CSR in der Lieferkette – Rückverfolgbarkeit der Kleidung@kik

Wie man durch Blockchain die Rückverfolgbarkeit der Kleidung gewährleisten kann

Die Kleidungskette kik nutzt in einem Pilotprojekte eine Blockchain um die Rückverfolgbarkeit der Kleidung sicherzustellen. Wie sieht das in der Praxis aus?

Die Kernaufgabe des CSR (Corporate Social Responsibility) besteht aus einem nachhaltigen Wirtschaften im Liefernetzwerk. Dabei sind vorrangig Umwelt- und Sozialstandards in Fokus. Doch vor allem in Schwellenländern wird auf verschiedenen Gründen gegen Vorgaben und Richtlinien des CSR verstoßen. Davon ist auch die Textilindustrie betroffen.

In der Vergangenheit wurden verschiedene CSR-Qualitätssiegel eingeführt, deren Einhaltung durch die jeweiligen Auftraggeber regelmäßig auditiert werden. Da aus beschaffungsstrategischen Gründen Lieferanten nicht veröffentlicht werden, sind Liefernetzwerke heute intransparent. Zur Prüfung der Einhaltung der CSR-Standards wird eine Vielzahl von Audits bei jedem einzelnen Lieferanten durchgeführt, für die jeder Brand selbst verantwortlich ist. Die Folgen sind hohe Auditkosten bei den Brands und eine starke Belastung der einzelnen Lieferanten.

 

Zielstellung

Gemeinsame Zielstellung der Textil-Brands (Marken) und der Regulierungsbehörden ist es, die Einhaltung der CSR-Standards über die gesamte Lieferkette bis hin zum einzelnen Produkt nachweisbar zu machen. Nebenziel dabei ist es, Aufwand und -Kosten der Auditierung zu reduzieren und die Möglichkeit zu schaffen, bereits durchgeführte Audits mit Partnern zu teilen.

 

Was kann die Blockchaintechnologie zur Rückverfolgbarkeit von Produkten beitragen?

Ein wesentlicher Lösungsbaustein zur Erreichung des Zieles ist die Möglichkeit, den Zertifizierungsstatus der beteiligten Lieferanten auftragsbezogen in der Lieferkette zu verfolgen. Aus Effizienzgründen kann das nur digital erfolgen. Dazu müssen

  • die Zertifikate den einzelnen Lieferanten durch unabhängige, vertrauensvolle Auditoren digital ausgestellt werden,
  • die Zertifikatsdaten manipulationssicher abgelegt werden und
  • die Zertifikatsketten gegenüber den Kunden zweifelsfrei verfügbar gemacht werden.
 
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Prinzip einer vertrauenswürdigen Zertifikatskette

Derartig zertifizierte Unternehmen können in einen digitalen Lieferauftrag Informationen inkl. ihrer Zertifikate ablegen. Die Information, um welches Unternehmen es sich dabei handelt, ist nur für den direkten Auftraggeber sichtbar. Weitere Teilnehmer der Lieferkette sehen im digitalen Lieferauftrag nur die Teilnahme eines zertifizierten Unternehmens. Der zweite Lösungsbaustein ist somit die Wahrung der Anonymität der Lieferanten ohne Schwächung der vertrauensvollen Rückverfolgbarkeit der Zertifikate.

 

Pilotprojekt beim Brand kik

Im letzten Jahr wurde durch kik ein Pilotprojekt initiiert und durchgeführt, bei dem die Blockchaintechnologie genutzt wurde. Geschaffen wurde eine Lösung, in der

  • unabhängige Zertifizierer einem Unternehmen nach einer durchgeführten Auditierung ein digitales Zertifikat ausstellen können
  • die Zertifikate durch das Unternehmen genutzt werden können, um die Partizipation an einem Auftrag als zertifiziertes Unternehmen zu bestätigen, ohne Identitätsdaten über das Zertifikat hinaus preisgeben zu müssen

Aufgrund des Vertrauens in den unabhängigen Zertifizierer kann dem Zertifikat an sich vertraut werden. Dabei sichert die Blockchaintechnologie digital ausgestellte Zertifikate gegenüber Manipulationen und Verification Services ermöglichen eine durchgängige Verifikation der Zertifikatsaussteller in einem mehrstufigen Netzwerk (Supply Chain) auf einfache und vertrauensvolle Art und Weise.

Im Pilot wurde eine konkrete Lieferkette zur Herstellung von T-Shirts abgebildet. Dabei wurden verschiedenen Lieferanten über den evan.network Verification Service digitale Zertifikate zugewiesen. Anhand eines konkreten Auftrags konnten diese Zertifikate zu einem chargenbezogenen digitalen Qualitätssiegel zusammengefasst und in anonymer Form direkt per QR-Code am T-Shirt abgerufen werden.

Auf dieser Basis wird ein vertrauensvoller Zertifikatsnachweis in der Lieferkette geschaffen, obwohl sich die Netzwerkpartner nicht kennen. Das Vertrauen entsteht auf Basis unabhängiger Auditoren (z.B. TÜV, BMZ) die entsprechenden CSR-Zertifikate der Siegelklarheitsliste bestätigen.

 

Weiterentwicklung im Textilbündnis

Brands der Textilwirtschaft nutzen in weiten Teilen gleiche Lieferantenstrukturen und unterliegen gleichen Regulatorien. Seitens kik wird eine gemeinsame Initiative verschiedener Textilbündnis-Mitglieder zum Aufbau eines unternehmensübergreifenden Zertifizierungs- und Verifizierungsservice für Textil-Liefernetzwerke angestrebt. Technologische Grundlage soll dabei eine marktfähige Blockchain sowie der der geschaffene Pilot bilden. Auf dieser Basis können verschiedene Vorteile generiert werden:

  • Regulatorische (gesetzliche) Voraussetzungen im Bereich CSR werden erfüllt
  • Audits können auf Basis von Information über abgelaufene oder nicht vorhandene Zertifikate strategisch umgesetzt werden
  • Kosten für Audits können beim auditierenden Unternehmen und beim Lieferanten gesenkt werden, da den Audits durch Marktbegleiter oder unabhängige Auditoren vertraut werden kann (höhere Effizienz und Effektivität)
  • Risiken im Bereich CSR können beim Lieferanten minimiert werden

Eine solche Lösung gilt im Textilumfeld als innovativ. Somit können sich teilnehmende Unternehmen als Innovatoren positiv bei den Endkunden positionieren. Dem Endkunden ist es nun erstmals möglich, Informationen zum Thema Nachhaltigkeit in der Lieferkette auf Basis einer Charge zu erhalten. Der Kunde sieht in welchen Ländern und unter welchen Qualitätskriterien ein Kleidungsstück gefertigt worden ist. Dabei benötigt der Kunde lediglich einen QR-Scanner auf seinem Smartphone oder Tablet.

kik stellte diesen Piloten bereits am 22. Mai 2019 in Bönen im Rahmen eines Workshops der Öffentlichkeit vor. Interessierte Vertreter von Brands, Zertifizierern, der Bundesregierung oder auch NGOs waren herzlich eingeladen. Der Leiter des Bereichs CSR von kik wird weiterhin sein Vorhaben zu den Blockchain Enterprise Days 2019 präsentieren und für ein gemeinsames Vorgehen möglichst aller Brands plädieren.

 

Fazit

Hier zeigt sich, dass die oft gestellte Frage. „Wofür kann ICH denn die Blockchain nutzen?“ mit einem klaren: „Du allein hast keinen Mehrwert!“ beantwortet werden kann. Der Mehrwert dieser Technologie entsteht erst durch die digitale, unternehmensübergreifende Zusammenarbeit. Doch diese digitalen Netzwerke brauchen Zeit zum entstehen und wachsen. Dies ist kein einaches Vorhaben! Dafür bedarf es starke Initiatoren, die innovativ voraus gehen und zukünftig den Gedanken einer wirklichen Industrie 4.0 – der Vernetzung – leben lassen wollen.

 

Anja Wilde sucht immer nach neuen Lösungen im digitalen Umfeld, um Prozesse smarter und effizienter zu gestalten. Sie ist Dozentin an der Akademie des BMÖ und unterstützt Unternehmen bei Digitalisierungsprojekten auf Basis der Blockchain Technologie im evan.network. Erfahrungen sammelte sie in der Vergangenheit auch in den Bereichen Lieferanten- und Risikomanagement, Data Mining und KI.

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