Service Level Agreements – SLAs erklärt: Gute Dienstleistung steuern und messen

Services erbringen, Qualität und Leistung sichern und dabei weder zu viel bezahlen, noch auf relevante Inhalte verzichten. Mit den richtigen SLAs wird das möglich!

SLA als Begriff, das hat wahrscheinlich jeder schon einmal gehört. Oft hat man den Eindruck, hier geht es ausschliesslich um Dokumente mit derselben kryptischen Tiefe wie AGBs oder Datenschutzerklärungen. Dabei sind SLAs der Teil einer jeden Dienstleistung, welcher wirklich verständlich und verstanden sein sollte.

Service Level Agreements – das klingt schon sehr nach einem weiteren, trockenen Dokument. Doch hinter dem klassischen SLA stecken viel mehr Elemente und Informationen, die für jede Art und Form von Dienstleistung interessant sein können. Vielleicht sind Ihnen SLAs schon einmal begegnet, als Sie einen Vertrag für Webhosting oder einen Webserver abgeschlossen haben. Dort wird das Thema meist unter dem Schlagwort „Verfügbarkeit“ abgehandelt, und man hat den Eindruck, es ginge vor allem darum, diese entsprechend abzusichern. Doch wer die Möglichkeiten von SLAs einmal verstanden hat, lernt die Details dieser modernen Form von Dienstleistungsvereinbarungen schnell schätzen!

Service Level Agreement (SLA) erklärt

Fangen wir einfach mal am Anfang an: SLAs sind immer dann relevant, wenn es um das Erbringen eines Dienstes geht. Meist handelt es sich nicht um einfache Dienstleistungen, sondern um dauerhafte, sogenannte ständige Services. Diese werden nicht nur ein paar Mal pro Jahr abgerufen, sondern non-stop bzw. über längere Zeit erbracht – Internetdienste sind ein gutes Beispiel. In unserer Welt, wo Offline-Sein als quasi „Abgeschnitten von der Welt“ interpretiert wird und der Messenger bzw. Email zum Kommunikationswerkzeug Nummer 1 geworden sind, gibt es eine entsprechende Erwartungshaltung hinsichtlich ständiger Verfügbarkeit. Doch nichts funktioniert wirklich ohne Unterbrechung, kein Dienst kann non-stop erbracht werden: Selbst in einem 24×7 geöffneten Restaurant muss die Küche gereinigt, in der Firma an einem Emailserver ein Update eingespielt werden oder es fällt auch einfach mal ein Service aus. Menschen werden krank, Werkzeuge gehen kaputt und Maschinen haben unvermeidlich Fehler.

Gerade weil Leistungen und das Erbringen von Services nicht ohne Unterbrechung sein kann, ist das Ziel des SLAs, eine für beide Seiten – also Erbringer und Empfänger der Leistung – maximale Transparenz zu erzeugen. Kommt es pro Monat zu einer Unterbrechung von einer Stunde bei Ihrem Email-Provider, so ist das im Rahmen der Vereinbarungen unter Umständen völlig normal und legitim. Insbesondere natürlich dann, wenn diese Unterbrechung geplant und angekündigt sowie idealerweise nachts oder in einem Zeitfenster stattfindet, bei dem Sie als Kunde garnichts davon merken. Genau um diese Feinheit der Zusicherung von Verfügbarkeit geht es – und sie zu kennen, bringt entscheidende Vorteile für eine Vielzahl an Services, die wir tagtäglich konsumieren, zur Beauftragung in Betracht ziehen und ggf. auch kündigen möchten. Denn wozu sollte man mehr bezahlen oder bestellen, als man tatsächlich benötigt?

Das Wesen der Dienstleistung per SLA sichern – geliefert wie bestellt

Zufriedene Kunden sind in der Regel überall da zu finden, wo sie exakt das bekommen, was sie bestellt bzw. erwartet haben. Grundlegend setzt dies ein paar Elemente voraus, welche jeder Dienstleistung zu Grunde liegen – ganz gleich ob ein Onlinedienst, der Pizzaservice oder die Autowerkstatt der Lieferant sind:

1. Klare Definitionen und Bezeichnungen

Die wiedererkennbare, standardisierte Bezeichnung des Liefergegenstands.

Eine Pizza ist kein Sandwich. Der Kunde möchte das geliefert bekommen, was er schon kennt – man sagt auch, was „üblich“ ist. Die meisten Dienstleistungen in der heutigen Welt sind standardisiert, auch wenn es garnicht so aussieht. Doch jeder hat eine gewisse Vorstellung, wenn er an ein Gericht denkt und den Button der Liefer-App antippt. Daher wird im Streitfall tatsächlich davon ausgegangen, dass gewisse Dinge nicht üblich sind oder gar verboten: So würde eine Pizza, die auf Altpapier serviert wird gegen die Lebensmittelhygiene verstoßen und eine Cola ohne Kohlensäure nicht dem einschlägig bekannten Erfrischungsgetränk entsprechen. Doch es geht nicht darum, dass alles gleich und ununterscheidbar ist, sondern um ein Vermeiden von Diskussionen zu bekannten Begrifflichkeiten. Denn wenn jeder alles frei als Pizza definiert, weiss niemand mehr, was eine Pizza ist.

2. Relevante Unterscheidungsmerkmale und Details

Ein Reifenwechsel ist kein Radwechsel, eine Inspektion kein Reparaturauftrag.

Kleine Unterschiede, große Wirkung: Wer sein Auto mit den Sommerrädern abgibt, aber dieselben Räder mit frisch montierten Winterreifen zurückbekommt, würde wahrscheinlich sehr überrascht sein – darum sind einige Begriffe bei der Spezifizierung einer Dienstleistung wichtig. Denn ein Räderwechsel bezieht sich auf die Kombination von Felge und Reifen, ein Reifenwechsel nur auf das Gummi. Zwischenmenschliches Vertrauen und Mitdenken bleiben aber wichtig, denn wenn die Werkstatt des Vertrauens einen nach Erledigung einer Inspektion fragt, ob die abgebrochene Blende an der Sitzverstellung für 5 Euro erneuert werden soll, wäre ein pragmatisches Vorgehen und „Miterledigen“ sicher zielführender als eine Reparaturempfehlung mit Folgetermin – denn allein die erneute Anfahrt wird mehr Kosten verursachen als das Teil selbst. Kommunikation ist daher unabdingbar und sollte dazu führen, dass die Erwartungshaltung auf beiden Seiten von Beginn an klar ist, bzw. der Rahmen für Spielräume abgesteckt wurde.

3. Kritische Lieferobjekte und Kompatibilität

So wie Allergene beim Essen, können fehlende Schnittstellen bei einem Onlineservice kritische Details ausmachen.

Menschen sind allergisch gegen Zutaten wie Nüsse – und Autos gegen falsche Flüssigkeiten. Dass ein Motor mit dem richtigen Öl befüllt werden soll, ergibt sich aus den Vorgaben des Herstellers. Bei der Bestellung von Lebensmitteln kann es tatsächlich lebensgefährlich sein, wenn der Krokantbecher im Eiscafé mit Erdnüssen garniert wird. Auch hier sollte von Vornherein auf besondere Anforderungen hingewiesen werden. In der digitalen Welt wird bspw. auch nicht einfach irgendein Onlineshop gebucht, sondern darauf geachtet, dass u.a. Zahlungsdienste, Warenlager und Nutzerverwaltung mit den Anforderungen des Kunden kompatibel sind.

4. Messung, Pönalen und Erweiterungen

Einschlägige, übliche Aspekte, zeitlicher Umfang und Fertigstellung sowie die Möglichkeit, bei veränderten Rahmenbedingungen den Preis zu reduzieren oder die Leistung zu ergänzen.

Ob eine Dienstleistung als gut oder zufriedenstellend bewertet wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Das klappernde Auto fährt wieder ruhig, die bestellte Pizza war geschmacklich einwandfrei – doch wie misst man technische Details wie Verfügbarkeit? Hier kommen Standards wie „Three Nines„, was 99,9% Verfügbarkeit entspricht, zum Einsatz. Was zunächst nach quasi 100% aussieht, wird bei einer monatlichen Verfügbarkeitsrechnung schnell zur Realität von etwa einer Stunde Downtime. Wenn es sich hierbei um einen Onlinedienst für das Reservieren von Tischen in einem Restaurant handelt, könnte eine Vereinbarung zur Wartung der Software jede Montagnacht um 4h00 morgens vollkommen in Ordnung gehen – sprechen wir jedoch von Alarmanlagen und Medizintechnik, wäre dieser sogenannte Verfügbarkeitslevel nicht mehr ausreichend. In solch einem Fall kann eine höhere Leistungsklasse verhandelt werden, die entsprechend kostspielig ausfallen kann. Ab einem gewissen Level spricht man dann auch von Hochverfügbarkeit und Redundanz.

5. Erfolgsfaktoren und Abschluss

Abnahmekriterien und ergebnisrelevante Aspekte, die das Ende der Dienstleistung erkennen lassen.

Hierfür nehme ich gerne das Beispiel des vor die Tür geworfenen Pakets zur Hand: Es kann alles perfekt sein – der empfindliche Laptop wurde ordentlich verpackt, gepolstert und auch mit „Fragile“ beschriftet an den Transportdienstleister übergeben. Doch auf der letzten Meile wirft der Paketbote den Karton auf den Boden, und die harte Kante an der Stufe zum Eingang des Hauses erwischt eine schwache Stelle. Nun ist das Display defekt und alle Mühe umsonst. Im anderen Fall, wenn genau das nicht geschieht, würde der Abschluss der Dienstleistung wie folgt geschehen: Nach 2 Tagen Paketlaufzeit erfolgt die Lieferung wie vereinbart, das Paket wird ordentlich übergeben und der Empfang quittiert. Alles, was in diesen Rahmen fällt, sollte daher für Leistung und Gegenstand entsprechend festgehalten werden. Beim Kauf Ihres neuen Kühlschranks sind Sie sicher froh, wenn dieser nicht nur bis „Bordsteinkante“ geliefert wird sondern an Verwendungsort – idealerweise inklusive Altgerätemitnahme und Verpackungsentsorgung.

Weitere wichtige Elemente eines SLA – woran man zunächst nicht denkt

Gängige SLAs beinhalten zahlreiche Details, wie z.B. die Verantwortung der Parteien. Nur wer entsprechend dem, was der Dienstleister benötigt, auch alle Informationen bereitstellt, kann davon ausgehen, dass das Ergebnis dem Wunsch entspricht. Wichtig ist daher auch, welche Standards einzuhalten und wie Eskalationswege gestaltet sind. Was schiefgehen kann, geht auch einmal schief – und es sollte klar sein, mit wem über Abweichungen gesprochen werden soll. Im Bereich des Qualitätsmanagements wäre dies gleichzeitig ein Faktor der Kundenzufriedenheit, denn selbst im Fall der Fälle kann ein unzufriedener Kunde meist mit einer durch Eskalation geretteten Dienstleistung wieder zufriedengestellt werden. Am Ende ist es etwas anderes, ob man bei Verzug einer Lieferung mit einer Wiedergutmachung oder einem Rabatt entschädigt wird oder nicht einmal eine Entschuldigung ausgesprochen wird. Das zeigt schliesslich auch, dass der Dienstleister sich seiner Pflicht bewusst ist und den Kunden ernst nimmt.

Ein elementarer Bestandteil ist das Thema Preisgestaltung. Ich nehme gerne den Vergleich einer eiskalten Dose Cola in der Sahara: Wenn Geld keine Rolle spielt, kann man zu jedem Zeitpunkt eine eiskalte Dose öffnen und sich erfrischen. Klar, es wäre wohl die teuerste Dose Cola, die man konsumieren kann. Aus diesem Grund wird der Preis einer Lieferung an Rahmenbedingungen geknüpft sein, wie wir sie in den Hinweisen eines jeden Paketdienstleisters lesen können: Keine Inseln oder Kriegsgebiete, meist ausschliesslich kartografierte Gebiete mit postalischer Anschrift. Für alles Weitere gibt es Kurierdienste, die bspw. ein Bauteil für einen Formel-1 Rennwagen über Nacht per Privatjet vom deutschen Hersteller an die Rennstrecke in Spanien fliegen. Und das kann preislich durchaus dem Preis einer kalten Brause in der Wüste entsprechen, aber auch den Renneinsatz bei einem Rennstall mit Milliardenbudget retten.

Am Ende sollte jede Erwartung, jeder Normalfall und jede zu vermeidende Abweichung gut dokumentiert sein – ganz gleich ob es um Ansprechpartner, Berichte und Mengen geht oder um Finanzen und Schadensersatz im Fall von Nichterfüllung.

OLAs, UCs und Service Tiering – die nächste Stufe eines SLA

Meine Leidenschaft für Service Erbringung hat mich bis in die internen Services von Unternehmen vordringen lassen. Nach dem Prinzip „Baue jede Dienstleistung so auf, dass sie am Markt bestehen könnte“ habe ich IT-Support, Kundenservice und Informationsinhalte immer so ausgerichtet, dass sie selbst bei rein interner Nutzung ganz klar auf die Zufriedenheit der (in diesem Fall internen) Kunden abzielte. Der Grund ist ziemlich banal: Gute Dienstleistung macht Spass! Jeder, der einen freundlichen Servicemitarbeiter am Telefon hat, bekommt gleich bessere Laune. Und jeder Service, der mit Leidenschaft und klarer Fokussierung auf den aktuellen Bedarf ausgelegt ist, erzeugt zufriedene Kunden. In sogenannten OLAs werden SLAs für die Dienstleistungen innerhalb von Unternehmen abgebildet. Eine gut aufgestellte IT-Abteilung weiss genau, wann ihre ersten internen Kunden morgens den Rechner hochfahren. Dann wissen sie auch, dass Herr Schmidt nach dem langen Urlaub immer sein Passwort vergessen hat und der IT-Support ist deshalb bereits früh morgens erreichbar. Oder der Onlineshop am Black Friday, der gerne in die Knie geht, wenn tausende Neukunden zum ersten Mal bestellen und die Nerven der Marketingabteilung blank liegen. Hier machen dynamische Vereinbarungen Sinn – denn für Hochlastphasen mehr Power zu bekommen, kann erfolgsentscheidend sein.

Merken Sie sich OLAs daher als klare Dienstleistungsangebote innerhalb von Unternehmen, die einfach zu verstehen sind. Genau dort kommen dann UCs, sogenannte Underpinning Contracts ins Spiel – das sind quasi untergeordnete Verträge. Interessiert sich die Produktion für die SLAs, welche die IT-Abteilung mit dem Lieferanten XY hat? Nein, und deshalb ist es der Job der IT-Abteilung, seine eigenen Lieferantenbeziehungen und SLAs für bspw. Ersatzteillieferungen so zu gestalten, dass die internen OLAs funktionieren. Beispiel: Wenn der Ausfall eines Druckers in der Produktionslinie innerhalb einer Stunde behoben sein muss, wäre es zum einen gut, wenn die interne IT nicht nur einen Ersatzdrucker zu Hand hat (Stichwort Verfügbarkeit), sondern vor allem einen SLA mit dem Wartungsdienst des Druckerherstellers. Und eben dieser SLA sollte eine Reaktionszeit von wenigen Stunden haben. Das erscheint zu teuer? Genau dann kommt das Service Tiering zum Tragen – nämlich wie kritisch ein Service ist, ob man ihn selbst erbringt, extern erledigen lässt oder sogar missionskritisch beide Wege geht. Sie haben einen Reifendienst und nur eine Maschine zum Auswuchten von Rädern? Dann sollten Sie sich überlegen, wieviel Verlust ein Ausfall verursacht und was dagegen die Anschaffung einer zweiten Maschine bzw. das Vereinbaren eines schnell verfügbaren Wartungsdienstes kostet. Aber Achtung: Nicht jeder Service muss als kritisch eingestuft sein und es ist sogar möglich, saisonale Faktoren einzubeziehen – in der Reifenwechselsaison ist das Thema nämlich ungleich wichtiger, als in den ersten Januarwochen wo vor allem neue Batterien verkauft werden, weil viele Autos nicht anspringen.

Wo fängt man am besten an?

Es gibt also viele Details und neue Begriffe, wenn man zum ersten Mal mit dem Thema SLA in Berührung kommt. Wie wir gesehen haben, behandelt das Thema jedoch nicht nur Aspekte, die vertraglich-rechtlicher Natur sind, sondern fokussiert auch fachliche Details. Daher lautet die Empfehlung, idealerweise direkt mit den Abteilungen und Experten im eigenen Unternehmen zu sprechen. Meist gestaltet sich das Thema Dienstleistung ganz anders, wenn man nicht nur mit einer finanziellen Brille darauf blickt. Rückt man die Details der Leistungen und das, was am Ende erfolgsentscheidend ist, in den Vordergrund, steht man am Beginn einer wirklich belastbaren, für beide Seiten zufriedenstellenden Dienstleistungsbeziehung.

Philipp Schneidenbach ist Experte auf den Gebieten Enterprise Architecture, Governance, Risk und Compliance. In seiner derzeitigen Position bei Materna vereint er die Erfahrung aus mehr als 25 Jahren Beratung und Linienverantwortung in verschiedenen Industriezweigen und Märkten. Als Autor, Researcher und Speaker engagiert er sich unter anderem in Organisationen und Berufsverbänden wie der IEEE, ISACA und MoreThanDigital.

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