Angst, Furcht und Scheitern im Start-up – Ist das Normal?

Jeder von uns hat Ängste, aber haben sie auch ihren Platz in der Unternehmensführung?

Ist es mir erlaubt mir Sorgen zu machen, sobald es mein Unternehmen betrifft oder sind hier alle Ängste fehl am Platz? Es ist vollkommen natürlich und verständlich sich unter bestimmten Umständen Gedanken zu machen, der richtige Umgang mit ihnen ist von Bedeutung.

  • Was, wenn mir der Kunde im letzten Moment doch noch abspringt?
  • Was, wenn das nächste Produkt ein Flop wird oder die Marketingkampagne einfach nicht das Ergebnis erzielt, das ich mir vorgestellt habe?
  • Was, wenn ich die Produktion nicht weiterführen kann, aufgrund von mangelnder Erfahrung oder fehlender Kapazitäten?

Und die wichtigste von allen Fragen, ist es überhaupt in Ordnung diese Ängste zu haben? Oder bin ich dazu verpflichtet, immer an das Beste zu glauben und furchtlos all diese Aufgaben zu bewältigen.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, richtig?

Die Antwort ist gleichermaßen Ja, wie auch Nein.

Ein gewisses Maß an, nennen wir es „gesunder“ Angst, ist sogar erwünscht, um nicht zu sagen notwendig. Es ist, wie bei allen Dingen im Leben. Geht man auf jede Gelegenheit beziehungsweise, jedes Erlebnis oder jede Person angsterfüllt zu, verpasst man eigentlich alles.
War es klug am höchsten Punkt der Seilschaukel loszulassen? – Wahrscheinlich eher weniger. Das ist aber auch gar nicht der Punkt. Gerade bei Situationen, wo nicht gleich die Existenzgefährdung droht, lernt man aus seinen Fehlern und zurückbleibt eine humorige Geschichte. Bei Russisch Roulette teilzunehmen ist dann wieder eine andere Geschichte. Natürlich kann es gut ausgehen und genauso eine unvergessliche Erinnerung dabei entstehen, aber ist es das Risiko wirklich wert, einfach alles zu riskieren? 

Nehmen wir an ein/e Unternehmer/in würde einfach jedes Risiko ohne Bedenken eingehen. Er/Sie macht sich nie Gedanken über mögliche Notsituationen oder wiegt nicht alle Eventualitäten ab, ist diese Person dann überhaupt gewissenhaft genug um Entrepreneur zu sein? Verantwortungsbewusstsein geht Hand in Hand mit der Angst etwas falsch zu machen. Der/Die Unternehmer/in trägt nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern auch für seine/ihre Stakeholder, reale und lebendige Menschen. Jede einzelne Entscheidung, im Besonderen die falschen, beeinflussen auch deren Leben, teilweise sogar mit gravierenden Ausmaßen. Mit diesem Bewusstsein ist es verständlich und sogar erforderlich sich mehr Gedanken zu machen. 

Die Kunst liegt darin, richtig abzuschätzen, ob es sich bei der bevorstehenden Entscheidung um eine Schaukel oder Russisches Roulette handelt. Genauso das Abwiegen von rationalen und irrationalen Ängsten gehört dazu, aber mit Erfahrung kommt bekannterweise auch die Weisheit.

Gerade jetzt, im Moment des Schreibens, gehen viele Gedanken durch meinen Kopf, ob und wie dieser persönliche Artikel nach außen ankommt. Die Angst vorm Scheitern, die Angst des Versagens. Ehrlicherweise vergeht bei mir kein Tag, an dem ich mir keine Sorgen mache. Am Anfang meiner Karriere habe ich einige Fehler gemacht aber, man lernt in kurzer Zeit viel dazu. Das Wichtigste ist, zu lernen, wie man mit seinen Ängsten umgehen kann und welche wirklich ernst zu nehmen sind.

Erfahrung

In jungen Jahren ist die Neigung zu sorglosem Handeln allgemein größer. 

„Ja, mach ma“ oder „Probieren wir’s halt“

Die Angst kommt erst dann zum Vorschein, wenn etwas schiefgeht, womit nicht gerechnet wurde und auf einmal kein Plan zur Problemlösung vorhanden ist. Das ist normal und da sind wir alle früher oder später schonmal durchgegangen. Gemeinsam mit der Erfahrung kommt auch der pragmatische und zielorientierte Umgang mit Herausforderungen und Problemstellungen. Der Leitsatz ist, Lernen, Lernen und nochmals Lernen. Aus allen Fehlern und aus allen kritischen Situationen das Beste machen und wenn es nur das Sammeln von Erkenntnissen und Erfahrungen ist.

Im Fall des Herstellers für trinkfertige Komplettnahrung Saturo (FoodTech Start-Up, bei dem ich beteiligt bin), war die Konkurrenzsituation nicht einfach, ganz im Gegenteil sie war sehr herausfordernd. Diese Ausgangsposition hat für das damals noch junge Team in erster Reaktion, verständlicherweise, zu Stress geführt. Innerhalb der ersten Monate hat sich dann aber bereits so viel Erfahrung angesammelt, dass sie mit dieser und auch weiteren anspruchsvollen Situationen in der Zukunft, viel besser umgehen konnten. In späterer Folge hat diese Erfahrung auch zu einer stabilen Marktposition verholfen. Entscheidend ist also nicht unbedingt die Idee oder eine geringe Wettbewerber-Anzahl. Ausschlaggebend ist die qualitative Umsetzung, damit gelingt es sogar, sich an einem wettbewerbsstarken Markt erfolgreich etablieren zu können.

Außergewöhnliche Situationen

Angstsituationen können in zwei Kategorien eingeteilt werden, jene, auf die wir selbst Einfluss haben und solche, auf die wir eben keinen haben. Eine gesetzliche Änderung, Lieferengpässe oder auch ein Virus. Dies sind Umstände deren Faktoren wir nicht manipulieren können. Für genau solche Notstände braucht es sorgfältig überlegte Pläne und eine gewisse Anpassungsfähigkeit, um das Unternehmen auch im Ernstfall weiterführen zu können. Abhängig von Tätigkeit und Gegebenheit variiert dieser Notfallplan natürlich. 

COVID-19 etwa ist eine solche außergewöhnliche Situation für uns alle. Gebunden an das Produkt bzw.  den Unternehmensgegenstand selbst kann so ein Ereignis negative, in manchen Fällen jedoch auch positive Auswirkungen auf den Betrieb haben. Streaming Dienste sowie Plattformen zur erfolgreichen Home-Office-Umsetzung erleben zurzeit einen regelrechten Ansturm an Neukunden und verzeichnen eine viel höhere Nutzung. Ein Großteil der Geschäfte des tertiären Dienstleistungssektors sind auf Kundenkontakt angewiesen. Gastronomen, Handwerker oder auch Kosmetiker fallen etwa in diese Kategorie, sie können nicht auf Home-Office Umstellen und müssen unter diesen Umständen schließen. Was geschieht dann mit den Mitarbeitern?

Ohne einschätzen zu können, wie lange diese außergewöhnliche Situation andauert ist dies schwer zu beantworten. Es ist vor allem wichtig schnell, pragmatisch und transparent gegenüber dem gesamten Team zu handeln, ohne in Hektik zu verfallen. So viele relevante Informationen, wie möglich einzuholen, der Austausch zwischen Kollegen sowie Geschäftspartnern und die Analyse, der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten stehen jetzt im Vordergrund. Nicht jede Information und auch nicht jedes Angebot muss gleich genutzt bzw. in Anspruch genommen werden, es geht darum diese Informationen zu haben, um dann schnellstmöglich die Initiative ergreifen zu können.

Den Meisten bleibt nichts anders übrig, als komplett auf remote umzustellen. Selbst in diesem Fall können viele noch etwas Positives aus dieser Lebenslage herausholen. Das können sein:

  • Tätigkeiten, die sich sinnvoll online anbieten lassen, auch dahingehend umzusetzen
  • Online Workshops
  • individuelle Kundenprogramme oder auch private Online Sitzungen
  • Ausbau der IT-Infrastruktur, welcher auch für die Zukunft von Nutzen ist

Schon in der Vergangenheit hat sich gezeigt, selbst in kritischen Zeiten kann etwas Großartiges entstehen. Wusstet ihr, dass beispielsweise Microsoft, FedEx, Airbnb und sogar Disney während ebenso außergewöhnlichen  Ausnahmesituationen entstanden sind? Dieser Abstecher vom Alltag kann so viel mehr sein als nur eine Einschränkung, es kann die größte Chance sein, die man vielleicht je bekommen wird.

Besonders in solchen Zeiten sollte verstärkt aufeinander Acht gegeben werden, soweit sich dieser Vorsatz noch zusätzlich mit meinem Unternehmen verbinden lässt, um dieses zu unterstützen, ist es um so besser.  Aus der Dringlichkeit, eine schnelle, innovative Lösung bei solchen Ereignissen zu finden, kann viel mehr für die kommenden Wochen, Monate und sogar Jahre mitgenommen werden. 

Ob es sich um die eigenen Ängste, Befürchtungen und Fehler handelt oder um unvorhersehbare Ereignisse, welche die Existenz bedrohen könnten und schnelles Reagieren und Handeln verlangen. Es ist in Ordnung sich Sorgen und Gedanken zu machen. Mit der Zeit lernt man mit diesen Situationen umzugehen und rationale und irrationale auseinanderzuhalten.  Wichtig ist, egal wie misslich die Situationen auch sein mag, solange man etwas für die Zukunft aus derartigen Umständen lernen kann, hat man nie wirklich verloren.

By: Yvonne Maria Göstl & Kambis Kohansal Vajargah

Kambis Kohansal Vajargah ist Head of Startup-Services der Wirtschaftskammer Österreich. Als Entrepreneur, Company Builder und Startup Mentor unterstützt er außerdem Startups in der frühen Entwicklungsphase bei der marktreifen Umsetzung ihrer Ideen. Zu seinen erfolgreichen Unternehmungen zählen Startups, wie Carployee und die Softwareschmiede vendevio. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeiten liegt in den Bereichen digitales Marketing, strategische Unternehmensentwicklung und Leadership Management. Vom World Economic Forum zum europäischen Digital Leader ernannt, treibt er als aktive Kraft die Digitalisierung Europas voran. Sein Motto: Believe. Execute. Learn Mehr zur neuen WKO Startup-Initiative, dem Head of Startup-Services, unseren Open Office Hours & der österreichweiten Spotlight-Tour: www.startupnow.at

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