Employer Branding im Mittelstand

Ein Leitfaden für das digitale Zeitalter

Der Fachkräftemangel betrifft besonders kleine und mittlere Unternehmen, der sich durch den Ruhestand der Babyboomer-Generation verschärft. Um diesen Mangel zu bewältigen, müssen Unternehmen Millennials und Generation Z ansprechen, die eine gute Work-Life-Balance und flexible Arbeitsmodelle wie Remote- und Hybridarbeit bevorzugen. Employer Branding ist der Schlüssel, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

Der Fachkräftemangel bedroht viele Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Betriebe. Studien und Daten belegen diesen Mangel in allen Branchen und Berufsfeldern. Da die Babyboomer in Rente gehen, wird sich dieser Mangel durch den bevorstehenden Generationswechsel noch verschärfen. Es gilt daher, die Millennials und Zoomer als zukünftige Fachkräfte zu gewinnen. Um dies zu erreichen, müssen Arbeitgeber auf die spezifischen Bedürfnisse dieser Zielgruppen eingehen. Die Prognosen für die Zukunft sind nicht positiv: Die Situation wird sich in den kommenden Jahren noch verschlechtern. Unternehmen müssen daher ihre Strategien überdenken.

Eine Möglichkeit, dieser Herausforderung zu begegnen, besteht darin, als Arbeitgeber durch Employer Branding bekannter zu werden. In den letzten Jahren hat sich die Marketing-Strategie zu einem zentralen Bestandteil für Personalverantwortliche entwickelt. Darunter versteht man alle Maßnahmen und Strategien, um ein Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber darzustellen und es von anderen Wettbewerbern auf dem Arbeitsmarkt positiv abzugrenzen. Gerade für mittelständische Unternehmen ist dies wichtig, da sie oft mit Großkonzernen um talentierte Mitarbeiter konkurrieren müssen.

Besondere Anforderungen an das Employer Branding stellt die Generation Z, die zwischen 1997 und 2012 geboren wurde und eine neue, digitale Perspektive auf den Arbeitsmarkt hat. Denn Gen Z und Millennials hinterfragen die Bedeutung von Arbeit in ihrem Leben, wie die aktuelle Deloitte Gen Z & Millennial Survey zeigt:

  • Obwohl fast die Hälfte (49 Prozent) der Gen Z und fast zwei Drittel (62 Prozent) der Millennials angeben, dass die Arbeit einen zentralen Platz in ihrem Leben einnimmt, suchen sie nach einer guten Work-Life-Balance.
  • Das Interesse an Teilzeitjobs wächst. Vier-Tage-Wochen werden immer beliebter.
  • Gen Z und Millennials schätzen die Vorteile von Remote- und Hybridarbeit. Drei Viertel der Befragten würden einen Jobwechsel in Betracht ziehen, wenn ihr Arbeitgeber die Möglichkeit zur Remote-Arbeit einschränken würde.

Von der Analyse zur Aktion

In der heutigen Arbeitswelt ist es unerlässlich, den Status der eigenen Arbeitgebermarke zu kennen. Schauen Sie im ersten Schritt Ihre Social-Media-Präsenz und den Bewerbungsprozess genau an – auch die Ihrer Wettbewerber. Berücksichtigen Sie dabei die Bedürfnisse, Ziele und Kennzahlen Ihrer Zielgruppen und beziehen Sie sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberperspektive in die Analyse ein.

Gemeinsam mit Employer-Branding-Experten entwickeln Sie auf dieser Basis eine Strategie, die die Ausrichtung des Unternehmens klar definiert. Sie legen Ziele für verschiedene Zeithorizonte fest und etablieren klare Kommunikationskanäle und -prozesse. Dabei zeichnen Sie ein Bild der Unternehmenskultur und -werte, arbeiten die Vorteile als Arbeitgeber heraus und erstellen Profile für potenzielle Teammitglieder. Überlegen Sie auch, welche Benefits für die Mitarbeiter sinnvoll sind, wie Sie diese am besten ansprechen und welche Rekrutierungsmaßnahmen in Betracht gezogen werden sollten.

Im nächsten Schritt gilt es, die geplanten Maßnahmen umzusetzen. Dieses Maßnahmenpaket umfasst Bereiche wie Social Media, Videoproduktion, Suchmaschinenoptimierung und -werbung sowie E-Recruiting. Auch Mitarbeiterbefragungen können aufschlussreiche Erkenntnisse liefern. Es werden Stellenanzeigen verfasst, Websites optimiert, Mediastrategien entwickelt oder Influencer-Marketing-Kampagnen durchgeführt. Wichtig ist, alle Aktivitäten kontinuierlich zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf Elemente wie die Karriereseite, Unternehmenswerte, Social-Media-Aktivitäten und den Einsatz von Videoinhalten gelegt werden. Auch das Performance Marketing im Recruiting, Mitarbeiter-Benefits und die Optimierung von Stellenanzeigen sind zentrale Bausteine. Auf diese Aspekte wird im Folgenden näher eingegangen.

1. Eigene Arbeitgebermarke erarbeiten

Jedes Unternehmen hat seine eigene Kultur und seine eigenen Werte, die sie von anderen Unternehmen unterscheiden. Diese Werte müssen klar definiert und kommuniziert werden, um Bewerber anzuziehen, die sich mit ihnen identifizieren können. Es reicht jedoch nicht aus, diese Werte nur zu definieren, sie müssen auch authentisch und in der täglichen Arbeit und Kultur des Unternehmens verankert sein.

Ein gutes Beispiel ist ein Produktionsunternehmen, das Nachhaltigkeit großschreibt. Durch Umweltzertifikate und nachhaltige Projekte kann das Unternehmen seine Werte klar kommunizieren. Um eine stabile Definition der Unternehmenswerte zu gewährleisten, sollten unterschiedliche Sichtweisen im Unternehmen berücksichtigt werden. Um die Sichtweisen der Mitarbeiter und eventuelle Unterschiede zwischen ihnen und den Vorgesetzten sowie das Selbstverständnis des Unternehmens besser zu verstehen, empfiehlt sich die Durchführung eines Workshops.

2. Unternehmenswebseite und Karrierebereich optimieren

Die Website eines Unternehmens ist oft die erste Anlaufstelle für potenzielle Bewerber. Daher ist es wichtig, dass sie benutzerfreundlich gestaltet ist. Leider sind vor allem im Mittelstand viele Websites nicht gut aufgestellt. Hier gilt es anzusetzen. Eine intuitive und leicht zu navigierende Website erleichtert es den Besuchern, schnell an die gewünschten Informationen zu gelangen. Eine wichtige Zielgruppe ist die mobil-affine Gen Z, die mit Smartphones und Tablets aufgewachsen ist. Um diese effektiv zu erreichen, ist eine mobile Optimierung der Website unerlässlich. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist ein mittelständisches Unternehmen aus der IT-Branche, das im Karrierebereich Chatbots zur automatisierten Beantwortung häufig gestellter Fragen einsetzt. Dies kann den Bewerbungsprozess deutlich vereinfachen und beschleunigen.

3. Social Media & Video-Content nutzen

Soziale Medien, vor allem TikTok, sind bei der Gen Z sehr beliebt. Unternehmen sollten diese Plattformen nutzen, um Inhalte speziell für diese Zielgruppe zu erstellen. Dabei sollten sie nicht nur Inhalte veröffentlichen, sondern auch aktiv mit der Community zu interagieren. Modeunternehmen könnten zum Beispiel Challenges auf TikTok starten, um die Kreativität der Nutzer zu fördern. Das erhöht nicht nur die Interaktion, sondern stärkt auch die Bindung zur Marke. Besonders erfolgreich kann das Recruiting sein, wenn echte Mitarbeiter als Corporate Influencer eingesetzt werden. Diese berichten ihren Followern aus ihrem Arbeitsalltag und verbessern so das Image des Arbeitgebers.

Videos sind ein wirksames Mittel, um authentische Geschichten zu erzählen. Sie ermöglichen Einblicke in den Arbeitsalltag und zeigen die Unternehmenskultur in Aktion. Ein Start-up könnte zum Beispiel ein Video mit dem Titel „Ein Tag im Leben eines Entwicklers“ erstellen, um potenziellen Bewerbern einen realistischen Eindruck von der Arbeit zu vermitteln. Videos sind in sozialen Netzwerken wie TikTok sehr beliebt. Auch Plattformen wie LinkedIn bewerten Videoinhalte positiv.

4. Mit Performance Marketing zum besseren Recruiting

Performance Marketing ermöglicht es Unternehmen, zielgerichtete Werbung für ihre Zielgruppe zu schalten. Durch die Analyse von Daten können Anzeigen optimiert werden, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Ein Finanzdienstleister könnte beispielsweise gezielt Fachkräfte aus dem Finanzsektor anzusprechen auf LinkedIn ansprechen.

Stellenanzeigen spielen ebenfalls eine zentrale Rolle im Rekrutierungsprozess. Sie sollten klar, übersichtlich und sachlich formuliert sein sowie alle relevanten Informationen enthalten. Ein ansprechendes Design hilft zusätzlich, das Interesse der Bewerber zu wecken. Wichtig ist, die Position, das gewünschte Anforderungsprofil und die Unternehmenskultur genau zu beschreiben und eine klare Handlungsaufforderung zu geben. Im Gesundheitswesen können beispielsweise Infografiken dabei helfen, komplexe Anforderungen zu visualisieren.

5. Mitarbeiter-Benefits anbieten: Individuell und relevant

Corporate Benefits sind wichtig, um Mitarbeiter zu halten und neue Talente zu gewinnen. Es ist jedoch entscheidend, dass sie nicht nur attraktiv, sondern auch realistisch und bezahlbar sind und zur Unternehmenskultur passen. Hier einige Beispiele für Leistungen, die Unternehmen in Betracht ziehen sollten:

  • Work-Life-Balance: Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit ist für viele Beschäftigte wichtig. Dazu gehören flexible Arbeitszeitmodelle und Kinderbetreuungsangebote.
  • Mobilität: Ob ÖPNV-Ticket, Firmenwagen oder Unterstützung für Radfahrer – Mobilitätsangebote können den Weg zur Arbeit bequemer und kostengünstiger machen.
  • Schulungen, Workshops oder Konferenzen als Weiterbildungsmöglichkeiten zeigen, dass das Unternehmen an der Karriere seiner Mitarbeiter interessiert ist.
  • Gesundheit und Wohlbefinden: Fitnesstraining, Gesundheitschecks oder ergonomische Arbeitsplätze steigern das allgemeine Wohlbefinden der Mitarbeiter.
  • Gemeinsame Aktivitäten wie Team-Events und Firmenfeiern fördern das Zusammengehörigkeitsgefühl und schaffen ein positives Betriebsklima.

Zentrale KPIs zur Messung von Employer Branding Maßnahmen

Angesichts der hohen Investitionen an Zeit, Ressourcen und Kapital, die in Employer Branding-Maßnahmen fließen, ist es unerlässlich, den Erfolg dieser Bemühungen zu messen. Ohne eine klare Erfolgsmessung laufen Unternehmen Gefahr, in die falsche Richtung zu steuern oder wertvolle Ressourcen zu verschwenden. Daher sollten klare Ziele definiert und Key Performance Indicators (KPIs) entwickelt werden. Diese ermöglichen es Unternehmen, ihre Employer Branding Strategien kontinuierlich zu überwachen, zu bewerten und anzupassen. So wird sichergestellt, dass sie die gewünschten Ergebnisse erzielen und einen positiven Return on Investment bieten:

  • Bewerbungsrate: Anzahl der Bewerbungen im Verhältnis zu den ausgeschriebenen Stellen.
  • Qualität der Bewerbungen: Entsprechen die Bewerber dem Anforderungsprofil?
  • Retention Rate: Wie lange bleiben Mitarbeiter im Unternehmen?
  • Mitarbeiterzufriedenheit: Messbar durch regelmäßige Umfragen und Feedback-Tools. Hier kann auch die Entwicklung des Krankenstandes erfasst werden.
  • Fluktuationsrate: Wie oft verlassen Mitarbeiter das Unternehmen, insbesondere neue Mitarbeiter?
  • Employee Net Promoter Score (eNPS): Empfehlen Mitarbeiter das Unternehmen weiter?

Fazit

Digitales Employer Branding ist wichtig, um im Wettbewerb um Mitarbeiter erfolgreich zu sein. Mittelständische Unternehmen sollten eine klare und authentische Arbeitgebermarke aufzubauen und diese konsequent über verschiedene digitale Kanäle kommunizieren. Neben einer guten Unternehmenskultur sind flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zur Mobilität entscheidend, um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Jede Maßnahme wird nur dann erfolgreich sein, wenn im Vorfeld klare Ziele definiert werden. Durch die Analyse relevanter Kennzahlen können die Pläne fortlaufend verbessert und an die sich ändernden Bedürfnisse der Zielgruppe angepasst werden.

Hartmut Deiwick ist seit Februar 2020 CEO der Löwenstark Digital Group. Die Full-Service-Agentur entwickelt und betreut Online-Marketing-Kampagnen in den Bereichen SEO-, SEA-, Marketplace Marketing, Affiliate-Marketing-, E-Mail-Marketing- und Social Media für Kunden aller Branchen. Zuvor war Deiwick Geschäftsführer sowie Sales and Marketing Director bei der PharmaHera Service GmbH, Apothekendienstleister von APONEO Deutsche Versand-Apotheke.

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