Mehr Reichweite und Kunden durch digitale Plattformen

Krise. Das hatten wir doch 2001 schon, und 2008. Welche Herausforderungen von damals sind heute dieselben - und welche Möglichkeiten für Kunden und Reichweite bieten sich heute?

Für die Ölkrise der 70er sind viele von uns zu jung, doch die DotCom-Blase und die Wirtschaftskrise 2008 habe ich live miterlebt. Wenn wir heute auf die Ereignisse der Zeit von damals zurückblicken, so haben wir heute einige Tools und Möglichkeiten zur Generierung von Reichweite und Neukundengeschäft, für die wir damals alles gegeben hätten.

Reichweite kostet Geld, Krisen sind vor allem Kopfsache? Während man die Zurückhaltung wie zuletzt 2020 spürt und ein gewisser Teil der Wirtschaft leidet, floriert und boomt ein anderer. Krise heisst Veränderung gewohnter funktionierender Strukturen – ohne diese Strukturen kann niemand leben oder arbeiten, und deshalb stört es uns zunächst, wenn sie sich ändern. Gleichzeitig scheinen manche Firmen, Menschen und Branchen irgendwie immer „on top of things“ zu bleiben und einfach schneller zu reagieren – wie machen die das?

2022: Der Krise mit flexibler Logistik begegnen

Alles ist online immer verfügbar

Unsere aktuelle Situation ermöglicht uns grundsätzlich viel Flexibilität, welche wir in den frühen 2000er Jahren und rund um 2008 nicht kannten. Nie war es so einfach, von überall aus alles zu tun, wie in der Post-Covid-Ära. Ein Büro, vor Ort beim Kunden sein, feste Mitarbeiter und Lagerhaltung waren einfach normal. Heute lassen sich immer mehr dieser Verbindlichkeiten einfach „outsmarten“:

  • Büro? Smartphone, Laptop, Internet sind überall und die Kosten für eine SIM-Karte mit ausreichend Volumen kein Showstopper mehr.
  • Leistung vor Ort erbringen? Bis 2020 galt Anwesenheit tatsächlich als Tugend, heute sticht die Flexibilität und Effizienz, nicht mehr reisen zu müssen oder – tatsächlich neu – den externen Mitarbeitern oder Dienstleistern keinen Sitzplatz mehr anbieten zu müssen, was Kosten spart.
  • Feste Mitarbeiter? Immer mehr Dienste werden on-demand von Freelancern in hoher Qualität erbracht. Egal ob Workshop, Grafikdesign, Medien – ich klicke mir meine benötigten Dienste zusammen und kann fest kalkulieren.
  • Lagerhaltung und Logistik? Seit Amazon Fulfillment, Shopify und Co. werden für Einzelhändler Träume war. Selbst native Ladenlokal-Branchen entdecken die Vorteile eines hybriden Ansatzes.

All das ist schön und gut – aber ohne Plan helfen neue Rahmenbedingungen und Werkzeuge auch nur bedingt. Wie soll man also starten?

Schritt 1: Neue Reichweite erzeugen, mehr Kunden ansprechen

Wenn es eine Traum-App gegeben hätte, die ich mir als junger Unternehmer in den 2000er Jahren gewünscht hätte, so wäre das heute Instagram. Wir mögen alle verschiedene Meinungen über Plattformen dieser Art haben, ihr Nutzen ist unbestritten: Die Möglichkeit, die Interessen von potenziellen Kunden an Orten, zu Themen und Trends punktuell und live zu analysieren, direkte Ansprachen zu generieren und Angebote zu platzieren, klingt noch heute wie „aus der Zukunft“. Top-Marketer nennen es bspw. die „1.80$ Strategy“ – verstehe, was in der Welt da draussen passiert, starte die Interaktion und platziere Dich und Dein Business.

Nicht nur Instagram bietet sich hierfür an. Fast jeder YouTuber ruft in seinen Videos sogar dazu auf, ihm Input zu geben. Auto-YouTuber fragen nach Tips, um an Teile zu kommen. Fitness-YouTuber wollen wissen, mit welchem Training die Follower erfolgreich sind. Gerade für alle, die vor den 2000er Jahren geboren sind, fühlt es sich neu und komisch an, doch die Realität ist: Reichweite bedeutet, genau hier jeden Tag aktiv zu sein und sichtbar zu werden. Noch können es sich viele Unternehmen leisten, keinerlei Attention auf führenden Plattformen zu besitzen. Doch bald wird die Frage sein, wen ein User zu seinem Suchbegriff dort findet – die klassische Suchmaschine hat ausgedient, Social Search ist der Ort, wo Menschen suchen und finden.

Schritt 2: Selbst Content erzeugen, zum Medienunternehmen werden

Zugegeben: Viele dieser medial starken Plattformen erschrecken Menschen, die nicht nativ mit ihnen groß geworden sind. Gestandene Unternehmen haben plötzlich junge Menschen um sich, die mit Medien ganz selbstverständlich umgehen und ständig überall ihre Kamera mitnehmen. Klar, wer ein hohes Marketingbudget hat und die richtigen Creator findet, der hat gewonnen. Oder?

Zum Glück haben viele etablierte Player auf medial geprägten Plattformen auch nur mit Wasser gekocht oder sind selbst heute noch schlank unterwegs. Alles beginnt damit, zu verstehen, dass man heute ein Medienunternehmen im Unternehmen haben muss. Ganz dem Zeitgeist entsprechend, kann dies jedoch ganz anders aussehen, als man zunächst denkt. Auf Plattformen wie Fiverr bieten bewährte und erwiesen effiziente Freelancer gefühlt alles an: Animationen, Videoschnitt, Musik, den Jingle für Ihren eigenen Podcast, Logodesign – oder den Aufbau des eigenen YouTube Channels. Kaum eine Dienstleistung, die man dort nicht findet: Wie wäre es mit einem versierten Experten für den Aufbau Ihrer Microsoft 365-Umgebung, damit Sie auch endlich Teams einsetzen können? Ihre Webseite müsste auch mal neu gemacht werden? Sie haben keine Ahnung, wie sie ihr Discord aufziehen oder Slack organisieren sollen? Soll es vielleicht einfach nur eine schicke Infografik sein, die sie in ihrem existierenden Blog zeigen möchten? Für schmales Geld, exakt definierte Leistungspakete und gefühlt jedes Thema finden sich heute Helfer, die Ihnen Lösungen liefern, die bisher ausserhalb jeder Reichweite schienen.

Schritt 3: In den Austausch gehen, Offenheit leben

Podcasten, podcasten, podcasten. Oder doch ein Workshop?

Kaum ein Format hat sich bereits vor 2020 so manifestiert wie der Podcast. Einfach konsumierbar, auf dem Fahrrad, beim Einkaufen oder während dem Kochen – zu fast jedem Thema tauschen sich heute Experten und ganz normale Menschen aus, finden Zuhörer und generieren Aufmerksamkeit. Durch Cloud-Dienste wie Zencastr oder Studiolink muss man sich dazu noch nicht einmal treffen. Intro? Komponist über Fiverr. Grafik? Freelance Grafiker. Ansager? Selbes Spiel. Hunderte, wenn nicht tausende Podcaster haben noch nie ihren Schreibtisch verlassen, ein Grafikprogramm verwendet oder jemanden persönlich getroffen – sie haben einfach angefangen. Und sind dann erst einmal 20 Folgen veröffentlicht, in denen man aktuelle Themen des Pressespiegels, Top-Diskussionen anderer Podcasts oder fachliche Fragestellungen mit Bekannten diskutiert hat, bietet es sich an, interessante Menschen und Meinungen einzuladen. Auch die wollen mehr Reichweite, und gegenseitiges Vernetzen hilft immer.

Doch es muss nicht immer ein Podcast sein. Viele Unternehmen haben Workshops im Zuge des New-Normal auf komplett neue Ebenen gehoben und von tagelanger Anwesenheit mit vollgeschriebenen Whiteboards, Flipcharts und Anreisehürden komplett auf virtuell verlagert. Kollaboration durch Whiteboards wie Conceptboard ist zugegebener Weise zunächst anstrengender, aber am Ende um ein Vielfaches effizienter. Jeder kann zu dem Zeitpunkt, wo die täglichen Routinen wie Kind zur Schule, Sport und Meetings beendet sind, sein Input vorbereiten und so an einem zeitlich stark reduzierten Workshop teilnehmen. In diesem Termin ist dann endlich Zeit für das, was am meisten Spass macht: Austausch und Kollaboration, fokussiert und kondensiert auf wenige Stunden. Die Nachbereitung, Dokumentation und Ergebnissicherung überlassen Sie einfach wieder einem Freelancer!

Reichweite und neue Kunden – funktioniert das tatsächlich?

Gerade in den ersten Monaten des zweiten Quartals 2020 war ich mir da auch noch nicht so sicher. Doch jetzt, wo wieder alles „aufgemacht hat“ und man sich theoretisch wieder persönlich treffen könnte, haben viele der beschriebenen Punkte weiter Bestand. „Das Gute zu behalten“ scheint hier tatsächlich zu funktionieren: Schliesslich haben hohe Kraftstoffpreise, vielerlei gekündigte Büros und das Mindset der präventiven Reduktion von Aufwänden vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine den Alltag geprägt.

Jetzt ist jeder, der es schafft, effizient zu kombinieren und neue Wege zu gehen, im Vorteil und kann das Auto stehen lassen, den Coworking-Space kündigen und vor dem Hintergrund der Verschiebung von Branchen die eigenen Dienstleistungen in neuen Bereichen platzieren. Denn trotz aller Rezession, Inflation und angeschlagenen Unternehmen floriert die Wirtschaft in vielen Bereichen wie nie zuvor: Finanzen (Crypto, NFTs, Trading), Sustainability (Environment, Consumables, Health) und Logistik (Fulfillment, Shopping, Payment) sind die Bereiche, welche man auf dem Schirm haben sollte.

Philipp Schneidenbach ist Experte auf den Gebieten Enterprise Architecture, Governance, Risk und Compliance. In seiner derzeitigen Position bei Materna vereint er die Erfahrung aus mehr als 25 Jahren Beratung und Linienverantwortung in verschiedenen Industriezweigen und Märkten. Als Autor, Researcher und Speaker engagiert er sich unter anderem in Organisationen und Berufsverbänden wie der IEEE, ISACA und MoreThanDigital.

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