Digitale Transformation: Das erwartet den Versicherungsvertrieb im Jahr 2020

Der Vertrieb von Versicherungen wandelt sich Dank digitaler Tools und Kanäle zusehends

Der Versicherungsvertrieb muss sich verändern, um den digitalen Anforderungen der Kunden gerecht zu werden. Während moderne Platzhirsche wie Amazon, Uber oder Tinder das Kundenerlebnis verstehen und zielgerichtet einsetzen, herrscht in der Versicherungsbranche teils ziemlich rückschrittliches Denken vor – besonders im Vertrieb. Doch es gibt auch gute Aussichten.

Die digitale Transformation verändert immer mehr Bereiche unseres täglichen Lebens. Während der Handel sich durch Amazon bereits einer unumkehrbaren und radikalen Neuordnung ausgesetzt sieht,  befinden sich Versicherungs- und Finanzbranche noch ein Stück von den größten Auswirkungen des digitalen Wandels entfernt, die aber auch hier bald eintreten werden: Regionalbanken konkurrieren mit Direktbanken, der Kundenberater mit dem Robo Advisor, Bargeld wird schrittweise obsolet. Bei den Versicherungen geht es im Moment noch gemächlicher zu, auch wenn vielerorts ein blindwütiger Aktionismus herrscht, der ohne Plan und tiefere Reflexion Dinge hervorbringt, die viel Geld kosten und teils unglaublich sinnlos sind.

Es werden und es müssen sich zwangsläufig Dinge innerhalb der Versicherungsbranche verändern. Der erste und wichtigste Schritt ist derweil einer der schwersten: Einsicht. An diesem Thema arbeiten verschiedene Protagonisten sehr intensiv, uns alle eint dabei das Gefühl, der „einsame Rufer in der Wüste“ zu sein, ein Don Quijote mit den Windmühlen. Man kann so viel veröffentlichen, präsentieren und lehren, wie man möchte – der Wandel gelingt nur langsam, weil es dieses eine Mantra gibt, dem sich eine kritische Masse der Versicherungsbranche nach wie vor verschrieben hat: „Das haben wir immer schon so gemacht„.

Digitale Transformation: Das erwartet den Versicherungsvertrieb im Jahr 2020 1Die Zeichen stehen auf digital

Um den Weg erfolgreich weiterzugehen, den einige Versicherer seit weit über 100 Jahren mit ihrer Dienstleistung beschreiten, ist eine Menge Arbeit vonnöten: Es braucht ein viel tieferes Verständnis von Kundenerwartungen (dazu später mehr), vor allem aber Verständnis auf Top-Management-Ebene und in der operativen Ausführung. Verständnis von dem, was man tut, gepaart mit der Einsicht, dass Veränderungen notwendig sind. Es ist leider vielfach bei den Versicherungen noch so, dass Menschen Entscheidungen treffen, deren Reichweite sie nicht überblicken können – weil die Expertise fehlt. Noch sind zu wenige Mitarbeiter aus den Generationen X und Y in relevanten Positionen unterwegs, doch das ändert sich mit jedem Monat. Dabei ist es tatsächlich nicht bloß eine Frage des physischen Alters, ob man digital denken kann, oder nicht.

Fakt ist jedoch: Ein maßgeblicher Teil der Versicherungsbranche denkt nicht digital, sondern denkt nur, digital zu denken. In Wirklichkeit werden wahllos Tools und Prozesse eingekauft, einzelne Bereichs- und Abteilungsleiter glauben den heiligen Gral gefunden zu haben und drücken „ihr Projekt“ durch, ohne dass es auf eine übergreifende Gesamtstrategie einzahlt. Die fehlt vielerorts oder ist auf massive Weise lückenhaft. Wenig hilfreich sind an dieser Stelle auch einige klassische Unternehmensberatungen, die nicht branchenspezifisch arbeiten: Wer die Hybris hat zu glauben, man könne ein Baukastenprinzip vom Automobilsektor oder auch nur von der Bankbranche 1:1 auf Versicherungen umlegen, der wird genauso auf die Nase fallen, wie Xerxes bei den Thermopylen. Nur dass er nicht selbst die Zeche zahlt, sondern die Versicherungen, die Hunderttausende oder gar Millionen Euro in einen gleichermaßen vermeidbaren wie dämlichen Plan investiert haben.

Versicherungen müssen auf ihre Kunden hören

Es ist die Zeit der Spezialisten, nicht der Generalisten. Wenn die Probleme grob sind, kann man grobe Pläne machen. Detailfragen erfordern immer diejenigen Leute, die auch belastbar spitz in ihrer Herangehensweise sind. Hier gibt es zum Glück auch in der Versicherungsbranche Spezialisten, die man z.B. in Münster auf der Hammer Straße oder in Köln an der Aggripinawerft findet. Zudem gilt es mehr denn je, wirklich auf das zu hören, was die Kunden wollen – und dabei nicht auf Annahmen zurückzugreifen, sondern belastbare Beweise selbst einzuholen. Kaum ein Versicherer fragt seine Kunden, was sie für Produkte wollen, man trifft stattdessen Annahmen, weil man das ja immer schon so gemacht hat. Finde den Fehler. Und dann wundert man sich, warum Amazon und Co. ein echtes Kundenerlebnis hinbekommen, wenn man selbst nicht einmal klug genug ist, zu fragen: „Gefällt dir das?“

Für 2020 werden zumindest ein paar Gesellschaften mehr verstehen, was mit den obigen Ausführungen gemeint ist. Es werden dynamische Vorstände wie ein Thomas Bischof, ein Hermann Schrögenauer oder ein Martin Gräfer sein, die anderen den Weg weisen, die noch zögern und zaudern. Abwarten und Tee trinken kann vor 30 Jahren das richtige Motto gewesen sein – in einem Markt, in dem Check24 und demnächst womöglich Amazon die Endkunden mit digital vollständigen Lösungen abholen, bedarf es Entscheidungsstärke, strategischen Denkens und tiefergehendem Verständnis vom dem großen Ganzen, das es im Sinne des Kunden neu zu erschaffen gilt. Vorstände und mittleres Management müssen verstehen, dass man Trends nicht einfach ignorieren kann, ohne dass sich dies rächt; im digitalen Kontext härter denn je. Beratungsqualität und weitere Faktoren des personengebunden Vertriebs digital sichtbar zu machen, wird auch 2020 eine der größten Herausforderungen.

Digitale Transformation: Das erwartet den Versicherungsvertrieb im Jahr 2020 2Reflexion – Zuhören – Strategie entwickeln – Umsetzen

Unabhängig ob nun Vorstand, mittleres Management oder Vertriebsmitarbeiter: Um in jedem dieser Jobs im Jahr 2020 mehr zu erreichen, bedarf es vier einfacher Schritte: Reflexion über das, was bisher war – Analyse der Situation, wie sie ist und warum sie so ist. Dann Informationssammlung und Austausch mit Leuten, die wissen, was funktioniert, was nicht funktioniert und warum das so ist. Nun hat man die Grundlage für eine sinnhafte Strategie, welche im letzten Schritt in die Umsetzung geht. Man glaubt gar nicht, bei wie vielen Versicherungen die Punkte 1 und 2 einfach weggelassen werden und durch Annahmen ersetzt. Am interessantesten ist dabei die Annahme, dass man aus der Vergangenheit stets Rückschlüsse auf die Zukunft ziehen kann. Womit wir wiederum bei Hybris angekommen sind.

Liebe Entscheider auf allen Ebenen: Wiederholen Sie nicht die Fehler der Vergangenheit! Beweisen Sie, dass Sie klüger sind, als noch im Jahr 2019. Ob nun Leiter einer Versicherungsagentur, Führungskraft oder Vorstand: Sie haben eine solide Chance, sich und die Gesellschaft, für die Sie tätig sind, voran zu bringen. Doch bevor Sie damit starten – reflektieren Sie, hören Sie zu, lernen Sie und gehen Sie in den Austausch. Das Ergebnis wird es Ihnen in jedem Fall danken.

Die Vorteile von Digitalisierung und digitaler Transformation in Vertrieb und Marketing der Assekuranz nutzbar zu machen - das ist die Passion von Sebastian Heithoff (*1986). Der selbstständige Unternehmensberater stieg 2007 in die Versicherungsbranche ein und ist seit 2012 digital unterwegs. Mit Heithoff Consulting setzt er auf die Kernbereiche Digital Enablement und Digitale Positionierung.

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