Digital & Digitalisierung – Bedeutung und Abgrenzung

Wie man die Begriffe richtig verwendet und was Digitalisierung und Digital überhaupt bedeuten.

Die elementaren Grundbegriffe zum Themenbereich Digitalisierung werden nachvollziehbar erläutert, so dass
• die überall propagierten Digitalbegriffe aufgeklärt werden können,
• die durch diese entstandene Verwirrung gezielt abgebaut werden kann
• weitere Verunsicherung auf Dauer vermieden werden kann.

Das Adjektiv ‚digital‘ erlebt seit einiger Zeit eine erstaunlich steile Karriere in fast allen Medien sowie auf vielen Gipfeltreffen, bei vielen Konferenzen und Kongressen sowie in Seminaren und Workshops. Das erweckt den Eindruck, es gäbe so etwas Eigenständiges und Wirkmächtiges wie Digitalität, das Prozesse, Geschäftsmodelle, Märkte, Städte, Gesellschaften, Schulbücher, … und das Leben insgesamt durchdringt. Um diesen Eindruck fundiert aufzuklären, muss als erstes die Herkunft des zugrundeliegenden Adjektivs ‚digital‘ und des lateinischen Worts ‚digitus‘ betrachtet werden:

  • In dem hier relevanten Kontext bedeutet ‚digital‘: wert- und zeitdiskret, mit Mindestabstand zu-lässiger Werte.
  • Sinnverwandte Wörter sind: gestuft, quantisiert, ganzzahlig, abzählbar.
  • Setzt man diese sinnverwandten Wörter zu den Substantiven aus den alltäglichen Schlagwort-Tsunamis mit Digitalbegriffen, dann wird sofort ersichtlich, dass und wie weit das Adjektiv ‚digital‘ per Konnotation und Interpretation verzerrt & verdreht wird. Man wird lange rätseln, was sich konkret verbergen mag hinter gestuften, ganzzahligen & abzählbaren Prozessen, Geschäfts-modellen, Märkten, usw.

Das Adjektiv ‚digital‘ muss klar abgegrenzt werden zu seinem Gegenwort ‚analog‘:

  • ‚Analog‘ bedeutet: stufenlos, kontinuierlich, stetig.
  • Sinnverwandte Wörter sind: angelehnt, annähernd
  • Setzt man diese Gegenwörter versuchsweise einmal zu den Substantiven, die derzeit mit ‚digital‘ kombiniert werden, dann wird ein weiteres Mal deutlich, wie weit dieses im Zuge der öffentlichen Darstellungen und Diskussionen verzerrt und überfrachtet wird.

Letztendlich geht es schlicht und einfach darum, ein Objekt von einem stufenlosen und kontinuierlichen (= analogen) in einen gestuften und diskreten (= digitalen) Zustand zu transformieren, wobei der Gehalt dieses Objekts unverändert bleiben muss. Das betreffende Objekt ist im hiesigen Kontext jeweils eine bestimmte Informationsrepräsentation, z.B.

  • ein Fließtext,
  • eine Textnachricht,
  • eine Sprachnachricht,
  • eine Grafik
  • eine Abbildung

zu einer bestimmten Original-Information über einen Sachverhalt, über ein Produktexemplar, über einen Vorfall, o.a. Da der Gehalt der Informationsrepräsentation jeweils unverändert bleiben muss und bleibt, ist es für diese per se nachrangig, ob sie im analogen oder im digitalen Format erstellt wird bzw. vorliegt. So wird z.B. der Inhalt einer Sprachnachricht nicht beeinflusst von dem Umstand, ob sie in analoger Signalform über entsprechende Verbindungen oder in digitaler Signalform über ISDN– oder VoIP-Verbindungen übertragen wird. Anderenfalls würde das weltweite Telefonnetz nicht einfach funktionieren und es würde deswegen wohl kaum so intensiv genutzt werden, wie es tatsächlich geschieht.

Die höhere Bewertung und die bevorzugte Verwendung von digitalen Formaten ergibt sich daraus, dass weitgehend beliebige Informationsrepräsentationen mit Hilfe von software-basierenden Digitalisierungs-automaten, vulgo IT-Systemen, jeweils transformiert werden können in Digitate der Formen Datei oder Datensatz. Diese zahlenmäßige Reduzierung und implizite Standardisierung der Transformationsergebnisse vereinfacht sehr vieles. Das gilt auch, wenn es für beide Basisformen noch etliche verschiedene, aber überschaubar viele Formatausprägungen gibt, die zudem international genormt sind, damit sie in möglichst vielen Bereichen verwendet werden können.

Die beiden Digitatformen Datei oder Datensatz können also die verschiedensten Informationsgehalte neutral aufnehmen, konservieren und transportieren. Generierte Digitate können von geeigneten software-basierenden Digitalisierungsautomaten gespeichert und übermittelt, verarbeitet und verwaltet werden, sodass andere Bearbeiter oder Bedarfsträger, Adressaten oder Interessenten sie mit Hilfe ihrer eigenen Digitalisierungsautomaten suchen und finden sowie heranziehen und weiterverwenden können. Das sind die strukturellen und dauerhaften Rationalisierungseffekte, die sich ergeben durch Einsatz und Nutzung von software-basierenden elektronischen Systemen, vulgo IT-Systemen, und zwar bereits seit der Einführung von Mainframe-Systemen (= Großrechner), jedoch nicht erst, seitdem das marketöse Schlagwort „Digitale Transformation“ lanciert wurde & in überall propagiert wird.

Nach dieser Klärung der Grundlagen wird deutlich, dass heutzutage fast jeder Mensch ein versierter „Digitalisierer“ ist. Auch wenn ihm das nicht bewusst sein mag und nicht bewusst sein muss, transformiert er mithilfe von software-basierenden Digitalisierungsautomaten (PC, Notebook, Smartphone, Digital(isierungs)kamera, Scanner, etc) tagtäglich zig verschiedene Informationsrepräsentationen verschiedener Typen (Texte, Grafiken, Nachrichten, Abbildungen, Attributlisten, etc.) in Digitate, die er dann für eigene Zwecke manipuliert oder an andere weiter kommuniziert.

Erstaunlich bis bedenklich ist jedoch, dass das auch vielen Computer-Fachleuten offensichtlich nicht deutlich bewusst ist, trotz der erhellenden Ausführungen von George Dyson in seinem Buch ‚Turings Kathedrale – Die Ursprünge des digitalen Zeitalters‚. Ansonsten würden sie die Schlagwortsalven mit Digitalbegriffen gar nicht erst abfeuern oder die losgetretenen Wellen durch sachliche Darstellung der funktionalen und operativen Hintergründe schnell zum Verebben bringen. Dadurch würde vermieden, dass überall Verwirrung entsteht und immer wieder unnötige Verunsicherung aufkommt bezüglich dessen, was das alles bedeutet & was es bewirken wird. Allein das erschwert schon in vielen Bereichen das Arbeiten und zudem gibt es noch viel zu viele Format(ierungs)- oder Medienbrüche, die die Effizienz bei den primären Aktivitäten niedrig halten oder schlimmstenfalls zu operativen Verlusten führen.

Fazit zur Digitalisierung

Digitalisieren ist schon seit langem eine routiniert praktizierte Alltagstätigkeit für sehr viele Menschen. Das muss einfach anerkannt und wahrnehmbar bestärkt werden, um die Verunsicherung abzubauen und die Kompetenz der versierten „Digitalisierer“ wirksam zu halten. Aus deren Sicht und Wahrnehmung sowie gemäß ihren Vorstellungen und Anforderungen muss das Digitalisieren von Informationsrepräsentationen sowie das Manipulieren von erzeugten Digitaten noch an vielen Stellen optimiert werden, anstatt mit blumigen Versprechungen die „digitale Zukunft“ heraufzubeschwören, obwohl diese in keiner Weise digital(isiert) werden kann.

    s. XING-Profil https://www.xing.com/profile/PaulG_Huppertz

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