Praxisnahes Modell zur Einführung von Marketing Automation bei KMUs

Wie kann man systematisch ein System für Marketing Automation einführen?

Wie kann man in einem KMU eine Marketing Automation richtig einführen? Anhand eines praxisnahen Modells zeigen wir, wie so ein System erfolgreich eingeführt wird.

Da ich selber Marketing Automation bei KMUs eingeführt habe und es meiner Ansicht nach an praxisnahen Wegleitungen fehlte, um konkret ein Marketing-Automation-System in einem KMU mit einer B2C-Ausrichtung einzuführen, habe ich ein neues Modell zur Einführung erstellt (siehe Abbildung unten). Es soll Unternehmen helfen, die sich bis anhin weniger mit dem Thema befasst haben, Marketing Automation möglichst praxisnah im Betrieb einzuführen.

Marketing Automation ist ein ständiges ausprobieren, messen und lernen. Deshalb wurde für die Visualisierung des neuen Modells der «Demingkreis» (auch PDCA-Zyklus genannt) ausgewählt (Deming, 2017). Marketing Automation und das Modell des Demingkreises verfolgen das gleiche Ziel. Durch die vier Phasen «Plan», «Do», «Check» und «Act» soll eine stetige Verbesserung der Prozesse und Abläufe erreicht werden. Es veranschaulicht, dass Marketing Automation ein kontinuierlicher Prozess ganz nach dem Motto «Trial and Error» ist.

Welche Schritte es zur Einführung sind, werden auf der untenstehenden Grafik visualisiert und nachfolgend detailliert beschrieben:

Modell zur Einfhrung eines Marketing Automation Systems für KMUs
Eigendarstellung

Fundament

Bevor Marketing Automation erfolgreich in einem Unternehmen eingeführt werden kann, müssen folgende Punkte zwingend bestehen:

Kultur eines Unternehmens (Mindset / Zusammenarbeit)

Die Kultur des Unternehmens muss bereit sein, Marketing Automation einzuführen. Sofern nicht folgende Punkte im bejaht werden können, muss durch Zusatzmassnahmen eine Veränderung der Kultur stattfinden, bevor mit einer Einführung gestartet werden soll.

Mindset

Marketing Automation ist ein datengetriebener Prozess und gehört zum «Agilen Marketing». Stetiges Ausprobieren, Messen und Lernen ist ein Muss. Marketing Automation kann nur erfolgreich sein, wenn konsequent aus der Perspektive des Zielkunden gedacht wird und eine akkurate Datenbasis besteht.

Knowledge

Das Marketingteam muss handfestes Wissen in den Bereichen Content, Prozessautomation sowie Datenanalyse und -interpretation mitbringen. Gemäss Körner kann Knowhow rund um das Thema Content als Schlüsselfaktor betrachtet werden.

Kultur

Zu Marketing Automation gehört eine Unternehmenskultur, die fehlertolerant ist und zielgerichtetes Experimentieren positiv bewertet. Zur Kultur gehört zudem die Offenheit, mit den weiteren Bereichen wie Vertrieb, Support und IT zusammen zu arbeiten.

Top Management Buy-In

Um die kulturellen Hürden zu nehmen, ist die ideelle und strategische Unterstützung des Top Managements sehr wichtig.

Marketing und Sales Alignment

Marketing Automation richtet sich auf die Customer Journey und bearbeitet den Kunden innerhalb des gesamten Lead Funnels, der beim Marketing beginnt und beim Vertrieb aufhört. Eine enge Zusammenarbeit in Form von Zielen, Prozessen und Key Performance Indicators (KPIs) muss vorhanden sein.

Komplexität der Kaufentscheidungen
Je komplexer und erklärungsbedürftiger ein Produkt oder eine Leistung ist, desto höher ist der Mehrwert einer Marketing-Automation-Lösung.

Professionelles Datenmanagement

Ein Marketing-Automation-System kann nur so gut performen, wie es der Zustand der Daten erlaubt. Deshalb muss eine aktuelle und korrekte Datenbasis vorhanden sein, bis mit Marketing Automation begonnen werden kann. Ansonsten ist die Gefahr gross, dass die gewünschten Ziele nicht erreicht werden können.

Buyer Persona

Erst wenn die Kundenbedürfnisse des Unternehmens bekannt sind, können diese durch entsprechendes Marketing erfüllt werden. Deshalb ist es wichtig, die Kunden zu verstehen. Eine oder mehrere Buyer Persona(s) geben dem Unternehmen die Möglichkeit, dem Kunden ein «Gesicht» zu geben und die Marketingaktivitäten entsprechend auszurichten. Durch das Verständnis des Kunden kann sichergestellt werden, das potentielle Kunden zum richtigen Zeitpunkt genau die relevanten Informationen über den passenden Kanal erhalten. Ansonsten besteht die Gefahr, dass falsche Inhalte zum falschen Zeitpunkt den Kunden verärgern. Falls noch keine Buyer Persona(s) bestehen, sollten diese erarbeitet werden .

Sobald das Fundament steht, können die weiteren Schritte bei einer Einführung berücksichtigt werden.


Ziele

Sobald das Fundament steht, werden die Ziele definiert. Diese helfen, bei der grossen Anzahl an Möglichkeiten und Funktionen zielgerichtet vorgehen zu können.

Plan

Bei der Planungsphase sind folgende Schritte empfohlen:

Grobplanung: Customer Journey, Customer Life Cycle

Als nächster Schritt wird die Customer Journey oder auch der Customer Life Cycle des Unternehmens betrachtet. Die Customer Journey gibt Auskunft, welche Kommunikationskanäle innerhalb welcher Phase wichtig sind. Der Customer Life Cycle hilft, die Wertschöpfung des Kunden in den verschiedenen Phasen zu optimieren. Es macht Sinn, den Workflow eines Idealkunden anhand der Customer Life Cycle grob aufzuzeichnen, um festzustellen, wie die höchst mögliche Wertschöpfung eines Kunden erreicht werden kann.

Diese Informationen lassen sich am besten anhand eines Workshops im Team erarbeiten. Der Workshop sollte mit allen relevanten Personen wie Geschäftsleitung, Marketing, Verkauf, IT, Support, Service durchgeführt werden, um alle Blickwinkel zu berücksichtigen. Beim Workshop müssen die Workflows noch nicht zu detailliert beschrieben werden. Ziel soll nur sein, aufzuzeigen, wie der ideale Verlauf aussieht und was automatisiert werden könnte).

Workflow / Lead Nurturing

Als nächstes wird definiert, welche Kampagne zuerst automatisiert werden soll. Es soll mit jenem Workflow gestartet werden, bei dem entweder die Effizienzsteigerung am höchsten ist, mit dem die grösste Wertschöpfung des Kunden erzielt oder der zu einem späteren Zeitpunkt für mehrere Produkte genutzt werden kann.

Zuerst sollte nur mit einem einzigen Workflow und nur mit dem Medium E-Mail gestartet werden, um erste Erfahrungen zu sammeln. Ist die Kampagne gewählt, folgt die Ausarbeitung des entsprechenden Workflows. Es wird mittels «Wenn-Dann-Prinzip» definiert, was genau automatisiert wird (Objekt / Medium) und welche Trigger eingesetzt werden. Zudem wird bei diesem Schritt auch festgelegt, für welches Segment die Kampagne gedacht ist. Zum Schluss wird anhand der Content Strategie und der Buyer Persona der passende Content zu den jeweiligen Kundenkontaktpunkten festgelegt.

Auswahl Software

Als nächster Schritt folgt die Evaluation von der passenden Marketing Automation Software. Wie die Marketing-Automation-Software auf eine strukturierte weise ausgewählt werden kann, wird in den folgenden drei Schritte grob aufgezeigt:

  1. Schritt: Welche Funktionen benötigt das Unternehmen?

Die erarbeitete Grobplanung anhand des Workshops sowie die Customer Journey helfen, den
Anforderungskatalog zu erstellen und die Kommunikationskanäle zu priorisieren. Folgende zwei Punkte sollten beim Anforderungskatalog dringend berücksichtigt werden: Die Kosten (welches Budget ist vorgesehen) und die CRM-Integrationsmöglichkeit der entsprechenden Software.

  1. Schritt: Welche Software erfüllt die entsprechenden Anforderungen? (Grobauswahl)

Sobald der Anforderungskatalog steht, kann mittels Empfehlungen, Vergleichsportalen oder beispielsweise anhand des Flow-Charts eine Grobauswahl erstellt und geprüft werden, welche Systeme die gewünschten Anforderungen erfüllen. Eine Nutzwertanalyse hilft, die Auswahl strukturiert anzugehen.Um eine Feinauswahl (Shortlist) zu erhalten, sollten in einem ersten Schritt hauptsächlich die Kriterien Kosten, Integrationsmöglichkeiten und Unternehmensgrösse berücksichtigt werden.

  1. Schritt: Welche Software erfüllt die Anforderungen am besten? (Feinauswahl)

Sobald die Shortlist steht, lohnt es sich ein entsprechendes Briefing zu erstellen und die Systemanbietenden für eine Präsentation einzuladen. Das persönliche Gespräch hilft, nochmals offene Fragen zu klären und auf Detailfragen einzugehen. Nach den Präsentationen sollte die Nutzwertanalyse ergänzt und aktualisiert werden. Schliesslich soll von den drei höchst bewerteten Systemen ein Test-Account erstellt werden. Oftmals erfolgt dies kostenlos. Sofern dies nicht möglich ist, empfiehlt es sich, mit dem Anbietenden eine Vereinbarung zu finden, die die Kostenrückerstattung sichert, wenn die Software gekauft wird.


Do

Nachdem die drei Test-Accounts erstellt wurden, wird anhand des ausgewählten Test-Workflows eine Testkampagne umgesetzt. Der gewünschte Workflow wird im Test-Account anhand des Journey Builders vorbereitet und anschliessend frei geschaltet. Oftmals helfen kostenlose Webinar der Systeme oder persönliche Schulungen der Anbietenden das Wissen über das System zu stärken.


Check

Nachdem die Testkampagne umgesetzt wurde, sollten folgende Fragen beantwortet werden.

  • Wurden die gewünschten Ziele erfüllt?
  • Welche Software erfüllt die Bedürfnisse am besten? In Bezug auf: Integrationsmöglichkeit, Benutzerfreundlichkeit, Funktionen. (Falls nach der Evaluation keine Software den gewünschten Erfolg bringt, sollte nochmals zur «Plan»-Phase zurückgekehrt werden und anhand der Nutzwertanalyse vom viert platzierten System ein Test-Account erstellt und nochmals ein Testing durchgeführt werden.)
  • Ist der Content passend? Ist eine Ergänzung oder Anpassung notwendig?
  • Funktioniert der Workflow / Lead Nurturing optimal?

Stop or Go?

Wie bereits beschrieben, gehören mehrere Faktoren dazu, damit Marketing Automation erfolgreich umgesetzt werden kann. Nebst den erwähnten Punkten des Fundamentes, spielt auch der richtige Zeitpunkt eine wichtige Rolle. Bis zu diesem Schritt sind die Kosten für ein Unternehmen noch tief. Nebst den Personalkosten für die Planungsphase und allfälligen Kosten für die Test-Accounts sollte noch kein Geld ausgegeben worden sein.

Falls die «Check»-Phase sehr negativ ausgefallen ist, bzw. die Evaluation zeigt, dass der wirtschaftliche Aspekt nicht vorhanden ist, gibt es zwei Möglichkeiten: Es wird nochmals überprüft, ob alle wichtigen Aspekte bei den Schritten «Fundament», «Plan» und «Do» wirklich berücksichtigt wurden. Falls dies der Fall ist, sollte das Unternehmen den Mut haben, das Projekt Marketing Automation zu stoppen. Es lohnt sich zu einem späteren Zeitpunkt (nach weiteren technischen Innovationen) das Thema nochmals aufzunehmen und nochmals eine Evaluation durchzuführen.


Act

Falls jedoch die Evaluationsphase in der «Check»-Phase gezeigt hat, dass Marketing Automation die Ziele erfüllt, kann als nächster Schritt folgendes vorgenommen werden:

  1. Die Wunschsoftware wird gekauft. Es lohnt sich, nach einem Jahr nochmals kritisch zu hinterfragen, ob die aktuelle Software noch die Bedürfnisse erfüllt – oder ob es bereits neue Innovationen gibt, welche passender für das Unternehmen sind.
  2. Der Test-Workflow wird schrittweise mit den nächsten Workflows ergänzt. Achtung: Es lohnt sich nach einer neuen Einführung von einem Workflow nochmals die «Do»- und die «Check»-Phase durchzuführen, um jederzeit den Erfolg zu prüfen. Für die jeweiligen Workflows wird auch der entsprechende Content anhand der Buyer Persona erstellt.
  3. Ab diesem Zeitpunkt, falls noch nicht vorhanden, sollte ein professionelles Lead Management eingeführt werden. Ein Lead Scoring wird aufgebaut. Dadurch kann eine bessere Erfolgskontrolle und bessere Strukturen im Marketing für den Kunden geschaffen werden.
  4. Nebst dem Kommunikationskanal E-Mail, können ab diesem Zeitpunkt auch noch weitere Kommunikationskanäle hinzugefügt werden. Es soll beachtet werden, dass wie durch Schoepf erwähnt, dass Retargeting bei Social Media und SEA teilweise noch fehlerhaft ist und stets die Thematik des Datenschutzes berücksichtigt werden muss. Deshalb sollten diese Kanäle jeweils mit grosser Aufmerksamkeit berücksichtigt werden.

Fazit – Modell zur Einführung von Marketing Automation

Das Modell zeigt auf, dass es nur mit der Softwareanschaffung nicht getan ist. Die Vorarbeit, also der richtige Content zum richtigen Zeitpunkt mit den entsprechenden Daten in Einklang zu bringen, bildet die Basis zur Einführung. Deshalb ist eine saubere Vorbereitung wichtig. Eine Einführung braucht Zeit. Ansonsten passiert, was das Statement von Bill Gates besagt: «Wenn der Prozess effizient ist, erhält man mehr Effizienz, ist er ineffizient, erhält man mehr Ineffizienz».

Die Erfahrung aus bisher umgesetzten Marketing Automation Projekten hat gezeigt, dass grosses Potential für KMUs im Bereich Marketing Automation besteht. Es macht definitiv Sinn, dass KMUs beginnen die Vorteile von Marketing Automation zu nutzen – und den ersten Schritt in Richtung automatisierte Prozesse im Verkauf und Marketing wagen.

Mit dem praxisnahe Modell steht einer strukturierte Einführung von Marketing Automation nichts mehr im Wege. Jedoch sind die Schlüsselworte für eine erfolgreiche Einführung: Analysevermögen, kritisches Reflektieren, Managementfähigkeiten, die Motivation der Mitarbeitenden und die Zusammenarbeit zwischen allen Abteilungen (IT, Verkauf, Marketing, Datenschutzbeauftragte etc.).

Als Projektleiterin und CMO der 4results AG - Die Marketing Automation Experten spürt sie für KMUs die beste Lösung in Sachen Personalisierung und Automatisierung auf und begleitet sie, sich zu einer datenbasierten Organisationen zu entwickeln. Zu ihren Kernkompetenzen gehören: Data & Intelligence, Automation & Prozesse, Technologie & Integrationen, Smarte Kommunikation und Projektmanagement. Seit 2014 spezialisiert sich die 4results AG zu 100 % auf das Thema Marketing & Sales Automation und gehören zu den Pionieren im Schweizer Markt. Sie ist eine digitale Querdenkerin und Macherin (Master Digital Marketing FHNW) mit Erfahrung als Leitung Marketing & Kommunikation im In- und Ausland (Tourismus, Kultur, Event, Gastronomie). Als ausgebildete PR-Fachfrau (Video, Text und Bild) weiss sie wie mit Storytelling und kreativem Content die Zielgruppe begeistert werden kann. Ihre Leidenschaft: Automatisierte, datenbasierte und intelligente Prozesse. Ihre Überzeugung aufgrund der persönlichen Erfahrung: Marketing Automation macht definitiv auch für KMU mit wenig Ressourcen Sinn und ist preislich lukrativ. Nebenbei ist sie auch als Autorin tätigt und unterrichtet Marketing Automation an Schweizer Hochschulen.

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