Altersdiversität als entscheidender Erfolgsfaktor für Digitalisierung und Innovation

Die digitale Revolution: Wie Altersdiversität Unternehmen voranbringt

Altersdiversität wird in einer sich schnell wandelnden digitalen Welt immer deutlicher von Bedeutung. Erfahrene Mitarbeitende bringen wertvolles Wissen und Verständnis für betriebliche Abläufe ein, während junge Talente mit ihrer Innovationsfreude die Zukunft gestalten.

Die Integration von digitalen Technologien erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Generationen. Unternehmen, die diese Triade erfolgreich miteinander verbinden, können von den Vorteilen einer vielfältigen Belegschaft profitieren und sich optimal auf die Herausforderungen der digitalen Zukunft vorbereiten.

Digitalisierung und vermeintliche Generationskonflikte: Warum Altersdiversität zum Erfolgsfaktor wird

Die rasante Dynamik und Ausbreitung digitaler Technologien verändern die Formen, wie Menschen miteinander kommunizieren, kooperieren und lernen. Ebenso unterschiedlich wie die neuen Technologien sind dabei auch die Ausgangsvoraussetzungen der Arbeitnehmenden in dieser dynamischen Entwicklung. In meinem Buch »Du bist mehr als eine Zahl« warf ich ein Schlaglicht auf einen besonders polarisierenden Faktor in dieser Gleichung: das Alter.

Auf der einen Seite sind Digital Natives mit Smartphone, Instagram und Co. aufgewachsen und navigieren scheinbar mühelos in der digitalen Welt. Auf der anderen Seite scheinen ältere Mitarbeitende vor einer steileren Lernkurve zu stehen – tragen jedoch enormes Wissen für betriebliche Abläufe und können somit oft gut einschätzen, welche Technologien für welche Anwendungsszenarien geeignet sind. Sprich: Die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung treffen auf eine ebenso vielfältige Belegschaft. Dieses Spannungsfeld auszubalancieren und eine Brücke zwischen Innovation und Erfahrung zu schlagen, ist eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre.

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Neue Formate sorgen für Innovationskraft

Helfen können dabei neue Lernformate, wie das sogenannte Reverse Mentoring. Ich erinnere mich selbst noch gut an den Tag, an dem ich auf dieses Modell gestoßen bin. Ich hatte einen Lunch-Termin mit einer erfahrenen Führungskraft. Beim Nachtisch rückte mein Gegenüber mit der Frage raus: »Ich möchte dein Mentee sein.« Ich war zuerst verwundert – ich kannte Mentoring-Programme vor allem aus der klassischen Alt-coacht-Jung-Variante – habe mich anschließend aber immer intensiver mit diesem Modell auseinandergesetzt.

Und gerade im Bereich der Digitalisierung liegen die Vorteile auf der Hand. Reverse-Mentoring-Programme stellen den klassischen Prozess »Alt-coacht-Jung« auf den Kopf und hebeln so das Senioritätsprinzip aus. Die Jüngeren müssen sich nicht vor dem Erfahrungsschatz der Älteren verstecken, die Älteren nicht zwangsläufig die Rolle des Chefs spielen. Und die Einbahnstraße beim Lernen wird aufgelöst. Erfahrene Mitarbeitende können – am konkreten Beispiel der Digitalisierung – ihr Wissen über neue Netzwerke oder Technologien erweitern, jüngere Mitarbeitende sind in der Lage, mehr über die Unternehmensprozesse, in die sie eingebettet sind, zu erfahren.

Empathie wird zum wichtigsten Soft-Skill

Vorreiter des Reverse Mentoring ist der US-amerikanische Manager Jack Welch. Bereits Ende der 1990er-Jahre forderte er 500 Top-Führungskräfte auf, sich jüngere Mentor*innen im Unternehmen zu suchen – er selbst machte den Anfang. Wohl auch, weil er über sich selbst sagte: »I was afraid of the internet… because I couldn’t type«. Welch steht dabei stellvertretend für viele Menschen, die im Berufsleben von Ängsten begleitet werden. Und genau diese Ängste kulminieren oft bei Digitalisierungsprojekten in vermeintlichen Generationenkonflikten.

Junge Menschen haben Angst, dass sie mit Ihren Ideen ausgebremst werden, weil erfahrenere Mitarbeitende vermeintlich das größere Wissen über das Unternehmen tragen. Und Ältere haben bisweilen das Gefühl, in Zeiten von Innovation und Technologiesprüngen nicht mehr mithalten zu können. Doch erfolgreiche Digitalisierungsprojekte sind nur dann möglich, wenn beide Seiten ihr Wissen – ohne Angst vor Zurückweisung – teilen können. Aus meiner Erfahrung ist vor allem gemeinsame Projektarbeit ein entscheidender Faktor.

Der Innovationsberater Ferdinand Walther bringt in meinem Buch die Vorteile von altersdiversen Projektteams auf den Punkt: »Stärken und Schwächen sind idealerweise komplementär verteilt und gleichen sich in Kombination aus. Die Souveränität der Alten trifft auf den Mut und die Veränderungsbereitschaft der Jungen. Domainexpertise und bestehende Arbeitsprozesse werden hinterfragt und mit kreativen neuen Vorgehensweisen angereichert.« Durch diese gemeinsame Projektarbeit entstehen nicht nur bessere Produkte, sondern auch gemeinsame Arbeitswelten, in denen automatisch Empathie für die Herausforderungen des Gegenübers entsteht.

Wissenstransfer wird durch Altersdiversität gestärkt

Wissenstransfer findet oft primär im On- und Offboarding statt, selten aber entlang der gesamten Employer Lifecycle Journey. Spätestens, wenn bis 2036 die knapp 13 Millionen Babyboomer in Rente gehen, wird dieses Modell aber an seine Grenzen stoßen. Ein gut geplantes Generationenmanagement im Unternehmen hilft aber enorm, um den vermutlich größten Wissenstransfer der letzten Jahrhunderte zu meistern. Denn: Je weniger sich Unternehmen für das Wissen ihrer älteren Mitarbeitenden interessieren, desto weniger interessieren sich die älteren Mitarbeitenden für den Wissenstransfer innerhalb des Unternehmens. Unternehmen tun also gut daran, alle Generationen wertzuschätzen und das Thema Wissenstransfer nicht erst dann anzugehen, wenn Mitarbeitende das Unternehmen verlassen.  Gerade in Digitalisierungsprojekten, in denen einzelne Programmierer*innen oder Product Owner*innen viel Wissen tragen, ist dieser Punkt besonders wichtig.

Altersdiversität erhöht Mitarbeitendenbindung

Am Fachkräftemangel – gerade in Bereichen wie Softwareentwicklung – kommt heutzutage kaum ein Unternehmen mehr vorbei. Und damit ist nicht nur der klassische »War for Talents« gemeint, sondern auch der Umgang mit älteren Mitarbeitenden, die ebenso wertgeschätzt werden wollen. Durch einen engen Austausch der Generationen, der optimalerweise auch durch HR-Abteilungen begleitet wird, entsteht eine engere Bindung zum Unternehmen – junge Mitarbeitende kommen frühzeitig in Kontakt mit erfahrenen (Führungs-)kräften und bauen ihr Netzwerk aus; die erfahrenen Mitarbeitenden werden aktiv in die Gestaltung von Digitalisierungsprojekten einbezogen und halten so eine steile Lernkurve. Wenn sich dann noch Selbstwirksamkeit einstellt, also die Mitarbeitenden selbst merken, dass Projekte besser laufen, profitiert auch das Klima im Unternehmen. Während bei Firmenfeiern und Lunch-Events sonst normalerweise Generationen unter sich bleiben, durchmischen sich so automatisch die Gruppen.

Die Zukunft ist Jung UND Alt

Generationsübergreifende Zusammenarbeit muss deshalb angesichts des demografischen Wandels ausgebaut werden. Sie bietet in einer globalisierten und digitalisierten Welt eine große Chance. Denn: Die Zukunft ist Jung UND Alt. Weil wir nur zusammen und auf Basis gegenseitiger Wertschätzung und gegenseitigem Vertrauen zukünftige Um-,  Auf- und Durchbrüche zum Wohle aller gestalten können.

DR. IRÈNE KILUBI hat als promovierte Wirtschaftsingenieurin und Unternehmensberaterin in ihrer Vita Unternehmen wie BMW, Deloitte, Amazon & Co auf der Liste. Nach vielen Stationen folgt sie jetzt ihrer ganz persönlichen Leidenschaft und ist mit den Themen Community Building, Corporate Influencer und Connecting GenXYZ unterwegs. Darüber hinaus ist sie als Expert Advisor für den European Innovation Council Accelerator der Europäischen Kommission tätig. Dr. Irène Kilubi ist Universitätsdozentin für Digitales Marketing und Entrepreneurship und eine gefragte Referentin auf Konferenzen und Veranstaltungen. Mein Buch »Du bist mehr als eine Zahl. Warum das Alter keine Rolle spielt.« erschien am 29. Februar im Murmann Verlag und kann hier bestellt werden.

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