„Talk to me“ – Conversational Banking
Der Einsatz von Chatbots und Sprach-Assistenten im Banking
Wie der Einsatz von Chatbots und Sprach-Assistenten das Banking verändern wird. Gerade die Millenials Generation will Services anders erleben und wir zeigen wie.
Alexa, schalte den Fernseher ein! Ok Google, wie ist das Wetter heute?
Die digitalen Helfer der grossen Technologiefirmen sind dabei, unseren Alltag zu erobern. 20% der Google Suchanfragen werden heute bereits per Spracheingabe durchgeführt. Google ist zugleich führend beim Thema Künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence) und zeigt eindrücklich, wie ein Termin beim Friseur mittels Sprachsteuerung über den Google Assistant erledigt werden kann.
Die Generation „Millennials“ ist sich gewohnt, über WhatsApp oder Facebook Messenger zu chatten.
Bankkunden erwarten den gleichen Service und möchten über Chatbot oder Sprach-Assistenten interagieren. Dies wird als Conversational Banking bezeichnet und wird die Digitalisierung des Bankgeschäftes weiter vorantreiben.
Unterscheidung Chatbots vs. Sprach-Assistenten
Vorteile des Conversational Bankings
24/7 Verfügbarkeit
Die telefonische Erreichbarkeit des Kundendienstes ist bei vielen Banken begrenzt. Die Kontaktzeiten beschränken sich auf den Tag zwischen 08.00 h – 18.00 h; Support an den Wochenenden oder am Abend wird nur bei wenigen, grossen Finanzinstituten angeboten. Eine erhöhte Verfügbarkeit ist mit höherem Personaleinsatz und somit Kosten verbunden. Die reduzierte Erreichbarkeit bestätigt auch eine Studie vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ), welche die Entwicklung bereits seit Jahren analysiert. Chatbots oder Sprach-Assistenten können ohne zusätzliches Personal unterstützen und einfache Kundenanfragen rund um die Uhr an 7 Tagen bearbeiten.
Erhöhte Kunden-/Mitarbeiterzufriedenheit
Viele der Anfragen an den Kundensupport sind einfach und wiederholen sich. Die gesuchten Informationen befinden sich auf der Webseite und könnten ohne viel Aufwand vom Kunden selber abgefragt werden. Beispiele sind Fragen rund um die Öffnungszeiten der Bank, wo sich der nächste Bancomat befindet oder wie hoch die Gebühren für ein Konto sind. Diese Routinefragen können gut durch Chatbots/Sprach-Assistenten abgefangen werden, während sich die Mitarbeiter des Kundensupports sich um komplexere Themen kümmern. Dies wertet die Funktion des Supports auf und der Kunde fühlt sich durch die persönliche Beratung gut aufgehoben.
Skalierung
In den letzten Jahren haben die Anfragen an die Call Center stetig zugenommen. Insbesondere während der Covid-19 Krise waren viele Call Center mit dem schnellen Anstieg der Kundenanfragen überfordert. Dies führte zu langen Wartezeiten am Telefon und vielen frustrierten Kunden. Für viele Mitarbeiter im Kundensupport war diese Zeit sehr herausfordernd. Conversational Banking kann hier Abhilfe schaffen und problemlos grössere Volumen von bis zu 80% der anfallenden Anfragen bewältigen. Der Kunde erhält somit schnellere Antworten und die Mitarbeiter werden entlastet.
Tiefere Kosten
Banken können durch den Einsatz von Chatbots oder Sprach-Assistenten die Kosten um bis zu 30% senken. Conversational Banking reduziert die Ausgaben für Personal, Rekrutierungen oder Schulungen. Die Entwicklungs- und Betriebskosten für Conversational Banking sind relativ tief und erste Einsparungen zeigen sich bereits nach kurzer Zeit. Die Kosten sind aber abhängig von der Komplexität der Fragestellungen und der Vielfalt der zu behandelnden Themen. Auch darf der finanzielle Aufwand für anfallende Schnittstellen und die Integration in weitere Systeme nicht unterschätzt werden.
Personalisierte Angebote
Kunden können sich durch Conversational Banking über Produkte und Dienstleistungen informieren, ohne zur Bank gehen zu müssen. Interessant sind vor allem Anwendungen, die dem Kunden personalisierte Angebote vorgeschlagen. Der Kunde kann mit Hilfe des Bots ein Produkt oder eine Dienstleistung auswählen, welche sofort im E-Banking oder Mobile Banking nutzbar ist. Benachrichtigungen (Push Notifications) über passende Angebote sind eine weitere Möglichkeit die Kundenbindung zu erhöhen, insbesondere wenn der Kunde über längere Zeit keinen Kontakt mit der Bank hatte.
Anwendungen
Die Anwendungsfälle (Use Cases) für Chatbots und Sprach-Assistenten lassen sich von der Thematik her in die Kategorien Information, Transaktion und Service unterteilen. Internationale Praxisbeispiele sind Erica von Bank of America, Westpac Australia oder Eva von HDFC Bank. In der Schweiz stechen die PostFinance und ZAK hervor. Die folgenden fiktiven Konversationen zeigen das mögliche Potential auf:
Information
- Konto Saldo: «Hey Alexa, wie hoch ist mein aktueller Kontosaldo?»
- Karten Bewegungen: «Nenne mir die 3 letzten Kreditkarten-Bewegungen?»
- Ausgaben: «Wie hoch waren meine Ausgaben für Versicherungen im Jahr 2020?»
Transaktion
- Geld senden: «Ok Google, schicke CHF 150.- auf das Konto von Herrn X.»
- Wertpapierhandel: «Verkaufe meine 100 Facebook Aktien!»
- Produkte-Abschluss: «Wechsle mein Konto-Paket von Classic auf Premium!»
Service
- Karten sperren: «Hey Alexa, habe meine Maestro Karte verloren. Bitte Karte sofort sperren!»
- Limiten erhöhen: «Bitte erhöhe meine Kreditkartenlimite temporär von CHF 1’000.- auf CHF 5’000.-!»
- Meldung (Alert) bei verdächtigen Bewegungen: «Hallo Max, wir haben eine verdächtige Kreditkarten Transaktion in der Höhe von EUR 750.- festgestellt. Ist diese Transaktion korrekt?»
Erfolgsfaktoren für Conversational Banking
1. Klare Ziele führen zu klaren Ergebnissen
Conversational Banking hört sich cool und innovativ an. Dies reicht aber nicht für eine erfolgreiche Einführung. Wie bei jedem Vorhaben ist auch hier entscheidend, dass die Ziele, die Anwendungsfälle (Use Cases) und der angestrebte Kundennutzen von Anfang an klar definiert sind. Kunden erwarten Antworten auf ihre konkreten Anliegen und keine „Spielereien“. Aus Sicht der Unternehmen steht die Effizienz, ein verbesserter Kundenservice und Kundenbindung im Vordergrund.
2. Klein starten und skalieren
Für die Einführung von Conversational Banking sollte man mit einem kleinen Pilotprojekt starten. Dies hilft, Erfahrungen zu sammeln, die notwendigen Fähigkeiten aufzubauen und Akzeptanz bei den wichtigsten Entscheidungsträgern zu schaffen. Nach den ersten Erfolgen kann man die Chatbots oder Sprach-Assistenten ausbauen, breiter in der Unternehmung verankern und skalieren.
3. Der Kunde als Partner
Die Einsatzgebiete für Conversational Banking sind immer aus der Sicht des Kunden zu betrachten. Es empfiehlt sich daher die Innensicht des Unternehmens zu verlassen und Kunden frühzeitig in den Entwicklungsprozess von Chatbots oder Sprach-Assistenten zu integrieren. Die Bots lernen am schnellsten, wenn die am häufigsten gestellten Kundenanfragen abgedeckt werden können. Das Paretoprinzip ist ein guter Ratgeber: 20% der Anwendungsfälle bringen 80% des Nutzens.
4. Sicherheit in der Kundenkommunikation
Vertrauen ist die das wichtigste Gut einer Bank. Kunden erwarten von ihrer Bank, dass die Kommunikation über digitale Kanäle (E-Banking, Mobile Banking) sicher abläuft. Bei den Anwendungsfällen (siehe oben) im Conversational Banking gelten die gleichen Anforderungen. Die bekannten Instant-Messenger Lösungen wie Facebook oder Whats App sind für vertrauenswürdigere Bankgeschäfte weniger geeignet. Die Firma Jemmic bietet hier eine sichere Chat-Lösung für Banken mit integrierter digitaler Unterschrift.
Ausblick
In der Schweiz steckt das Thema Conversational Banking noch in den Anfängen. Es gibt drei Faktoren, welche die Entwicklung beschleunigen werden. Erstens sind die Banken aufgrund sinkender Erträge zunehmend unter Druck, die Kosten zu senken und die Prozesse zu automatisieren. Zweitens verlangen die Kunden zunehmend über alle Generationen (nicht nur Millenials) via digitale Kanäle mit der Bank zu interagieren. Sie wollen ihre Anliegen schnell, einfach und zeit-/ortsunabhängig gelöst haben. Drittens hat Covid-19 einen Digitalisierungsschub ausgelöst. Der Besuch von Bankfilialen für einfache Geschäfte wird abnehmen und sich auf das Digitale verlagern. Banken, welche Chatbots oder Sprach-Assistenten nicht anbieten, riskieren in Zukunft weiter an Relevanz zu verlieren.
Diese Entwicklung sollte deshalb als Chance gesehen und auf die strategische Agenda gesetzt werden. In diesem Sinne: «Hey Bank, talk to me!»
Autor: Roberto Zimmermann, Managing Partner, andrion AG
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