Ideen am Fließband: Corporate Innovation statt Zufall

Ein Überblick zu Corporate Innovation für etablierte Unternehmen

Egal also ob Mittelstand oder Großkonzern: Jedes Unternehmen, welches bereits ein etabliertes Geschäft hat, muss sich fragen, welche neuen Lösungen es für neue Kundenbedürfnisse, und Technologien bietet. Effiziente ‚Corporate Innovation‘ kann dabei helfen!

Blockchain? War vor 10 Jahren gerade mal graue Theorie. Apps? gab es noch gar nicht. Tesla? Uber? AirBnB? Waren alles noch unbekannte Start-ups oder noch gar nicht gestartet.

Der Gedanke darüber, was sich in nur 10 Jahren verändert hat, zeigt mit wievielen Veränderungen Unternehmen heute zu kämpfen haben. Immer schnellere Innovationszyklen und Konkurrenz aus konvergenten und neuen Industrien sorgen entsprechend dafür, dass die Lebenserwartung der 500 größten, öffentlich gelisteten Unternehmen inzwischen bei nur noch 18 Jahren liegt – statt bei 60 Jahren wie in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Und auch kleinere Unternehmen und der Mittelstand merkt, wie die Digitalisierung in jede Nische drängt.

Und so hat inzwischen fast jedes Unternehmen (hoffentlich) festgestellt, dass es nicht mehr reicht, nur an bewährten Lösungen festzuhalten. Den zahlreichen neuen Herausforderungen kann man nur begegnen, indem neue Antworten gefunden werden. So ist es auch wenig überraschend, dass in einer globalen Innovationsstudie von PWC 80% der befragten Unternehmen „Innovation“ als wichtig oder sehr wichtig für den Innovationserfolg bezeichneten.

Egal also ob Mittelstand oder Großkonzern: Jedes Unternehmen, welches bereits ein etabliertes Geschäft hat, muss sich fragen, welche neuen Lösungen es für neue Kundenbedürfnisse, und Technologien bietet. Die Innovation ist dabei immer eine (für das Unternehmen) neue, umgesetzte Lösung, die einen Mehrwert stiftet. Aber gab es das nicht schon immer?

Am Anfang stand die Erfindung

Im Prinzip ist jedes Unternehmen aus einer Innovation bzw. Erfindung entstanden. Man denke z.B. an Carl Benz, Werner von Siemens, Thomas Edison oder die zahlreichen KMUs, die oft heute noch in Familienhand sind. Doch mit dem Aufkommen der Massenproduktion wurde auch das „Erfinden“ bald institutionalisiert, sodass mit Forschungs-und Entwicklungseinheiten quasi Patentfabriken gebaut wurden. Dabei wurden die Unternehmen immer größer, die Abläufe komplexer, das Geschäft optimierter –  und entsprechend wurden immer schwieriger, tatsächlich neue nutzbringende Lösungen, also Innovationen, hervorzubringen. Stattdessen wurde oftmals nur bestehendes immer weiter optimiert.

Dies ging eine lange Zeit gut, da mittels der Patente das Kerngeschäft abgesichert werden konnte. Doch mit dem Aufkommen digitaler Technologien reichte dies nicht mehr aus. Wettbewerbsvorteile, und somit Schwerpunkt der Innovation, waren plötzlich nicht mehr nur Technologien, Patente und Produkte, sondern insbesondere auch neue, kundenorientierte Geschäftsmodell-Innovationen. Weltweites Wachstum finanzieller Ressourcen machte Talente und Ideen statt Technologien & Patente zur vorherrschenden Währung für Unternehmen. Die F&E-Abteilungen alleine halfen hier nicht mehr: Plötzlich waren die meisten etablierten Unternehmen zu weit weg vom Kunden, hatten die falsche Expertise und waren zu langsam.

Nicht so jedoch die neuen Konkurrenten in Form von kundenzentrierten, agilen, digitalen Start-ups: Diese schienen dank cleverer Ideen und agiler, kundenzentrierter Methoden wie Lean Startup und Design Thinking alle Asse im Ärmel zu haben: Plötzlich schien es möglich, mit geringsten Mitteln neue Unternehmen aufzubauen und nah am Kunden zu testen, ohne große Investitionen und Risiken einzugehen.

Start-up Methoden als Lösung für große Unternehmen?

Die etablierten Unternehmen schauten sich dies eine Weile an, und machten sich dann an die naheliegende Lösung: Sie kopierten die Methoden der Start-ups, um genauso erfolgreich kundenzentriert & agil zu innovieren.

Selbst Unternehmen, die schon klassische Innovationsprozesse wie Stage Gate oder Ideenmanagement eingeführt hatten, stellten nun schnell auf iterative, kundenzentrierte Methoden wie Design Thinking & Co um. Doch leider nicht immer sehr erfolgreich.

SAP zum Beispiel führte vor nunmehr 10 Jahren das erste Design Thinking Projekt durch. Unterstützt vom CEO wurde ein Produktinnovation entwickelt, welche alle neuen Kundenbedürfnisse befriedigte. Doch bis heute wurde diese nicht erfolgreich umgesetzt. Ähnlich geht es vielen etablierten Unternehmen, welche mit den Start-up Methoden arbeiten: Die Ideen scheitern am Ende an den vorhandenen Strukturen, Prozessen, Entscheidern, Umsetzern, usw.

Dies ist auch kein Wunder, denn im Gegensatz zu den Start-ups sind diese Unternehmen viel komplexer, und können nicht einfach frei „auf der grünen Wiese“ Ideen ganz nach Kundenwunsch umsetzen.

Dieses „Innovationsdilemma“ erkannte auch Harvard Professor Christensen und veröffentlichte in seinem gleichnamigen Bestseller die „Innovators Solution“: Statt frei Ideen zu entwickeln, die dann an den Restriktionen des Unternehmens scheitern, sollten doch einfach die Ideen auch außerhalb des Unternehmens umgesetzt werden – eben genauso wie Start-ups.

Und so finden sich heute unzählige Innovation Hubs, Labs & Co großer Unternehmen in Berlin, London, TelAviv & Silicon Valley, um hier nun endlich erfolgreich zu innovieren.

Doch zeigt eine kürzlich durchgeführte Studie der Zeitschrift Capital, dass kein einziger der dort untersuchten Innovation Hubs einen betriebswirtschaftlichen Erfolg erzielen konnte. Und tatsächlich ist dies auch sehr schwer, wenn man sich in den Dimensionen großer Unternehmen bewegt: Eine Studie von Bain ergab, dass die Chance, mit einem Start-up einen Wertbeitrag von 100 Millionen USD zu erzielen, bei nur 1:500 liegt, für einen Wertbeitrag von 600 Millionen USD sogar nur bei 1:17.000.

Stattdessen scheint die Lösung doch eher im Unternehmen zu liegen: Die gleiche Studie zeigte, dass die Chance auf einen Wertbeitrag von 500 Millionen um das 2000-fache auf 1:8 steigt, wenn die Stärken des Kerngeschäfts für Innovationen genutzt werden können.

Corporate Innovation steht immer noch am Anfang

Und genau dies ist die Aufgabe von „Corporate Innovation“. Auch wenn es methodisch und strategisch noch nicht immer ganz rund läuft, hat sich immerhin die Erkenntnis durchgesetzt, dass Innovation nicht vernachlässigt werden kann, sondern systematisch angegangen und organisatorisch verankert werden muss. Jegliche Bemühungen dazu werden dann als „Corporate Innovation“ bezeichnet. Und auch wenn der heilige Gral hier noch nicht gefunden wurde: Es lohnt sich, danach zu suchen, denn nur so können Unternehmen die zukünftigen Veränderungen nicht nur überstehen, sondern vielleicht sogar gewinnbringend nutzen.

Dabei hilft es, sich nicht nur von den Start-ups leiten zu lassen, sondern sich auch neue Ansätze anzuschauen, welche versuchen, das erfolgreiche Kerngeschäft auf der einen Seite, und die neuen Kundenbedürfnisse & Trends im Markt auf der anderen Seite systematisch zusammen zu bringen:

Unter dem Stichwort ambidextere Organisation wird diese Herausforderung angegangen, indem bewusst Themen zur Optimierung des Kerngeschäfts von explorativen Themen getrennt werden, um diesen Raum zu geben – entweder mit einzelnen Einheiten oder durch die Trennung der Aufgaben beim einzelnen Mitarbeiter.

Eine Weiterführung dieses Ansatzes ist die „effiziente Innovation“: Hier wird eine prozessuale Ambidextrie erzielt, indem in jedem Schritt des Innovationsprozesses Unternehmens- und Kundenperspektive systematisch zusammengebracht werden, um die passendste Lösung mit der höchsten Erfolgschance zu finden, ergo einen hohen Kundenfit und eine hohe Traktion zu erreichen.

Aber egal an welcher Stelle ein Unternehmen steht: Das Bewusstsein, dass Innovation nicht mit einem einfachen Brainstorming erledigt ist, sondern, wie Edison sagt, 99% Schweiss und nur 1% Inspiration braucht, ist der erste Schritt auf dem Weg zur erfolgreichen Corporate Innovation.

Dazu passend: 5 wichtige Elemente für Corporate Innovation


Quellen: 

Sauberschwarz/Weiss: Das Comeback der Konzerne
PWC Innovation Benchmark 2017
Bain/HBR: When Large Companies are better in entrepreneurship then startups

Lysander Weiß ist Co-Autor des Amazon-Bestsellers „Das Comeback der Konzerne“ und Partner bei der Strategieberatung Venture Idea mit Fokus auf Innovationen in Großunternehmen. Neben der Leitung von Innovationsprojekte forscht er rund um die Themen Corporate Innovation, & Digital Transformation, und teilt seine Erkenntnisse in der "Venture Idea Academy", als Speaker & Autor

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