ADKAR-Framework – Veränderungen in Digitalisierungsprojekten meistern

Eine kurze Einführung in die ADKAR-Methodik

Wie kann man das ADKAR Framework nutzen, um besser den Veränderungsprozess voranzutreiben? Hier gibt es eine Einführung inkl. Tipps aus der Praxis.

Der Mensch ist der wichtigste Erfolgsfaktor in Digitalisierungsprojekten. Nicht die Technologie, nicht die eingesetzten und erhobenen Daten und auch keine Roboter. Es sind die Menschen, die darüber entscheiden, ob eine Software weiter eingesetzt wird oder nicht. Es sind Menschen, die Roboter programmieren, die Daten aufbereiten und analysieren, die bestimmte Technologien entwickeln und über ihren Einsatz entscheiden.

Wie kann man also beeinflussen, dass Menschen sich für oder gegen einen Veränderungsprozess einsetzen? Dieser Frage geht der vorliegende Artikel auf den Grund, um dann ein Framework vorzustellen, das Ihre Veränderungsprozesse unterstützen kann.

Gründe für das Scheitern von Digitalisierungsprojekten

Warum scheitern so viele Digitalisierungsprojekte und manche scheinen einfach von der Hand zu gehen?

Ich habe mich in meiner Karriere als Unternehmens- und Digitalisierungsberater oft gefragt, warum manche Projekte einfacher schienen als andere. Gerade zu Beginn meiner Selbständigkeit war ein Unsicherheitsfaktor vorhanden, bei dem ich nicht genau wusste, ob das Projekt nun erfolgreich werden würde oder ob nicht. Dieser Unsicherheitsfaktor war dem Fakt geschuldet, dass ich oft nicht vorhersagen konnte, ob die Mitarbeiter meiner Kunden die neue Softwarelösung oder einen neuen Prozess annehmen würde oder nicht.

Dabei spielte es keine Rolle, wie früh ich die Mitarbeiter „abholte“. Irgendwann musste ich die Lösung vorstellen und während der Vorbereitungen dafür, war ich zunehmend gestresst, da ich nichts falsch machen wollte und mich krampfhaft versucht habe, perfekt vorzubereiten.

In den meisten Fällen ging das auch gut und das Projekt wurde ein Erfolg. Sonst wäre ich auch nicht dort, wo ich heute bin. Aber ein paar Projekte gingen auch schief. Das muss ich heute zugeben, und das fällt mir nicht leicht.

Bei einer meiner schonungslosen Analysen wurde mir klar, dass ich auch Anwender war. Ich war auch Kunde, nutzte neue Software, neue Apps, neue Prozesse. Und ich kam damit manchmal besser klar, manchmal nicht so gut. Das lag daran, dass einige Lösungen mich direkt ansprachen und ein gutes Gefühl in mir erzeugten, ob ich es wollte oder nicht.

Woran hat es gelegen?

Dann machte ich mir klar, dass der Erfolg eines Digitalisierungsprojektes nicht unbedingt nur bei mir lag. Ich musste unbedingt verstehen, was die Anwender, die Mitarbeiter, die Projektbeteiligten und alle anderen Stakeholder wollten und sich wünschten. Nur dann könnte ich in der Lage sein, regelmäßig und absichtlich erfolgreich Digitalisierungsprojekte durchzuführen. Seitdem beschäftige ich mich intensiv mit psychologischen Mechaniken, die erklärten, wie Menschen in Veränderungsprozessen funktionierten. (passend dazu: Digitalisierungsprojekt Droht Zu Scheitern? – 5 Einfache Schritte Für Einen Turnaround)

Auf dem Weg sind mir mehrere Frameworks begegnet. Eines davon schien mir weitestgehend unbekannt, aber sehr interessant zu sein: das ADKAR-Framework von Jeffrey M. Hiatt (link to Google Books) .

Das ADKAR-Framework kurz erklärt

ADKAR ist eine Abkürzung und steht für:

  • A = Awareness
  • D = Desire
  • K = Knowledge
  • A = Ability
  • R = Reinforcement

Das Modell zielt darauf ab, den Zugang zu Veränderungen zu ermöglichen. Im Folgenden möchte ich kurz die einzelnen Schritte erklären, die dazu nötig sind, Veränderungen zu erklären und sie mit den Menschen gemeinsam umzusetzen.

Awareness = Bewusstsein

Der erste Schritt zielt darauf ab, das Bewusstsein für die anstehende Veränderung zu schaffen. Damit ist diese Phase jedoch nicht beendet. Sie ist erst dann vollständig, wenn die beteiligten Menschen verstehen, warum die Veränderung geschehen muss und welcher Nutzen sich daraus ergibt. Zudem wird verständlich gemacht, welche Auswirkungen es hat, wenn diese Veränderung nicht stattfindet.

Desire = Wunsch

Der zweite Schritt wird dadurch gekennzeichnet, dass sie die Motivation einer Person behandelt, die wiederum darüber entscheidet, ob diese Person die Veränderung annimmt und vorantreibt. Dabei sind vor allem die persönliche Situation des Mitarbeiters und der persönliche Nutzen ausschlaggebend. Auch organisatorische und kulturelle Aspekte spielen eine Rolle, ebenso wie die intrinsischen Motivationsfaktoren der Betroffenen.

Knowledge = Wissen

Aufbauend auf den ersten beiden Schritten, klärt dieser Schritt die Frage, „wie“ die Umsetzung der Veränderung gestaltet werden kann. Dafür muss verstanden werden, welche Fähigkeiten die durch die Veränderung betroffenen Personen mitbringen und welche Art von Veränderung auf organisatorischer und prozessualer Ebene stattfindet. Die entstehende Wissenslücke muss identifiziert werden und durch Schulungen und Aufklärung proaktiv behandelt werden. Dabei spielt die Fähigkeit, wie die Mitarbeiter zu schulen sind, eine wichtige Rolle. Hat man diese Fragen geklärt, muss man nur noch den Zugang zu diesem Wissen schaffen.

Ability = Können

Um das angeeignete Wissen bestmöglich verfügbar zu machen, muss die Person oder beteiligte Personengruppe, auch Stakeholder genannt, befähigt werden. Dabei spielen alle Faktoren eine Rolle, die eine Umsetzung von Veränderungen verhindern könnten. Dazu zählen psychologische, physiologische und intellektuelle Faktoren, sowie verfügbare Ressourcen, insbesondere verfügbare Zeit.

Reinforcement = Verankerung

Die vorigen Schritte haben die Faktoren beschrieben, die dazu nötig sind, um Menschen zu befähigen, an Veränderungsprozessen teilzuhaben und nicht abgehängt zu werden. Doch das allein hilft nicht. Es ist ein bisschen wie Fahrradfahren. Nur weil man weiß, dass Fahrradfahren einen schneller ans ersehnte Ziel bringt, dass es die Schwerkraft gibt, wie man in die Pedale zu treten hat und so weiter, bedeutet noch lange nicht, dass man sich von nun an auch öfter mit dem Fahrrad fortbewegt. Man muss sich auch die Zeit dazu nehmen, zu üben und immer wieder die Bewegungsabläufe durchzuführen, bis man sich nicht mehr erinnert, welche Fehler zum Scheitern führen könnten. Die letzte Phase beschreibt somit alles, was dazu führt, dass der Veränderungsprozess besser und schneller verankert werden kann. Dafür sind Faktoren zu beachten, wie z. B. Belohnungssysteme, das Fehlen von Sanktionen, das Fördern von Ansehen und das Herausstellen vom höheren Zweck einer solchen Veränderung.

Fazit zum ADKAR Framework

Natürlich ist ADKAR nicht das einzige Modell, welches Veränderungsprozessen in komplexen Digitalisierungsprojekten Transparenz und Struktur schenkt. Es lässt sich auch mit anderen Modellen kombinieren, wie z. B. dem 8-Stufen-Modell von J. P. Kotter. Und es lässt sich mit anderen Methoden vergleichen, wie bspw. dem 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin.

Am besten ist es immer, auch die eigenen Stärken und Vorlieben des Change-Managers mit einzubeziehen. Denn nur dann, wenn das Werkzeug zum Bewusstsein, zu den Wünschen, dem Vorwissen und dem Können passt, wird sie oder er es weiter benutzen und dadurch so sicher im Umgang mit dem Werkzeug werden, dass die Anwendung immer perfekter und die Ergebnisse immer planbarer und besser werden.

Francesco ist seit 2011 Unternehmer und Unternehmensberater und hat schon Prozesse digitalisiert, als die Digitalisierung noch einen Exotenstatus hatte. Für ihn sind die Menschen und die Simplifizierung Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung. Seine Spezialität liegt in der Digitalisierung der Auftragsmanagementprozesse für dezentral organisierte Service-Unternehmen.

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