Lernen aus der Krise – 5 Schritte zur digitalen Unternehmensorganisation
Wie Sie die Erfahrung des (erzwungenen) mobilen Arbeitens als Ausgangspunkt für einen nachhaltigen digitalen Wandel im Unternehmen nutzen
Remote Work oder mobiles Arbeiten war in vielen Unternehmen noch nicht möglich, die CORONA Krise zwingt hier zu einem Umdenken. In meinem Beitrag zeige ich auf, wie Unternehmen die Erfahrung aus der Krise nutzen sollten, um sich in 5 Schritten zu einer digitalen Organisation zu entwickeln. Digitalisierung ermöglicht höhere Produktivität, mehr Flexibilität und insgesamt eine größere Widerstandsfähigkeit für neue Krisen.
Viele Unternehmen und ihre Mitarbeiter sind mit der aktuellen Krise schlagartig mit der Umstellung auf Remote Work konfrontiert worden, also mobilem Arbeiten zum Beispiel von zu Hause aus. Die Corona-Krise zwingt alle dazu, Dinge in Windeseile umzusetzen, die früher aus vielen unterschiedlichen Gründen unvorstellbar waren. Schon jetzt ist klar, die Welt wird nach dieser Zäsur eine andere sein, mit massiven kulturellen Veränderungen. Die Art wie wir miteinander Kontakt halten, uns Begrüßen oder miteinander kommunizieren ändert sich sehr deutlich. Ich möchte in meinem Artikel am Beispiel des mobilen Arbeitens aufzeigen, wie Unternehmen aus der Krise lernen und ihre Unternehmensorganisation damit widerstandsfähiger machen.
Index
Die Welt im Experimentierraum zur Digitalisierung
Was wir aktuell erleben ist ein riesiges Experiment zur Beschleunigung des digitalen Wandels. Unser Berufs- und Privatleben hat sich sehr stark in den virtuellen Raum verlagert. Die gute Nachricht ist, es funktioniert! Unsere digitale Infrastruktur in Deutschland scheint trotz enormer Mehrbeanspruchung stabil zu laufen. Viele Mitarbeiter berichten von der Erfahrung des Lebenszeitgewinns, da sie nicht mehr stundenlang pro Woche zur Arbeit oder zum Kunden fahren müssen. Andere wiederum stellen fest, dass sie an einem Tag deutlich produktiver sind, wenn sie den ganzen Tag an ihrem Computer sind und nicht auf Veranstaltungen oder endlosen Meetings viel Zeit verlieren. Inhalte werden online deutlich effizienter konsumiert, virtuelle Meetings – sofern sie gut moderiert sind – erarbeiten die Ergebnisse in deutlich kürzerer Zeit. Selbst der Vertrieb kommt in der virtuellen Welt nicht zum Erliegen, wie der Kollege Tim Cortinovis in seinem Artikel „ihr könnt nicht zum Kunden – 6 Punkte für gute Online-Workshops im Verkauf“ ausführt.
Auf der anderen Seite stellt uns die aktuelle Lock-down Situation auch vor Herausforderungen. Vor allem Eltern können ein Lied davon singen, wenn sie sich die Wohnung mit kleinen Kindern teilen und aktuell Betreuung, Arbeit und Freizeit in den eigenen vier Wänden unter einen Hut bringen müssen. Frau Professor Stock-Homburg von der TU Darmstadt verweist in einer aktuell durchgeführten Studie mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Homeoffice („COFIT4U – Corona Fitness for you“) sogar auf mögliche psychische Probleme, die durch das fehlende beruflich soziale Umfeld und weniger Bewegung ergibt. Als mögliche Folge sieht sie die Gefahr eines zunehmenden „Bore-out“ Effekts mit folgender Depression und Angststörung.
Was können Unternehmen aus der aktuellen Situation lernen?
Für die Unternehmen ergeben sich aus dem aktuellen Experiment zwei wesentliche Erkenntnisse:
- Mobiles Arbeiten funktioniert und kann in vielen Arbeitssituation und bei geeigneten Rahmenbedingungen für eine absolute Motivationssteigerung bei den Mitarbeitern sorgen. Dies führt zu einer höheren Produktivität und einer besseren Arbeitszufriedenheit, also letztendlich zu einer größeren Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber.
- Mobiles Arbeiten ist kein Mittel zum Zweck, sondern muss vernünftig, in die Organisationskultur des Unternehmens eingebunden werden. Dann lassen sich damit sogar Kosten sparen, da in Summe weniger Geschäftsreisen und Büroflächen benötigt werden.
Die Frage ist nun, wie gehen wir nach der CORONA-Krise mit den Erkenntnissen aus dem Experiment um? Viele Unternehmen könnten reflexartig wieder in alte Muster verfallen, sozusagen aus der Freude, die alten Gewohnheiten wieder aufleben zu lassen. Auf der anderen Seite führen mit jedem weiteren Tag des mobilen Arbeitens die Erfahrungen vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu, dass diese künftig nicht mehr auf die Vorteile verzichten wollen.
Davon ausgehend, dass es in Zukunft eine der wichtigsten Aufgaben für Unternehmen ist, vor allem junge und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Unternehmen zu gewinnen und sie zu binden, können die Entscheidungsträger im Unternehmen diesen Aspekt nicht einfach ignorieren. Gleichzeitig werden die Controller im Unternehmen in der Nachkalkulation errechnen, dass der Wegfall sämtlicher Reisekosten und die mögliche Reduzierung fester Arbeitsplätze durch flexible Arbeitskonzepte einen signifikanten Ergebnisbeitrag leisten können.
Den digitalen Wandel Schritt für Schritt im Unternehmen verankern
Wichtig ist es also, sobald die Krise überwunden ist, die Erfahrungen aller Beteiligten zu nutzen, und die Organisationskultur weiter zu entwickeln. Digitale Technologie wird dabei eine sehr wichtige Komponente sein, aber am Ende steht der Mensch im Mittelpunkt der Betrachtung. Diese Zäsur bietet für die Unternehmen eine große Chance hin zum digitalen Unternehmen, wenn die Erkenntnisse für einen fundierten Entwicklungsprozess in Zukunft genutzt werden.
Ich empfehle den Unternehmen folgende konkrete Vorgehensweise, um aus der gemachten Erfahrung die richtigen Schlüsse für die Entwicklung einer modernen Organisationskultur zu ziehen:
- Schritt 1: Veranstalten Sie mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Workshops und schaffen Sie Räume das Erlebte aufzubereiten. Jeder hat seine eigene Sicht auf das Thema mobiles Arbeiten und alle Erlebnisse sind Teil der künftigen Organisationskultur.
- Schritt 2: Schaffen Sie mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Verständnis für den Arbeitsraum der Zukunft. Dieser besteht nicht mehr aus einem Büro mit zwei Schreibtischen, Schränken mit den gedruckten Unterlagen und dem Foto der Kinder neben dem Monitor. Der Arbeitsraum der Zukunft ist an die Arbeitssituation angepasst und kann unter Umständen mehrmals am Tag gewechselt werden. Die Firma Sedus Stoll, einer der Marktführer bei der Entwicklung von Büromöbeln, hat die Arbeitssituationen in vier Cluster unterteilt.
Für die konzentrierte Arbeit oder den notwendigen Zustand der Besinnung/Einkehr ist ein Umfeld, in dem man alleine und nicht abgelenkt ist, essentiell. Umgekehrt machen Kommunikation und Zusammenarbeit nur im Team Sinn. Für welchen Mitarbeiter, welche Arbeitssituation jetzt zum Beispiel im Homeoffice geeignet ist, hängt wiederum vollständig davon ab, welche Arbeitsplatzbedingungen er im Büro und zu Hause vorfindet. Springen zum Beispiel in der 3-Zimmer-Wohnung ab 13 Uhr drei Kinder umher, ist konzentriertes Arbeiten definitiv nicht mehr möglich. Umgekehrt bietet auch das Großraumbüro wenig Raum für manchmal notwendige Entspannung. Beim Thema Zusammenarbeit würde man zunächst die Vorteile des Büroarbeitsplatzes sehen, die lösen sich aber schnell auf, wenn Ihre Mitarbeiter zum Beispiel standortübergreifend in verteilten Teams arbeiten. Hier ist das geübte Arbeiten im virtuellen Raum von immensem Vorteil und trägt unmittelbar zur Wertschöpfung bei.
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Schritt 3: Gestalten Sie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die räumlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen für Arbeit, die an die jeweilige Arbeitssituation angepasst ist. Dazu zählen die Raumgestaltung, die Auswahl der Hard- und Software zur Zusammenarbeit (Gute Beispiele finden sich im Artikel des Kollegen Benjamin Talin: „88+ Tools für Unternehmen, Home Office und Remote Work“. Aber auch die Vermittlung entsprechender Kenntnisse zur Nutzung der physischen und virtuellen Räume. Hier sind viele Mitarbeiter für Schulungen dankbar.
- Schritt 4: Sorgen Sie für eine Begleitung der Führungskräfte, vor allem der Führungskräfte, die sich mit virtueller Zusammenarbeit schwertun. Virtuelles Arbeiten hat viel mit Vertrauen zu tun, gleichzeitig ist die Führung auch gefordert, weil die Arbeit des Einzelnen für alle Kollegen transparent wird.
- Schritt 5: Investieren Sie in die Kommunikation, diese ist ein wesentlicher Bestandteil von Zusammenarbeit, vor allem, wenn sie online stattfindet. Ein Erfolgsfaktor ist das Aufstellen und Einhalten von klaren Kommunikationsregeln. Je mehr unsere Arbeit im virtuellen Raum stattfindet, umso wichtiger wird das gesprochene Wort, meint auch Dr. Stefan Wachtel, Sprechwissenschaftler, hierzu ist der Podcast mit Gabor Steingart hörenswert.
Ausblick: #einfachmachen
Ich bin fest davon überzeugt, dass es vielen Unternehmen gelingen wird, die Zäsur der CORONA-Krise zu nutzen, um sich künftig in der Organisationskultur digitaler, effizienter und mit einem höheren Maß an Arbeitszufriedenheit aufzustellen. Wie wir gesehen haben bedarf es dafür nicht einer jahrelangen strategischen Planung, es kann auch schneller gehen. Dennoch müssen Sie als Unternehmer oder Führungskraft den aktuellen Erfahrungen Zeit und Raum geben, sich in Form eines nachhaltigen digitalen Wandels zu entfalten. Kultur ändert sich nicht schlagartig, sondern langfristig. Als Unternehmer oder Führungskraft kann man die Leitplanken setzen und den Rahmen für eine nachhaltige kulturelle Änderung schaffen, aber nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in eine bestimmte Richtung zwingen.
Meiner Ansicht nach macht es vor allem in solchen komplexen Themen Sinn, sich einer externen Unterstützung zu bedienen. Das kann ein Berater sein, der einem die notwendigen Tools ausbaut und die Mitarbeiter bei der Anwendung unterstützt. Das kann Coaching für die Führungskräfte sein, die zum Teil mit der Führung virtueller Teams noch überfordert sind oder Sie holen sich immer wieder Impulse von anderen Unternehmern, Zukunftsforschern oder Wissenschaftlern in das Unternehmen, um von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Ich selbst habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Workshops an den aktuellen Entwicklungen immer wieder Teilhaben zu lassen und sie damit für weitere Veränderungen zu motivieren.
Die Welt wird sich in Zukunft schneller wandeln. Wie die aktuelle Situation zeigt, vielleicht sogar auch schlagartig. Ich habe am Beispiel des erzwungenen Homeoffice gezeigt, wie man solche Krisen für eine langfristige Veränderung zum Guten nutzen sollte. Je besser Sie Ihre Organisation auf künftige Veränderungen einstellen und diese flexibel halten, desto eher zählen Sie und Ihr Unternehmen zu den Gewinnern der Krise. Ich wünsche Ihnen auf diesem Weg viel Erfolg und alles Gute!
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