Digitale Vereins- und Generalversammlungen unter der Schweizer Corona Notverordnung

Wie kann man trotz Corona Notverordnung eine Generalversammlung bzw. Vereinsversammlung abhalten?

In diesem kurzen Beitrag wird die digitale Durchführung einer General- und Vereinsversammlung genauer erläutert. Neben rechtlichen Hinweisen enthält der Beitrag Hinweise zur technischen Umsetzung.

Das aktuelle Versammlungsverbot betrifft auch General- und Vereinsversammlungen. Leider haben im Frühling diese Veranstaltungen Hochsaison, da nun die revidierten Geschäftsabschlüsse vorliegen.Der Bundesrat hat dieses Problem erkannt und mit seiner COVID-19 Verordnung 2 dafür gesorgt, dass diese Versammlungen teilweise oder vollständig schriftlich oder digital abgehalten werden dürfen. In diesem kurzen Beitrag wird die digitale Umsetzung genauer erläutert.

Das Wichtigste auf einen Blick

Im Endeffekt benötigen Sie für die Durchführung einer digitalen Generalversammlung drei unterschiedliche Tools:

  1. Ein Videokonferenz-Tool, das Ihnen erlaubt, die Jahresergebnisse zu präsentieren und die Q&A Session zu moderieren.
  2. Ein E-Voting-Tool für die entsprechenden Abstimmungen an der Generalversammlungen.
  3. Einen Dataroom, wo Sie Ihren Aktionären sämtliche wichtigen Dokumente digital zur Verfügung stellen können. Sofern diese nicht vorgängig versandt werden.

Bei der Auswahl und der Einrichtung dieser Tools müssen Sie die rechtlichen Anforderungen berücksichtigen, damit die digitale GV rechtlich bindend ist und möglichst einfach über die Bühne geht.

Was ist die aktuelle rechtliche Situation mit der neuen COVID-Verordnung des Bundesrates?

Sobald mehr als 5 Personen (Aktionäre, Verwaltungsräte und evtl. noch ein Notar) teilnehmen, darf eine Generalversammlung (GV) nicht mehr physisch durchgeführt werden. Viele Unternehmen haben die jährlichen Generalversammlungen bereits geplant und die Einladungen sind oft bereits verschickt. Diesen Unternehmen stellt sich nun die Frage, welche Optionen sie haben.

Natürlich besteht die Möglichkeit, die Versammlung zu verschieben. Dies hat jedoch zur Folge, dass wiederum die Einladungsfristen zu beachten sind. Sofern wichtige GV-Entscheide anstehen oder die Aktionäre möglichst bald über eine Dividende entscheiden möchten, ist ein ungewisser Aufschub im Moment keine Option. Da die GV innerhalb von sechs Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres stattfinden muss, kann diese auch nicht endlos herausgeschoben werden.

Der Bundesrat hat dieses Problem erkannt und ermöglicht es nun Gesellschaften – mit viertägiger Ankündigung – eine GV mit Fernteilnahme durchzuführen.

Die Sondervorschriften gemäss COVID-19-Verordnung 2 beziehen sich auf Versammlungen sämtlicher Gesellschaften. Als Gesellschaften gelten neben den Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften und GmbH auch die Kollektiv- und Kommanditgesellschaften, Vereine und Genossenschaften (vgl. FAQ BJ). Als Versammlung im Sinne von Art. 6a COVID-19-Verordnung gilt etwa auch die Delegiertenversammlungen einer Genossenschaft.

Art. 6a COVID-19-Verordnung 2 (Stand 28. März 2020)

1 Bei Versammlungen von Gesellschaften kann der Veranstalter ungeachtet der voraussichtlichen Anzahl Teilnehmerinnen und Teilnehmer und ohne Einhaltung der Einladungsfrist anordnen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Rechte ausschliesslich ausüben können:

  • auf schriftlichem Weg oder in elektronischer Form; oder 
  • durch einen vom Veranstalter bezeichneten unabhängigen Stimmrechtsvertreter.

2 Der Veranstalter entscheidet während der Frist gemäss Artikel 12 Absatz 6. Die Anordnung muss spätestens vier Tage vor der Veranstaltung schriftlich mitgeteilt oder elektronisch veröffentlicht werden. 

Welcher Handlungsspielraum besteht nun für die Unternehmen?

Ankündigung

Die Ankündigung muss vier Tage im Voraus erfolgen und darin muss zudem beschrieben werden, wie die Aktionäre ihre Rechte ausüben können (allenfalls technische Anleitung). Die Ankündigung kann per Post oder auch elektronisch erfolgen.

Rechtliche Umsetzung

Der schriftliche Weg birgt am wenigsten Flexibilität, wobei sich auch hier die Frage stellt, ob man noch elektronische Elemente verwenden möchte. Um trotz schriftlicher Abstimmung eine Diskussion zu ermöglichen, könnte die Gesellschaft zusätzlich eine Videokonferenz durchführen.

Die elektronische Durchführung bietet die Möglichkeit einer unmittelbaren Durchführung. Eine komplett digitale Generalversammlung birgt jedoch auch einige technische und rechtliche Herausforderungen.

  • Die Technik darf nicht zu kompliziert sein. Es müssen auch weniger technikaffine Aktionäre in der Lage sein. Eine komplexe Technik darf die Teilnahme nicht verhindern.
  • Es sind, wenn immer möglich alternative Möglichkeiten parallel umzusetzen. Also z.B. Vollmachtserteilung an einen Stimmrechtsvertreter (mit Instruktionsmöglichkeit), zugleich Teilnahme per Videokonferenz und per Telefonkonferenz.
  • Es ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Abstimmung über einen Stimmrechtsvertreter zu erfolgen hat.
  • Es gilt eine Identifikation und Kontrolle der Teilnehmer (Abgleich mit Aktionärsbuch) vorzunehmen. Wie bei der physischen Generalversammlung ist sicherzustellen, dass nur zur Teilnahme berechtigte Personen digital anwesend sind und vor allem abstimmen können.
  • Das Quorum ist sicherzustellen: es ist im Protokoll zu dokumentieren, wer auf welchem Weg teilgenommen hat und ob (und wann) Berechtigte allenfalls aus der Versammlung ausgeschieden sind.
  • Die elektronisch durchgeführte Abstimmung, muss die korrekte Auswertung aller Ja/Nein – Stimmen sowie die Enthaltungen erfassen.
  • Die Teilnehmer müssen vorweg über die Unterlagen verfügen, die für eine Entscheidungsfindung erforderlich sind.
  • Die Durchführungsmodalitäten müssen vorweg detailliert in einem formellen (Zirkular-)-Beschluss des VR/Vorstands beschlossen werden, und die von den Statuten abweichenden Modalitäten der Durchführung der Versammlung (wie auch der Einladung dazu) müssen im Protokoll im Einzelnen und unter Bezugnahme auf die COVID19-Verordnung 2/16.03.2020 festgehalten werden.
  • Die von den Statuten abweichenden Durchführungsmöglichkeiten sollen nur schonend eingesetzt werden und mit dem Ziel, den Minimalbetrieb aufrecht zu erhalten. Die Mitwirkungsrechte der Berechtigten dürfen nicht unbillig beschnitten werden. Die Verordnung erlaubt lediglich die Durchführung anzupassen, nicht jedoch eine Änderung der Traktanden.
  • Müssen einzelne Beschlüsse beurkundet werden, ist das Vorgehen vorgängig mit dem zuständigen Notar zu besprechen (BIG arbeitet bereits mit verschiedenen Notaren zusammen).

Welche Anforderungen muss ein Unternehmen für eine teilweise oder komplett digitale Generalversammlung überprüfen?

Da im Moment zeitlich nicht genau absehbar ist, wann GV’s wieder auf dem herkömmlichen Weg durchgeführt werden können, lohnt es sich für Gesellschaften eine elektronische Durchführung selber oder mit Unterstützung von qualifizierten Service Partner zu überprüfen.

Zusammengefasst gilt es folgende Anforderungen oder Funktionen digital umzusetzen:

  • Einladung zur GV (Teilnahme & rechtliche Informationen, GV-Dokumente)
  • Optional: Online-Zugang zu allen Dokumenten (vor, während und nach der GV)
  • Sicherer Video-Zugang mit Validierung und Protokollierung der GV sowie Anwesenheit der Teilnehmer
  • Video basierende Durchführung der GV (Präsentationen und Diskussionen)
  • E-Voting Funktionalitäten (basierend auf dem Aktienregister inkl. Stimmrechtsvertreter)
  • Protokollierung der Abstimmungsresultate, Videoaufnahmen zur Verfügung stellen (für Unternehmen selbst, Notar, Aktionäre,..)
  • Auswertung der Abstimmungsergebnisse und Erstellung Reporting für Aktionäre, Notar oder weitere Stakeholder
  • Unterstützung beim Versand der personalisierten Einladungen an die Aktionäre unter Berücksichtigung der rechtlichen Voraussetzungen wie z.B. Fristen und Form
  • Moderation und 1:1 Begleitung der Videokonferenz sowie der anschliessenden Q&A-Runde
  • Technischer Moderator, der sich lediglich um die Technik kümmert, die Fragen ordnet und die Abstimmung überwacht.

Die Umsetzung sollte jeweils auf die grösse der Gesellschaft, die Anzahl der Eigentümer sowie die zu fassenden Beschlüsse angepasst werden.

Yves Gogniat ist Experte für Informations- und Technologierecht mit den Schwerpunkten Datenschutz und IT-, Vertrags- und Gesellschaftsrecht. Er verfügt über ein breites Wissen in den Bereichen Blockchain-Technologie, Krypto-Währungen und hat seine Erfahrungen in verschiedenen Kanzleien sowie in der öffentlichen Verwaltung gesammelt.

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