Begehrlichkeit. Wenn die Produktkooperation den beteiligten Marken sowohl einen relevanten Design- als auch Technologieschub gibt, haben die Marken alles richtig gemacht.

E. Zielgruppenerweiterung

Die Erweiterung der Käuferschaft ist ein sehr präsentes Ziel einer Markenkooperation. Die oben erwähnte Verjüngung der Zielgruppe von Gucci, Birkenstock oder Crocs ist sicherlich der größte Verdienst der Kooperationen dieser Marken. Gleichzeitig kann durch eine Kooperation mit einer traditionsreiche Marke eine noch junge Marke Bekanntheit, Relevanz und damit Etablierung erfahren. Die traditionsreiche Marke bekommt vielleicht im Gegenzug eine Verjüngungskur. Des Weiteren kann eine Kooperation einem Produkt einen technologischen, digitalen oder auch einen Nachhaltigkeitsvorsprung geben. Die Kollaboration zwischen der nachhaltigen Schuhmarke allbirds und dem Sportartikler adidas hat adidas einen grünen Anstrich gegeben, allbirds aber die Möglichkeit, durch das technologische Know How von adidas einen ultraleichten Laufschuh zu entwickeln. Die Zusammenarbeit von alteingesessenen Versicherungs- oder Finanzunternehmen mit FinTech-Startups bringt den Traditionsmarken eine frische Sichtweise von User Experience und digitales Know How. Dem Start Up hingegen wird möglicherweise der Markteintritt erleichtert.

3. Wann Marken nicht Allianzen schmieden sollten: Risiken von Markenkooperationen

Probleme und Risiken von Markenallianzen entstehen dann, wenn beide Marken zu weit voneinander entfernt sind oder sich fast gar nicht ergänzen:

A. Marken sind nicht gleichberechtigt

Sobald Kooperationen im Ungleichgewicht sind, also eine Marke weniger als die andere von einer Zusammenarbeit profitiert, wird es schwierig. Wenn sich beide Verhandlungspartner übervorteilen wollen und nicht an einem Strang ziehen, ist das Zusammenspiel zum Scheitern verurteilt. So sollten Rechte und Pflichten zwischen den Partnern gerecht aufgeteilt werden. Das bedeutet auch, dass Gewinne und Verluste im Rahmen des Einsatzes auch geteilt werden.

B. Verlust der Technologieführerschaft

Es besteht die Gefahr, dass die eine Marke der anderen Marke innerhalb der Zusammenarbeit Know How “klaut”. Die Geheimhaltung interner Informationen und die Rechte an Innovationen sollten daher klar im Vorfeld der Zusammenarbeit vertraglich definiert werden.

C. Überdehnung der Marke

Für eine Zusammenarbeit mit anderen Marken ist es absolut notwendig, die eigene Marke zu kennen. Diese Fragen sollte man sich stellen: Passen die Zielgruppen zusammen? Gibt es Bedürfnisse unserer Käufer, welche mit der Produktkooperation relevant adressiert werden können? Können wir das Image unserer Marke durch die Kollaboration um eine intendierte Facette zielgenau erweitern? Oder verstehen die Menschen nicht, wie das neue Produkt unserer Markenkooperation in die bestehende Markenwelt passt?

Crocs droht gerade den Bogen zu überspannen: Crocs hat eine Design-Kooperation mit McDonald’s auf den Markt gebracht. McDonald’s ist zwar eine starke Marke, aber wie passt das mit Crocs zusammen? Klar, die Kunststoff-Treter von Crocs sind genauso bunt, wie die Markenwelt von McDonald’s, aber wird es jetzt nicht etwas wahllos. Warum sollten Werbemotive und Comicfiguren aus dem McDonald’s Linzengeschäft die Schuhe ver(un)zieren. Die Kollektion ist wohlgemerkt nicht für Kinder gedacht, sondern für Erwachsene. Die Verjüngung und Premiumisierung der Marke Crocs ist bisher gut gelungen. Aber jetzt setzt sich Crocs der Lächerlichkeit aus. Zumindest wirkt die Kooperation nicht förderlich für ein It-Piece der Fashion-Welt.

Die Marke Supreme war Vorreiter von Fashion-Kooperationen. Die ehemalige Indie-Skatermarke ist allerdings über das Ziel hinausgeschossen. Durch zahlreiche Kooperationen mit etablierten Fashionmarken hat Supreme Glaubwürdigkeit in der Skater-Community verloren. Die Marke wird heute durch die Holding VF gemanagt. Der die Marke prägende Kultcharakter ist verloren gegangen. Der Verlauf der Aktienkurse spiegeln den Wertverlust.

D. Kontrollverlust

Zusammenarbeit heißt immer auch Vertrauen. Plötzlich ist man nicht mehr allein verantwortlich für die Führung seiner Marke, sondern teilt sich die Verantwortung. Und verliert die alleinige Kontrolle. Das birgt Gefahren. Denn wenn die eine Marke ein Problem hat, dann wirkt sich das auch negativ auf die andere Marke aus. Wenn ein Kooperationspartner in der Öffentlichkeit schon ein bröckelndes Positivimage hat, ist das Risiko für kommende Negativwahrnehmung nur schwer kontrollierbar.

2011 haben Lego und Shell ihre Partnerschaft ausgebaut. Lego packt das Shell Logo auf Spielzeug-Rennwagen, auf die Tankstellen und Tankwagen. Im Gegenzug vermarktet der multinationale Ölgigant über seine Tankstellen auch diese Lego Produkte. Für Lego war das ein Zugang zu einem neuen globalen Vertriebsnetzwerk.

Eine Kampagne von Greenpeace im Jahre 2014 führte schließlich zur Beendigung dieser Zusammenarbeit. Der Ölmulti stand mit der Förderung von fossilen Energieträgern nicht gerade für die Zukunft einer Welt, in der eine unbeschwerte Kindheit möglich ist. Lego war das Risiko zu groß, dass das Negativimage des dreckigen Öls an der Marke kleben könnte.

4. Markenkooperationen als neues Paradigma und strategische Erfolgsfaktoren

Unser ökonomisches Prinzip beruht auf wirtschaftlicher Zusammenarbeit durch Arbeitsteilung: also dem Wissen, dass es andere gibt, die das, was man nicht so gut kann, besser können. Arbeitsteilung bedeutet Austausch von Kompetenzen, also Spezialisierung. Lange wurde dieses Prinzip nur als Lieferantenbeziehung verstanden.

Doch in jüngster Zeit besinnen sich Unternehmen immer mehr auf Kooperationen auf Augenhöhe. In einer multioptionalen Omni-Kanal-Welt fingen die Unternehmen vor mehr als einem Jahrzehnt an, mit Tabubrüchen in der Zusammenarbeit in unterschiedlichen Branchen Aufmerksamkeit und Reichweite zu erzeugen. Die ungewöhnlichen Kooperationen haben das Zeug dazu, spannenden Content zu verbreiten. Heute wundert man sich kaum noch, wenn True Fruits und Em-Eukal einen Menthol-Shot kreieren oder Tiffany & Co. mit Nike zusammen einen Schuh in der ikonischen grünen Schachtel designt. Und dennoch erneuern solche Kooperationen die Marken immer wieder und halten sie spannend.

Es wird nun ein neues Zeitalter von Kooperationen beginnen. Unsere Welt ist wirtschaftlich, politisch und ökologisch aus den Fugen geraten. Wir haben erkannt, dass wir nur zusammen an einem Strang ziehen, um die Welt nachhaltig zu verändern. Kunden erwarten daher von Marken, dass sie gemeinsam daran arbeiten, nicht nur ihr Leben besser zu machen, sondern auch die Begleitumstände wie den Klimawandel, die Energiewende und den Wirtschaftskreislauf. Menschen erwarten von Marken Haltung zu den aktuellen Problemen. Damit treten zukünftig produktionsorientierte Imagefacetten stärker in den Vordergrund. Der eigentliche Produktknutzen wird in Relation zu den ökologischen Produktkosten gesehen. Um das zu erreichen, sehen Konsumenten Marken in der Verpflichtung, sich mit ihrem Know How zusammentun. Traditionelle Marken profitieren davon, wenn sie mit nachhaltigen Marken zusammenarbeiten – im Mindset und durch bessere Produkte.

Ein zweiter Faktor für ein neues Zeitalter der Kooperation ist die Digitalisierung. Traditionelle Marken brauchen (digitale) Mehrwerte, um weiterhin relevant zu sein. Daher schaffen einige analoge Marken in der Zusammenarbeit mit digitalen Marken Innovationssynergien. Montblanc digitalisiert das Schreiben mit dem Augmented Paper oder stellt hochwertige Headphones im Maison Kitsuné-Design und in Zusammenarbeit mit dem High-End-Hersteller Audeze her. So wird man als analoger Füllfederhalter-Hersteller digital und relevant für die nachwachsende Zielgruppe Generation Z.

Banken und Versicherungen kooperieren mit FinTecs. Dies ist der notwendige Versuch, Leistungen zu digitalisieren, das Vertragswesen online zu gestalten und unbürokratisch erreichbar zu sein.

Kooperationen sind damit das Paradigma eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses von Unternehmen, von Produkten – und ja, von der Welt in der wir leben.

Kai Bösterling ist seit 20 Jahren Berater in verschiedenen Werbe- und Kommunikationsagenturen. In den letzten Jahren verantwortete er in der Geschäftsleitung von Digitalagenturen die Markenberatung. In Agenturen wie Zum goldenen Hirschen und GREY klassisch ausgebildet, ist er heute überzeugt, dass Marke, Idee und Kundenerlebnis Leitfunktionen in Unternehmen übernehmen müssen – als geistige Haltung, als service-orientiertes Handeln für den Kunden und als Brücke zwischen digital und analog.

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