Kundenberatung in der digitalen Transformation der Banken

Digitale und soziale Fähigkeiten als Erfolgsfaktoren bei Banken

Wie sich die Kundenberatung bei den Banken durch digitale Transformation verändert. Zwischen Digitalisierung und sozialen Fähigkeiten als Erfolgsfaktoren im Banking.

Die Banken befinden sich seit längerer Zeit auf rauer See. Negativzinsen, neue und fremde Wettbewerber, ein verändertes Kundenverhalten, erhöhte Transparenz und zunehmende Regulierung sind die grossen Herausforderungen. Der Druck auf die Finanzbranche wird weiter verstärkt durch digitale Mega Trends wie Künstliche Intelligenz (KI), Blockchain, Open Banking,  Big Data,  Mobile-only oder Cyber Risiken.

Wir befinden uns in der vierten industriellen Revolution, welche Maschinen und Menschen vernetzt, traditionelle Wertschöpfungsketten aufbricht und neue Geschäftsmodelle entstehen lässt. Die Entwicklungsschritte der vierten Revolution sind exponentiell und nicht mehr linear. Mobile Geräte beschleunigen den Prozess, da sie einen Netzwerk- bzw. Multiplikator-Effekt ausüben. Jede Information oder Dienstleistung ist innert kürzester Zeit, an jedem Ort und für jedermann verfügbar. Die grossen Technologie-Firmen (Google, Apple, Facebook, Amazon) stellen diese Plattformen zur Verfügung und erreichen dabei Millionen von Nutzern.

Auswirkungen auf die Banken

Die Digitalisierung hat Auswirkungen auf Banken und kann entlang den Dimensionen Kunden, Kanäle, Produkte/Dienstleistungen und Mitarbeiter zusammengefasst werden.

  1. Kunden
  • Sicherheit, Image und Emotionen werden für Kunden wichtiger
  • Kunden sind gut informiert und werden anspruchsvoller in der Beratung
  • Generationen (Baby Boomer, Generation X, Millennials etc.) mit neuen Anforderungen an die Bank
  1. Kanäle
  • Mobile Lösungen werden weiter voranschreiten
  • Der Kunde entscheidet über den Kanal (analog oder digital)
  • Persönliche Beratung für komplexe Themen (Anlagen, Finanzieren) bleibt wichtig
  1. Produkte/Dienstleistungen
  • Steigende Transparenz für Produkte und Dienstleistungen
  • «Open Banking» wird wichtiger
  • «Challenger» Banken werden in höherwertige Services stossen z.B. Anlagen
  1. Mitarbeiter
  • Digitale und soziale Anforderungen steigen
  • Digitale „Fitness“ der Mitarbeiter ist gefragt
  • Kontinuierliches Lernen

Kunden sind heute durch das Internet bestens informiert und kommen bereits mit Angeboten (z.B. Hypotheken-Offerten) von anderen Finanzunternehmen in die Bank. Dies ist nicht nur bei Neukunden die neue Norm, sondern zunehmend bei langjährigen bestehenden Kunden feststellbar. Die Kundenberatung wird anspruchsvoller, da der Kunde auf Augenhöhe mit dem Berater diskutiert und verhandelt. Tiefere Konditionen können ein Argument für den Verkaufsabschluss sein, wichtige Kriterien aus Kundensicht bleiben aber auch das Image und die Sicherheit der Bank, sowie die persönliche Kundenbeziehung.

Die persönliche Beratung bleibt insbesondere bei komplexen Themen (Vorsorgen, Finanzieren, Anlegen) von hoher Wichtigkeit. Kann ich mir eine Frühpensionierung leisten? Wie ist meine Familie im Todesfall abgesichert? Welches sind die steuerlichen Folgen beim Hauskauf? Wie werde ich als Kunde informiert bei turbulenten Märkten und was bedeutet dies für mein Vermögen? Dies sind nur einige von schwierigen Fragestellungen, für welche ein persönlicher Kundenberater nach wie vor unabdingbar ist.

Mobile Lösungen werden weiter voranschreiten und insbesondere die nächsten Generationen fordern noch stärker mit der Bank digital interagieren zu können. Das Basisgeschäft (Zahlungsverkehr, Maestro-/Kreditkarten etc.) lässt sich am einfachsten digitalisieren. Gute Beispiele sind die aufkommenden „Challenger“ Banken wie Revolut, N26, Monzo etc. Kostenlose bzw. günstige digitale Konto-/Karten Angebote haben diesen Unternehmen innert kürzester Zeit ein hohes Kundenwachstum gebracht. Diese Firmen werden über die Zeit versuchen, in höhere und lukrativere Geschäftsbereiche wie beispielsweise das Anlagegeschäft einzusteigen. Revolut hat einen ersten Schritt für Premium Kunden bereits vollzogen, indem Online-Trading kostenlos angeboten wird.

Die Frage bleibt aber, wie sich die jüngere Generation bei komplexeren Finanzthemen verhält, insbesondere bei grösseren Geldanlagen. Bin ich als „Millennial“ bereit einen Betrag von CHF 500’000.- einer „Challenger“ Bank für Vermögensanlagen anzuvertrauen? Ist mein Ansprechpartner ein Roboter bzw. Maschine, wenn die Aktienmärkte um über 30% einbrechen?

Die Komplexität der Beratung entscheidet schlussendlich, ob der Kunde den digitalen (Mobile Banking, E-Banking, Chatbot etc.) oder analogen (Berater, Schalter, Call Center) Weg wählt. Der Wechsel in der Kundeninteraktion muss jederzeit ohne Medienbrüche möglich sein.

Digitale und soziale Fähigkeiten als Schlüssel

Die Anforderungen an die Mitarbeiter nehmen somit im Rahmen der digitalen Transformation zu. Jobs mit repetitiven Aufgaben verschwinden und Prozesse werden mittels neuester Technologie automatisiert. Im Gegenzug entstehen neue Jobs, welche vor Jahren nicht existiert haben wie z.B. UX-Designer, Robotic Process Automation (RPA) Entwickler oder Chatbot Spezialisten. Für diese neuen Aufgaben sind andere Profile und andere Fähigkeiten gefragt. Dies ergibt für Banken neue Chancen an hochqualifizierte, bankfremde Mitarbeiter zu gelangen.

Auf der Vertriebsseite sind die Berater immer mehr mit Kunden konfrontiert, welche den Umgang mit digitalen Hilfsmitteln gewohnt sind z.B. Mobile Banking oder Mobile Payment. Kunden erwarten, dass der Kundenberater auch digital affin ist und Fragen beantworten kann. Die Beratung muss für den Kunden einen Mehrwert schaffen und wird mit digitalen Hilfsmittel unterstützt. Dabei kann die Lösungserstellung visualisiert und Chancen bzw. Risiken simuliert werden. Die Beziehung unter Menschen bleibt aber das zentrale Element in der Beratung, Maschinen unterstützen dabei den Prozess. Digitalisierung konzentriert sich nicht auf Technik, sondern schafft einen klaren Kundennutzen.

Dies bedeutet, dass Kundenberater nicht nur über fachliche, sondern über digitale und soziale Fähigkeiten verfügen müssen. Kommunikation, emotionale Intelligenz, vernetztes und analytisches Denken, Lösungsorientierung, Entscheidungsfertigkeit und technologisches Know-How sind die Kompetenzen für eine erfolgreiche Kundenberatung.

Digitale Fitness

Viele Mitarbeiter von Banken sind mit den neuen Technologien, mir ihrer Komplexität und ihrer Geschwindigkeit überfordert.

Beispiele:

  • Ein Mitarbeiter muss für eine Excel-Pivot Auswertung zuerst verschiedene Tabellen zusammenführen. Die Auswertung weist Fehler auf und es werden die falschen Konklusionen gezogen.
  • Ein Kunde hat ein neues Handy und versucht im Mobile-Banking erstmals eine Zahlung zu scannen. Er kommt nicht weiter und wendet sich an den Kundenberater seiner Bank. Dieser ist jedoch nicht in der Lage eine kompetente Auskunft zu geben, weil er Mobile Banking selbst nie nutzt.
  • Neue digitale Wettbewerber stossen in den Markt vor mit innovativen und kostengünstigen Angeboten. Die Führung eines Unternehmens erkennt die Entwicklung zu spät oder versteht deren Auswirkungen nicht.

Diese Beispiele kommen in jedem Unternehmen vor und sind Realität. Für Mitarbeiter und Führungskräfte geht es darum, sich digital „fit“ zu trimmen. Das Umdenken beginnt im Kopf. Dies bedeutet neue Technologien (Apps, Software etc.) und Methoden auszuprobieren, neue digitale Geschäftsmodelle zu verstehen (Fintech, Startups) und kontinuierlich zu lernen.

Fazit

Die Digitalisierung findet sowieso statt, ob man will oder nicht. Dies ist keine Frage des Alters, sondern der richtigen Einstellung wie man mit dem Thema umgeht.

Die Kundenberater und Mitarbeiter sind somit der Schlüssel für eine erfolgreiche digitale Transformation. Digitale Champions zeichnen sich aus durch Vernetzung, Offenheit, Partizipation und Agilität.

Digitalisierung, digitale Transformation und Banking gehören zu den Leidenschaften von Roberto Zimmermann. Er verfügt über mehrere Jahre Führungserfahrung in der Finanzbranche. Für eine Grossbank war er im Wealth Management Lateinamerika und als CFO für die Schweiz tätig, bevor er die Führung des Privatkundengeschäftes einer Bank übernahm. Er arbeitet heute als Managing Partner bei einem weltweiten Management- und Technologieberatungsunternehmen für die Finanzdienstleistungsbranche.

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