Digitalisierungsprojekte – Und wo bleibt der Mensch in der Digitalisierung?

Wie Menschen in der Digitalisierung eingebunden werden müssen

Jeder spricht über Digitalisierung. Verschiedene Möglichkeiten wie die Datenmustererkennung im Bereich des Data Mining sowie oder auch die Blockchain-Technologie werden als „Wundermittel“, „Revolution“ und „Disruptive…“ beschrieben. Auch ich war in voller Fahrt über mein Forschungskonzept zu sprechen. Doch bei aller überschwänglichen Freude über automatisierte Prozesse, direkte digitale Zusammenarbeit oder die vielfältige Nutzung von Daten – letzten Endes müssen Menschen diese Veränderung mittragen und ausführen.

Vor ein paar Wochen traf ich auf einem Kongress des BMÖ eine bemerkenswerte Frau: Susanne Zaninelli. Ich war da, um über die Möglichkeiten der Digitalisierung sowie des Data Mining und dessen Anwendung im Bereich Supply Chain Management zu sprechen. Der Fokus ihres Vortrags lag auf der Wandlungsfähigkeit des Menschen. Doch wo ist da die Verbindung?

Schnell war klar: Jeder spricht über Digitalisierung. Verschiedene Möglichkeiten wie die Datenmustererkennung im Bereich des Data Mining sowie oder auch die Blockchain-Technologie werden als „Wundermittel“, „Revolution“ und „Disruptive…“ beschrieben. Auch ich war in voller Fahrt über mein Forschungskonzept zu sprechen. Doch bei aller überschwänglichen Freude über automatisierte Prozesse, direkte digitale Zusammenarbeit oder die vielfältige Nutzung von Daten – letzten Endes müssen Menschen diese Veränderung mittragen und ausführen. Dabei gab Susanne mir folgende Gedanken sowie diese Grafik mit auf den Weg:

Das Mindset ist die Quelle und der Motor für Veränderung

Mit jedem Digitalisierungsprojekt geht auch eine Veränderung der täglichen Arbeit einher. Die Digitalisierung löst arbeitsstrukturell sowie kulturell andere Vorgehensweisen und Einstellungen ab und stiften zunächst einmal Chaos. Deshalb sollten Veränderung in einem Unternehmen möglichst schnell und vor allem nachhaltig gestaltet werden. Um das zu gewährleisten, ist ein Blick auf die „Grammatik des Wandels“ sinnvoll.

Wir alle werden zu Beginn unseres Lebens als Individuen in eine Gesellschaft hineingeboren – das ICH in einem WIR. Dort müssen wir uns positionieren und wollen uns auch oft etablieren. In diesem verflochtenen Umfeld aus völlig verschiedenen Ideen und Überzeugungen, Rechten und Pflichten entwickeln wir auf der einen Seite eine Identität und versuchen uns andererseits anzupassen. Das jeweilige Umfeld prägt uns und unseren Umgang mit den Stellschrauben des Wandels (siehe Abbildung von Susanne Zaninelli).

Stellschrauben des Wandels
Quelle: Susanne Zaninelli, CULTURE CONTACT

Jeder Mensch kennt das Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle, welche aber dennoch sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Auch im Arbeitsleben fällt es oft schwer, schnelle Veränderungen mitzutragen. Dafür müssten wir schließlich das gewohnte Sicherheitsumfeld verlassen. Doch meist verleitet das Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle dazu, Veränderungen allein über unser Verhalten und über die Struktur (rechte Seite) zu begreifen und zu gestalten. So wichtig die Manifestation des Verhaltens und der Struktur sind, so wird dadurch jedoch lediglich die sichtbare Hälfte des Lebens beschrieben. Die andere unsichtbar Hälfte von Kultur und Mindset braucht jedoch dieselbe Beachtung, um als intrinsische Motivation für eine Veränderung wirken zu können.

Digitalisierungsströme, wie Industrie 4.0, gepaart mit künstlicher Intelligenz, Maschinenlernen oder auch der Blockchain-Technologie rütteln an unseren bisherigen fest verankerten Prozessen und Strukturen im Unternehmen. Dadurch steigt die Notwendigkeit nach mehr Selbstorganisation und Selbstbestimmung. Sämtliche methodische Ansätze, in denen agile Vorgehensweisen, wie kollegiale Führung, agile ko-kreative Teams, Soziokratie, oder Design Thinking notwendig sind, haben ihren geistigen Ursprung auf der linken Seite des Bildes. Vernetzte Zusammenarbeit baut nicht vorrangig auf Tugenden wie Ordnung, Kontinuität und Pflichtgefühl auf. Stattdessen sind Selbstführung, Selbstverantwortung, Autonomie und Agilität wesentlich und erfolgsrelevant. Hohe Veränderungskompetenz und gleichzeitig innere Stabilität & Resilienz sind wichtiger denn je. Dabei sollten Veränderungen auch messbar sein. Wie sonst lässt sich ein IST- mit einem SOLL-Zustand vergleichen und die daraus resultierende Veränderung benennen? Diese Messung läuft über die beiden rechten Quadranten.

Es ist viel leichter Strukturen und Prozesse, sowie oberflächliches Verhalten zu verändern, als den Inhalt unseres Kopfes! Die Ergebnisse sind viel schneller sichtbar. Für die Messung der Veränderung werden Ressourcen, wie Zeit und Geld, investiert. Doch diese Bestrebungen sind einseitig motiviert und scheitern oft.

Es geht bei einer Veränderung nicht darum zu fordern:

  • „Werden Sie doch mal agil“
  • „Jetzt seien Sie doch mal kooperativ“
  • „Nun haben sie doch mal Vertrauen“

Diese Phrasen wecken eher Widerstand. Um eine Veränderung nachhaltig zu gewährleisten, braucht die Überwindung bisheriger Gedanken, erworbener Überzeugungen und vergangener Glaubenssätze, die nicht mehr in die Disruption des digitalen Zeitalters passen. Was benötigt wird, sind Einstellungen und Weltanschauungen, die sinnstiftend das Gemeinwohl und die Selbstbestimmung fördern. Agilität ist somit kein Modewort (mehr) sondern eine innere Haltung. Sie unterstützt dabei, sich in dem verändernden, komplexen und oft chaotischen Umfeld weiter zu entwickeln.

Der linke, nicht-sichtbare Bereich ist tief in uns verankert. Je nach Individuum und Kultur werden wir davon geprägt. Zugleich ist er die einzige Quelle, die in unserem Mindset eine Veränderung anstoßen kann – und Motor jener Veränderung, die wir auf der rechten, sichtbaren Seite gestalten wollen. Erst wenn wir uns dieser unbewussten inneren Treiber annehmen, die bei Wandel zu den größten Blockaden werden, erst wenn wir es wagen, diese inneren Treiber zu betrachten und uns be-weg-en (e-motion) zu lassen, wird eine Veränderung erfolgreich sein. Nachhaltige Veränderung kann sich also nur einstellen, wenn alle vier dieser wertvollen und wesentlichen menschlichen Kräfte in die „Waagschale des Wirkens“ geworfen werden und somit sinnstiftend und sinnerlebend zum Grundpfeiler einer Veränderung werden.

Fazit

Das Postulat „der Mensch ist mit einzubinden“ wird meist als pauschales und nebensächliches Wirken abgetan und meistens glaubt man auch noch selbst daran, das zu tun. Doch erst wenn wir das Mindset und die Kultur von Menschen und ihre zwar unsichtbaren, aber insgeheim steuernden „Stellschrauben des Wandels“ verstehen und ernsthaft mit ihnen arbeiten, werden auch Digitalisierungsstrategien und deren Umsetzung langfristig wirklich Erfolg bringen.

 

Weitere Infos zu diesem Thema auch bei:

Prof. Dr. Heike Bruch

Simone Belko

Anja Wilde sucht immer nach neuen Lösungen im digitalen Umfeld, um Prozesse smarter und effizienter zu gestalten. Sie ist Dozentin an der Akademie des BMÖ und unterstützt Unternehmen bei Digitalisierungsprojekten auf Basis der Blockchain Technologie im evan.network. Erfahrungen sammelte sie in der Vergangenheit auch in den Bereichen Lieferanten- und Risikomanagement, Data Mining und KI.

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