Unter diesen Umständen rate ich dringend von der Digitalisierung ab (was Ihr Berater Ihnen nicht sagt)

Wann Sie anfangen sollten mit der Digitalisierung Ihrer Geschäftsprozesse, und wann nicht. Eine Übersicht der wichtigsten Voraussetzungen und 11 Bonus-Hinweisen.

Die Digitalisierung birgt Risiken. Wenn Sie diese nicht kennen oder im Griff haben, rate ich dringend davon ab, die Digitale Transformation anzugehen.

Wenn Sie sich dafür entscheiden, Ihr Unternehmen zu digitalisieren oder einen Großteil Ihrer Geschäftsprozesse auf digitalen Wegen abzuwickeln, sollten Sie sich bewusst sein, dass es Risiken gibt. Auch wenn Ihr Berater Ihnen vielleicht nicht sagen wird, welche Risiken es gibt, müssen Sie diese kennen und abwägen, ob die Risiken den Nutzen überwiegen.

Passend dazu: Leitfaden Digitalisierung für Entscheider – Mehr Klarheit in der Praxis

Vor allem aber müssen Sie sich im Klaren darüber sein, dass die Digitale Transformation vom ersten Digitalisierungsprojekt an a) fast nicht mehr gestoppt werden kann und b) eine Menge an Ressourcen verschlingen wird.

Noch mal: die Digitale Transformation ist keine Evolution, sondern eine Revolution.

1. Die Risiken bei der Digitalisierung (was Ihnen Ihr Berater nicht sagt)

a) Sicherheitsrisiken

Die Digitalisierung bringt einige neue Sicherheitsrisiken mit sich. Zum einen ist das Internet anfällig für Hackerangriffe und Viren. Wenn Firmen ihre Geschäftsprozesse online abwickeln, können sie leicht Opfer von Cyber-Kriminalität werden. Zum anderen sind die Daten, die online gespeichert werden, oft nicht so sicher, wie man denkt. Immer wieder kommt es vor, dass Webseiten, persönliche Daten von Nutzern, Kunden oder Lieferanten gestohlen oder gehackt werden.

b) Kostenrisiken

Die Digitalisierung ist oft mit hohen Kosten verbunden. Organisationen müssen in teure Hardware und Software investieren, um ihre Geschäftsprozesse digital abzuwickeln. Oft sind auch externe Dienstleister nötig, um die Umstellung zu bewerkstelligen. All diese Kosten können sich im Laufe der Zeit summieren und zu einer Belastung werden.

c) Risiko der Abhängigkeit der IT-Infrastruktur

Mit zunehmender Digitalisierung steigt auch die Abhängigkeit der eingesetzten Technologie. Kann man leider nicht ändern. Nur managen. Wenn etwas mit der Hardware oder Software nicht funktioniert, kann das gesamte Geschäft lahmgelegt werden. Selbst ein einfacher Ausfall des Internets selbst kann dramatische Folgen haben und zu Umsatzausfällen oder Liquiditätsrisiken führen.

d) Risiko der zu langsamen Adaption

Die Digitalisierung hat vor allem Auswirkungen auf die Arbeitsweise von Menschen. Keine Transformation kommt ohne den Bedarf an Veränderung aus. Bei einer grundlegenden Transformation, wie der Digitalen Transformation, betrifft die Veränderung alle Beteiligten, vom Management bis zur Sachbearbeitung. Eine zu langsame Adaption, oder noch schlimmer, eine nicht vorhandene Change-Management-Strategie und Implementierung hat zwangsläufig fatale Auswirkungen.

2. Wann Sie nicht digitalisieren sollten

In den meisten Artikeln geht es darum, wie wichtig die Digitalisierung ist und warum Sie unbedingt digitalisieren müssen. Aber es gibt eine Frage, die ebenso wichtig ist: Wann sollten Sie nicht digitalisieren?

Ich möchte eine kleine Sammlung an Punkten mitgeben, die es zu überprüfen gilt. Wenn nur einer der Punkte nicht erfüllt ist, laufen Sie Gefahr, Ihre Unternehmung einem unnötigen Risiko auszusetzen.

a) Wenn Sie kein klares Ziel vor Augen haben

Bevor Sie mit der Digitalisierung Ihrer Geschäftsprozesse beginnen, sollten Sie sich zunächst einmal überlegen, welches Ziel Sie damit verfolgen möchten. Stellen Sie sicher, dass Sie ein klares Bild davon haben, was Sie erreichen wollen, bevor Sie mit der Umsetzung beginnen. Andernfalls werden Sie am Ende möglicherweise enttäuscht sein, weil Sie Ihr ursprüngliches Ziel nicht erreicht haben. Kleiner Praxistipp: das eigentliche Ziel wird nie zu 100% erreicht werden. Es ist ok, wenn nicht gleich zu Beginn, in der Regel der Go Live, alle Funktionen da sind. Es ist nur wichtig, dass das Zielbild nie aus den Augen verloren wird und dass man es nur behutsam anpasst. Sie sollten sich lieber mehr Zeit für die Planung nehmen und ein ordentliches Zielbild erarbeiten. Hauptfrage: was soll sich denn nach dem Digitalisierungsprojekt konkret verbessert haben?

b) Wenn es keine klare ROI-Strategie gibt

Ebenso wichtig wie ein klares Ziel ist es, klar definierte Kennzahlen zur Messung des Return on Investment (ROI) zu entwickeln. Stellen Sie sicher, dass Sie genau wissen, wie Sie den Erfolg Ihrer Digitalisierungsmaßnahmen messen wollen, bevor Sie mit den Investitionen beginnen. Andernfalls könnte es schwierig sein, den Erfolg Ihrer Bemühungen nachzuweisen.

c) Wenn Ihr Team nicht an Bord ist

Digitalisierung ist kein Ein-Mann-Job – es ist eine kollektive Team-Leistung. Bevor Sie mit der Digitalisierung Ihrer Prozesse und Strukturen beginnen, stellen Sie sicher, dass Ihr Team auch bereit ist, den Sprung zu machen. Wenn Sie das nicht schaffen, werden Sie erhebliche Probleme bei der Digitalisierung erfahren, bis hin zum kompletten Projektabbruch. Sprechen Sie mit Ihrem Team und stellen Sie sicher, dass alle an Bord sind und bereit sind, die Veränderungen mitzumachen.

d) Wenn es keine klare Führungsvision gibt

Wie bei jeder anderen Veränderung ist es auch bei der Digitalisierung von entscheidender Bedeutung, dass es eine klare Führungsvision gibt. Bevor Sie mit der Digitalisierung beginnen, stellen Sie sicher, dass jeder in Ihrer Organisation weiß, warum Sie es tun und was das Ziel ist. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Digitalisierungsmaßnahmen im Sande verlaufen. Stellen Sie außerdem sicher, dass Sie auch die verschiedenen Management-Ebenen dazu befähigen, ihren Mitarbeitern ein gutes Vorbild zu sein.

e) Wenn die Infrastruktur nicht stimmt

Bevor Sie mit der Digitalisierung beginnen, stellen Sie sicher, dass die technische Infrastruktur Ihres Unternehmens bereit ist für die neue Ära. Wenn nicht, könnten die Digitalisierungsmaßnahmen behindert werden und am Ende womöglich sogar scheitern. Arbeiten Sie mit Ihrem IT-Team zusammen und stellen Sie sicher, dass alle Systeme bereit sind für die Veränderungen. Ich habe Organisationen gesehen, vor allem zu Beginn der Corona-Pandemie, die die IT-Infrastruktur haben verkümmern lassen. Somit waren diese Unternehmungen, überigens alle aus dem Bereich der sogenannten Kritischen Infrastruktur (zB Baufirmen, Stadtwerke, Netzbetreiber, etc.), nicht nur erheblichen Cyber-Risiken ausgesetzt, sondern wiesen auch einen erheblichen Investitionsstau auf.

3. Digitalisierungsprojekt oder Digitale Transformation?

Der Hauptunterschied zwischen der Digitalisierung und der Digitalen Transformation ist deren zeitlicher und inhaltlicher Fokus.

Die Digitalisierung verfolgt im ersten Schritt das Ziel, analog und dezentral gespeicherte Informationen digital verfügbar zu machen. Im Englischen gibt es dazu den Begriff „Digitization“.

Im zweiten Schritt findet die eigentliche Digitalisierung statt, nämlich die zentrale Aufbereitung der Daten (Stichwort Big Data) und deren intelligente Verknüpfung. Hier kommen wir dann in den Bereich von Process Mining und Process Automation. Lassen Sie sich von den ganzen Begriffen nicht verunsichern. Alle kochen nur mit Wasser und wenn man es Schritt für Schritt angeht und den richtigen Experten an der Hand hat, geht alles plötzlich ganz einfach.

Die Digitalisierung ist somit auf kurz- bis mittelfristige Umsetzung ausgelegt und verbessert die Effizienz des operativen Tagesgeschäfts.

Die Digitale Transformation hingegen ist eher eine Kulturveränderung als ein technologischer Wandel. Hier ist der zeitliche Fokus langfristig angelegt. Inhaltlich beschäftigen Sie sich mit neuen digitalen Geschäftsmodellen, neuen Organisationsmöglichkeiten und vor allem mit der Verankerung des Digitalisierungsgedankens (Stichwort: Always-On-Mentalität) in der Unternehmensstrategie (ja, es gibt keine Digitalisierungsstrategie im eigentlichen Sinne).

Die Digitale Transformation lässt sich somit kaum mehr umkehren oder “abschalten” und sie ist dafür da, die Zukunft zu beschreiben und zu gestalten. Dazu kommt, das ist die Natur der Sache, eine gehörige Portion Unsicherheit, mit der Sie dann zu kämpfen haben.

Daraus folgt: Es benötigt weit mehr Zeit, Ressourcen und externe Unterstützung die Digitale Transformation voranzutreiben als ein Digitalisierungsprojekt durchzuführen.

4. Die richtigen Voraussetzungen für die Digitalisierung

Es gibt so viele Stellhebel in einer Organisation und keine einheitliche Definition für die Digitalisierung in IHREM Unternehmen. Damit kann es für den oder die Verantwortlichen der Digitalen Transformation schnell überwältigend werden.

Im Wesentlichen bezieht sie die Digitalisierung auf die Verwendung digitaler Technologien, um Geschäftsprozesse zu automatisieren und zu optimieren. Viele erkennen die Vorteile der Digitalisierung und wollen ihre Geschäftsprozesse entsprechend anpassen. Allerdings ist nicht jedes Unternehmen dafür geeignet. Bevor Sie entscheiden, ob Digitalisierung für Ihr Unternehmen sinnvoll ist, sollten Sie einige Punkte beachten. Zuallererst müssen Sie sicherstellen, dass Sie die richtigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Digitalisierung schaffen. Dazu gehört insbesondere ein starkes Fundament in Bezug auf Technologie und Infrastruktur. Wenn Sie nicht über die erforderlichen Ressourcen verfügen, kann die Digitalisierung Ihres Unternehmens schnell fehlschlagen.

Zudem sollten Sie sicherstellen, dass Ihr Team bereit ist, sich auf die neue Technologie einzulassen. Oft ist es hilfreich, externe Experten hinzuzuziehen, um das Projekt erfolgreich umzusetzen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt und Startpunkt jedes Digitalisierungsvorhabens ist die Zielsetzung der Digitalisierung. Die Digitalisierung soll dazu dienen, Kosten zu sparen oder um neue Umsatzquellen zu erschließen. Allerdings sollten Sie sicherstellen, dass Sie auch tatsächlich in der Lage sind, diese Ziele zu erreichen. Wenn Sie beispielsweise vorhaben, neue Märkte zu erschließen, sollten Sie sicherstellen, dass Ihre Organisation und Ihre Kultur auch tatsächlich in der Lage sind, diese Skalierung durchzuhalten. Andernfalls könnte die Digitalisierung mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen. Bevor Sie also entscheiden, ob Digitalisierung für Sie sinnvoll ist, sollten Sie diese Punkte sorgfältig abwägen. Wenn Sie jedoch die richtigen Voraussetzungen erfüllen und realistische Ziele haben, kann die Digitalisierung Ihnen helfen, Ihr Geschäft auf das nächste Level zu bringen.

Exkurs: wenn Sie sich dazu entschließen, zu digitalisieren.

Wenn Sie digitalisieren möchten, hier ein paar kurze Hinweise:

  1. Beziehen Sie in alle Schritte alle Ihre Mitarbeiter mit ein. Wie das gemacht werden kann, beschreibe ich in einem anderen Artikel.
  2. Beantworten Sie sich ehrlich die Frage: “Was soll sich nach der Digitalisierung VERBESSERT haben?”.
  3. Zeichnen Sie ein mitreißendes Bild der Zukunft.
  4. Sorgen Sie für Rückendeckung von der Geschäftsleitung (falls Sie nicht der GL angehören).
  5. Besorgen Sie ausreichend Ressourcen (Menschen, Budget, Know How). Achtung: Viel hilft nicht immer viel.
  6. Erarbeiten Sie einen guten Plan für diese Themen: Change-Management, IT-Security, IT-Infrastruktur, Testmanagement und für das Projekt selbst (Team, Organisation, Zeit- & Meilensteinplanung).
  7. Halten Sie sich an den Plan. Verteidigen Sie ihn so lange es sich lohnt.
  8. Bleiben Sie flexibel. Kann sein, dass Sie sch…lecht geplant haben. Dann muss mutig und radikal justiert werden.
  9. Beziehen Sie in alle Schritte alle Ihre Mitarbeiter mit ein.
  10. Ja, Punkt 9 ist doppelt. Weil es der Wichtigste ist.
  11. Lesen Sie sich alle Punkte noch mal durch, wenn Sie bei Punkt 7 unsicher sind.

5. Fazit: Dann sollten Unternehmen von der Digitalisierung ihre Finger weg lassen

Wenn Sie keine klare Vision davon haben, was sie mit der Digitalisierung erreichen wollen, sollten sie davon Abstand nehmen. Auch wenn es sich um ein großes und komplexes Unterfangen handelt, sollten Sie nur dann digitalisieren, wenn sie sich der Herausforderungen bewusst sind und wissen, was sie tun wollen.

Auf den Computer-Spiel-Packungen (ja, das gab es einmal) standen immer die Mindestvoraussetzungen, um das Spiel ans Laufen zu bringen.

So muss man sich das auch mit der Digitalisierung und der Digitalen Transformation vorstellen.

Francesco ist seit 2011 Unternehmer und Unternehmensberater und hat schon Prozesse digitalisiert, als die Digitalisierung noch einen Exotenstatus hatte. Für ihn sind die Menschen und die Simplifizierung Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung. Seine Spezialität liegt in der Digitalisierung der Auftragsmanagementprozesse für dezentral organisierte Service-Unternehmen.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.

This website uses cookies to improve your experience. We'll assume you're ok with this, but you can opt-out if you wish. Accept Read More