Zukunftssichere Lieferketten durch Vernetzung und widerstandsfähige Lieferantenökosysteme

Lieferketten für die Zukunft vorbereiten und sich durch Digitalisierung flexibler aufstellen

Im Rückblick auf die Covid-Reaktionen, wird die Industrie eine Fülle an Empfehlungen und Lehren geben können, wie sich künftige Misserfolge bei Krisen von diesem Ausmaß vermeiden lassen. Aber werden Unternehmen auch die eigentliche Ursache des Problems angehen: dass die Lieferketten selbst nicht mehr zweckmäßig sind?

In den letzten Jahrzehnten schufen Hersteller Lieferkettennetzwerke auf der Grundlage von „Just-in-Time“, die sich als sehr effektiv erwiesen. Sie optimierten die Kosteneffizienz und trugen dazu bei, die Preise für die Verbraucher niedrig zu halten. Covid zeigt, wie anfällig diese Modelle für sich schnell ändernde, weltweite Krisen sind. Die Lieferantenbeziehungen mögen als stabil und zuverlässig gelten. Bricht jedoch ein einziges Glied in dieser fein aufeinander abgestimmten Lieferkette, löst das einen Dominoeffekt aus, der alle Aktivitäten lähmt.

Wie fast jede Branche erlebt auch das verarbeitende Gewerbe einen digitalen Wandel. Eine Lehre aus der Pandemie ist: Jede digitale Initiative, die die Lieferkette so belässt, wie sie aktuell aufgebaut ist, wird auf lange Sicht nicht das gewünschte Ergebnis erzielen. Es braucht stattdessen ein Umdenken, eine Neustrukturierung der Lieferkettennetzwerke – und das mithilfe von effizienten digitalen Plattformen.

Aufschwung durch Engpässe weiter bedroht

Ein Blick auf frühere Voraussagen zeigt: Optimistische Ökonomen glaubten an einen V-förmigen Aufschwung. Diejenigen, die eine eher düstere Sichtweise vertraten, gingen davon aus, dass die fortgeschrittenen Volkswirtschaften einen L-förmigen Aufschwung haben würden. Das eigentliche „V“ der Erholung ist jedoch die Volatilität. Der anfängliche Nachfrage-Boom an Industriegütern nach dem Lockdown stieß schnell auf Produktionsprobleme. Diese reichten von den Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Rohstoffen und Komponenten wie Computerchips über Logistikprobleme wie den Mangel an LKW-Fahrern und Schiffscontainern bis hin zu Zahlungsverzögerungen. Probleme, die die Lieferkette erheblich beeinträchtigten.

Die meisten dieser Faktoren liegen außerhalb der Kontrolle der Hersteller – zumindest im Rahmen ihrer bestehenden Lieferketten. Was ist also zu tun, um ein globales Lieferantennetzwerk zu schaffen, das zuverlässiger, effizienter und frei von Engpässen ist? Hier kommen digitale Tools ins Spiel, die, wenn richtig genutzt, die Zusammenarbeit zwischen Einkäufern und Lieferanten erleichtern. Sie sind zudem die Grundlage für neue, flexiblere Beschaffungsmodelle.

Verbindungen, die halten

Die Digitalisierung spielt vor allem auch eine Rolle, wenn es darum geht, stärkere und wertvollere Beziehungen aufbauen – nicht nur zu bestehenden Lieferanten und Abnehmern, sondern zu einem breiten und ständig wachsenden Netzwerk auf der ganzen Welt. Hersteller, die Produktionshemmnisse vermeiden wollen, wissen: Die Just-in-time-Lieferketten funktionierten in guten Zeiten reibungslos. Da dies lange Zeit der Fall war, gab es weder für Hersteller noch Lieferanten einen Grund, ihre Beziehungen infrage zu stellen. Durch Covid jedoch wird deutlich, wie wichtig es ist, neue und bestehende Beziehungen weiter auszubauen und um eine effektive Kommunikation in Echtzeit zu erweitern.

Um eine Wiederholung der letzten beiden Jahre zu vermeiden, braucht es engere, auf digitalen Tools basierende Geschäftsbeziehungen zwischen Herstellern und Lieferanten. Diese ermöglichen, dass beide Parteien auf Echtzeitdaten hinsichtlich Materialien, Versand und Bezahlung zugreifen können. Abgebildet werden dann nicht mehr nur die Lieferanten der ersten Ebene, sondern alle Lieferanten bis zum Ursprung der Rohstoffe.

Die verbesserte Transparenz hilft nicht nur, potenzielle Probleme zu erkennen, bevor sie die Lieferkette zum Stillstand bringen. Sie ist auch von unschätzbarem Wert, wenn es darum geht, Kunden rechtzeitig und transparent über potenzielle Verzögerungen zu informieren. Des Weiteren haben Unternehmen Einsicht über die Herkunft der Rohstoffe und Materialien sowie jeder Komponente in ihrer Lieferkette. Sie können damit ihre CSR-Richtlinien umfassend einhalten und die Anforderungen des neuen Lieferkettengesetzes erfüllen.

Bei Verwendung digitaler Plattformen sind alle Aufträge und der aktuelle Stand von allen Beteiligten in Echtzeit einsehbar. Das stärkt das Vertrauen und gegenseitige Verständnis füreinander. Es entsteht eine Lieferkette, die stärker auf Zusammenarbeit ausgerichtet ist.

Heute schon die Liefernetzwerke von morgen aufbauen

Aus den letzten zwei Jahren lassen sich zwei zentrale Lehren ziehen:

  • Die Fertigungsindustrie braucht ein Umdenken, weg von „Lieferketten“ und hin zum Aufbau eines agilen Lieferantennetzes.
  • Ein starkes, kooperatives und widerstandsfähiges Lieferantenökosystem erfordert eine digitale Grundlage.

Dies lässt sich nicht über Nacht erreichen. Die Hersteller müssen diese Ziele nicht allein erreichen. Sie können eine Reihe digitaler Tools und Plattformen nutzen, die sie dabei unterstützen, enger mit ihren Lieferanten zusammenzuarbeiten. Im Folgenden sind die Funktionen aufgeführt, auf die Unternehmen achten sollten, wenn sie digitale Tools oder Plattformen für die Umgestaltung ihrer Lieferkette bewerten:

1) Vernetzungs- und Kommunikationsfunktionen

Effektive digitalen Plattformen und Tools helfen, mit anderen Lieferanten und Einkäufern in Kontakt zu treten und die geschäftlichen Beziehungen beständig zu erweitern. Darüber hinaus konsolidiert eine starke digitale Plattform die Kommunikationskanäle und ermöglicht es Unternehmen, Informationen genauer zu speichern und zu referenzieren.

2) Automatisierungsmöglichkeiten

Die digitalen Tools und Plattformen, in die Hersteller investieren, sollten über Automatisierungsfunktionen verfügen, um ihnen die Erledigung repetitiver und zeitaufwendiger Aufgaben abzunehmen. Sie sollten ganzheitlich an die individuellen Unternehmensbedürfnisse anpassbar sein und Einstufungen der Automatisierung ermöglichen – von leichter Automatisierung über mittlere bis hin zur vollständigen Automatisierung ganzer Prozesse und Abläufe. Zu prüfen ist auch, ob die neu eingesetzten Tools für die gewünschten Prozesse vollumfänglich geeignet sind und sie dem Unternehmen einen berechenbaren Mehrwert bringen und Mitarbeiter erfolgreich entlasten.

3) Frühzeitige Zahlungspläne

Eine der größten Herausforderungen für Unternehmen ist die Sicherstellung der rechtzeitigen Bezahlung ihrer Waren und Dienstleistungen. Hersteller sollten daher nach einer digitalen Plattform suchen, die nicht nur Strategien zur frühzeitigen Bezahlung unterstützt, sondern auch Einkäufer für eine schnellere Bezahlung belohnt.

Fazit zu krisensicheren Lieferketten

Wie jede Krise ist auch Covid eine Gelegenheit zum Lernen. Um die Faktoren, die dazu beitragen, die Lieferketten zu blockieren und eine wirtschaftliche Erholung verzögern, zu minimieren, braucht es ein Umdenken. Die Digitalisierung der Geschäftsbeziehungen ist der Anfang, um die Lieferkette fit für die Zukunft zu machen: weg von der Anfälligkeit von Just-in-Time Prozessen, hin zu neuen Netzwerken, die auf Automatisierung, Agilität und End-to-End-Transparenz basieren und mit der nächsten weltweiten Krise fertig werden.

Autor: Jonathan Laverentz, Head of Digital Innovation, Tradeshift

Tradeshift ist im Bereich E-Invoicing und Automatisierung der Kreditorenbuchhaltung sowie im Bereich B2B-Marktplätze und Zugang zu Lieferantenfinanzierung tätig. Seine Cloud-basierte Plattform unterstützt Einkäufer und Lieferanten, den Einkauf und die Rechnungsbearbeitung zu digitalisieren sowie die Arbeitsabläufe in Beschaffung und der Kreditorenbuchhaltung zu automatisieren und schnell zu skalieren. Das Tradeshift-Netzwerk umfasst eine schnell wachsende Gemeinschaft von Einkäufern und Lieferanten, die in mehr als 190 Ländern tätig sind. Weitere Informationen: Tradeshift.com/de

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