ChatGPT – Was müssen KMU wissen?

Chancen und Herausforderungen des neuen Chatbots von OpenAI

Das amerikanische Startup OpenAI hat Ende 2022 ihren neuen KI-Chatbot ChatGPT veröffentlicht. Seitdem kann jeder online mit dem Chatbot chatten, ihm Fragen stellen, ihm Befehle geben oder sogar Code schreiben lassen. Was ändert sich für KMU?

Hintergrund

Ende 2022 hat das US-amerikanischen Unternehmen OpenAI den Chatbot ChatGPT veröffentlicht und seitdem steht das System allen Internetusern kostenlos zur Verfügung. ChatGPT ist ein Chatbot, also eine Software, die ein menschliches Gespräch simuliert. Auf der Internetseite findet sich ein schlichtes Eingabefenster, wie bei einer Suchmaschine. Wer sich auf der Seite registriert (z.B. mit einem Google-Account) , kann kostenlos beliebige Fragen eintippen oder Befehle geben.
Das besondere an ChatGPT ist, dass das System in wenigen Sekunden Texte generiert, die sich auf den ersten Blick kaum von denen unterscheiden lassen, die reale Menschen geschrieben haben. Der Bot schreibt Gedichte, Aufsätze, Nachrichtentexte, Songzeilen und sogar Programmcode. Zwar ist das System noch im Aufbau, hat aber mit etwa 500 Milliarden Wörtern trainiert, wie Sprache funktioniert.
Der von der Firma OpenAI entwickelte Sprachroboter basiert auf dem System GPT-3. Das ist ein sehr umfangreiches Modell der künstlichen Intelligenz (KI), das nahezu mit allen Internetquellen angereichert wurde, wie beispielsweise mit Wikipedia-Artikeln, digitalisierten Büchersammlungen, Twitter Tweets und vielen anderen Textquellen. Mit diesen Inhalten lernt die KI, die Muster und Strukturen von Sprache zu erkennen. Gibt man dem Chatbot nun ein Wort, kann er anhand von statistischen Zusammenhängen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen, wie das nächste Wort lauten soll. Diese Methode kennen wir bisher von Apps, wie WhatsApp, die ihrem User häufig das nächste mögliche einzutippende Wort vorschlagen. Sobald der Algorithmus das nächste Wort berechnet hat, beginnt er basierend auf der bisherigen Wortreihe von vorne und ergänzt immer weiter. So kommt schliesslich ein vollständiger Satz, beziehungsweise sogar ein ganzer Text, ein Gedicht oder ein Programmiercode zustande. Nur: Obwohl die Maschine die von ihr erlernten Inhalte neu kombinieren kann, erzeugt sie nie etwas gänzlich Neues. Trotzdem reicht das aus, um uns zum Staunen zu bringen.

Erstes Feedback von Unternehmen

Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) hat Anfang 2023 eine Umfrage mit Unternehmen gemacht, die bereits Chatbots oder Voicebots im Einsatz haben. Die Mehrheit der befragten Unternehmen ist im Finanzumfeld tätig und hat seit mehr als einem Jahr Bots im Einsatz.

Die Mehrheit (63%) der befragten Mitarbeitenden hat nicht erst durch die Umfrage von ChatGPT und der Möglichkeit, die neue Technologie online auszuprobieren erfahren, sondern bereits vorher durch Soziale Netzwerke oder andere Medien, wie Fernsehen, Radio oder Tageszeitungen.
Das Thema scheint nicht nur die Nachrichten oder die Sozialen Netzwerke zu beschäftigen. Bei 19% der befragten Unternehmen wurde aufgrund von ChatGPT und den damit verbundenen Möglichkeiten und Risiken eine interne Newsmeldung an alle Mitarbeitenden verschickt.
Bei 72 % der Organisationen hat das Thema ChatGPT neue Diskussionen angestossen. Dabei geht es vielmals um ethische Fragestellungen oder Fragen hinsichtlich Datenschutzes und Urheberrecht. Aber auch Fragen betreffend zukünftige Usecases für Chat- und Voicebots und Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT werden diskutiert.

Zum heutigen Stand ist davon auszugehen, dass ChatGPT kurz- und langfristige Auswirkungen auch auf Schweizer Unternehmen haben, wird.
19% der Befragten geben an, dass ihr Team seit den Berichten zu ChatGPT schon mehr Aufmerksamkeit und Wichtigkeit innerhalb des Unternehmens bekommen hat. Andere berichten, dass interne Fragestellungen hinsichtlich Datenschutzes und Ethik in den letzten Wochen deutlich mehr Bedeutung bekommen haben. Knapp die Hälfte der Umfrageteilnehmer (44%) gibt jedoch zu, dass sie bislang keine Änderungen innerhalb der Chat- und Voicebot Teams bzw. Projekte wahrgenommen haben.

Für die Zukunft erhoffen, sich die Befragten auf jeden Fall deutlich mehr Aufmerksamkeit für ihr Chat- und Voicebot Team bzw für deren Projekt. 31 Prozent der befragten Mitarbeitenden erhoffen sich zusätzlich auch einen deutlichen Ausbau der aktuellen Bot- Lösung.
Zwar hat ChatGPT bis heute bereits einige Themen in den Unternehmen angestossen und Diskussionen ausgelöst, die meisten Auswirkungen werden jedoch von der Hälfte der Befragten erst in Q3 2023 erwartet. 13% erwarten grössere Auswirkungen bereits früher (in Q2 2023) und ebenfalls 13% erwarten die Auswirkungen erst später (in 2024).

Neben dem Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit und einer priorisierten Umsetzung von Chat- und Voicebot Projekten, dank ChatGPT, sehen die Befragten auch neue Gefahren bei der Nutzung der KI-Technologie. Die Hälfte der Mitarbeitenden sieht es kritisch, dass Schweizer Unternehmen keinen Einfluss auf die KI-Modelle von OpenAI haben und somit die Kontrolle verlieren könnten. 38% haben Bedenken um die eigenen Datenschutzrichtlinien.

Die gesamten Zahlen der qualitativen Befragung können hier nach gelesen werden.

Das macht ChatGPT so besonders

Der Hype um ChatGPT ist wahnsinnig. Kaum ein gewöhnlicher Chatbot eines klassischen Unternehmens hat für so viel Aufsehen gesorgt oder so viele User erreicht. Folgende ausgewählte Merkmale von ChatGPT erklären den Hype:

  • ChatGPT ist in der Lage mit Kontext umzugehen und kann auch Bezug zu vorherigen Antworten nehmen.
  • ChatGPT schreibt nicht nur einzelne Sätze, sondern ist in der Lage zusammenhängende Texte, Gedichte, Blog-Beiträge und ähnliches zu schreiben.
  • ChatGPT kann sogar Programm-Code schreiben.
  • Die Ausdrucksweise von ChatGPT ist in den meisten Fällen auf einem sehr hohen Niveau. Ein Unterschied zu Texten, welche von Menschen verfasst sind, ist auf dem ersten Blick kaum möglich.

Das müssen Unternehmen zu ChatGPT wissen

Unternehmen, die über den Einsatz von ChatGPT oder GPT-3 (das KI-Modell auf dem ChatGPT basiert) nachdenken, sollten vor allem die folgenden Hinweise nicht ungeachtet lassen:

  1. Aktuell liegen alle Trainingsmodelle der Künstlichen Intelligenz von GPT auf amerikanischen Servern. Europäische Unternehmen können die Modelle zwar nutzen, sie haben aber keinen Einfuss auf die Modelle und können sie zum heutigen Zeitpunkt auch nicht anpassen.
  2. Bislang basieren die Antworten von ChatGPT auf Daten aus dem Internet bis 2021. Es handelt sich also nie um aktuelle Antworten. Das System ist zum heutigen Zeitpunkt nicht in der Lage tagesaktuelle Informationen zu geben.
  3. Auch wenn eine Vielzahl der Texte von ChatGPT richtig ist, es ist nicht ausgeschlossen, dass das System Fehler macht. Da das System allerdings jede Antwort in einer sehr angenehme Art und Weise formuliert, fällt es auf den ersten Blick kaum auf, wenn das System Unwahrheiten heraus gibt.
  4. Dank ChatGPT und dem damit verbundenen Hype in den Medien, hat die Zahl der Jenigen, die bereits mit einem Chatbot gechattet haben nochmal deutlich zu genommen. Kunden sind nun also einmal mehr an die Technologie von Bots gewöhnt und trauen sich die vielleicht auch in anderen Branchen zu nutzen.
  5. ChatGPT hat nicht nur zu einer grösseren Verbreitung der Chatbot Technologie geführt, es hat auch die Erwartungen an Chat-Konversationen mit einer KI erhöht. ChatGPT ist in der Lage Kontext zu verstehen und menschenähnliche Texte zu formulieren. Bisherige Chat- oder Voicebots können dies meist gar nicht oder nur sehr eingeschränkt. User werden diese Kompetenzen nun aber auch immer mehr von anderen Bots erwarten.
  6. Bislang sind noch viele offene Fragen hinsichtlich Datenschutz und der Verwendung von ChatGPT im Unternehmen. Es gilt also gespannt abzuwarten oder sich aktiv mit der Rechtslage zu beschäftigen.

Und nun?

Dieser Beitrag hat gezeigt, dass ChatGPT nicht nur ein einfacher Hype ist, sondern wirklich einige erstaunliche Funktionen mit sich bringt. Es hat sich in den letzten Monaten aber auch gezeigt, dass beim Einsatz von ChatGPT einige Aspekte beachtet werden müssen. Dies gilt vor allem im Hinblick auf den Datenschutz und die Kontrollierbarkeit des Systems.

Unternehmen, vor allem auch KMUs, sollten auf keinen Fall die Augen verschliessen und die neue Technologie verweigern. Im Gegenteil, es empfiehlt sich, sich bereits heute mit den neuen Technologischen Möglichkeiten zu beschäftigen. Möglich wäre zum Beispiel die Technologie zunächst intern für „eigene Zwecke“ zu testen.

Nach Stationen in der Industrie und in Agenturen gehörte Sophie Hundertmark zu den ersten Masterstudentinnen in der Schweiz, die zu Chatbots forschen. Seit 2021 promoviert sie an der Universität Fribourg zum Einsatz von Chatbots im Banking und Insurance-Bereich. Dazu arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Finanzdienstleistungen Zug der Hochschule Luzern (IFZ). Sophie Hundertmark verfügt über langjährige Erfahrungen als selbstständige Beraterin für die strategische Begleitung sowie Umsetzung von Chatbot-Projekten. In diesem Zusammenhang sorgt sie für einen regelmässigen Austausch zwischen Akademie und Praxis zu allen Themen der AI getriebenen Conversational Automation. Anfang 2022 hat Sophie zudem den Verein Greenwishing Schweiz gegründet und engagiert sich seitdem aktiv gegen Greenwashing.

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