Gen Z – Wir haben kein Generationsproblem, wir haben ein Transformationsproblem.

Es ist ein schönes Narrativ, an dem sich einige Unternehmen, Führungskräfte, Recruiter- und Berater:innen entlang hangeln: Die Gen Z und ihre schwerfällige Einstellung zur Arbeit.

Was, wenn es gar keine Generationsunterschiede gibt? Und viel spannender: Was passiert, wenn Arbeitgeber und Führungskräfte auf die verbindenden Elemente aller Mitarbeitenden schauen und diese innerhalb des Führungssystems und der Organisation fördern?

Fragt man Deutschlands Arbeitgeber, dann sind junge Menschen faul. In einer Umfrage der Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) üben sie Kritik an der Generation Z. Also an denjenigen, die zwischen 1995 und 2012 geboren wurden, das sind rund 13 Millionen junge Menschen deutschlandweit. Die DIHK veröffentlicht jedes Jahr eine Ausbildungsumfrage, in der Arbeitgeber zum Verhalten junger Arbeitnehmer befragt werden. Das Ergebnis der Ausgabe aus 2022: 63 Prozent aller Jugendlichen fehle es an Motivation, Leistungsbereitschaft und Belastbarkeit.

Generation Z sind »die illoyalsten Jobber aller Zeiten«, so auch eine aktuelle Headline im Spiegel.

Die Unzufriedenheit mit dem Arbeitgeber sei in der Gen Z so hoch wie nie. Kein Wunder: Bedürfnisse wie Arbeitsplatzwahl, Arbeitszeitenflexibilität o.ä. dieser Generation finden angeblich aktuell zu wenig Berücksichtigung.

»Wer nicht über Benefits wie Homeoffice, Workation oder Sabbatical nachdenkt, wird einen Teil dieser Generation als Arbeitgeber erst gar nicht erreichen«, so das Zitat eines Arbeitsmarktexperten.

Viele Arbeitgeber und Unternehmen glauben nun, dass man genau dort ansetzen muss, um diese (und andere) Generationen von Mitarbeiter:innen anzuziehen und zu halten. Damit sind sie aber allenfalls Symptomen aufgesessen und fangen großzügig an, diese zu pflastern, anstatt den eigentlichen Problemen auf den Grund zu gehen.

Zurück zur Generationsfrage. Was, wenn es soziologisch gesehen diese Generationsunterschiede gar nicht gibt?
Was, wenn Mitarbeiterbindung auch anders geht?

Wer ist die Gen Z?

Die Gen Z, auch als „digitale Natives“ bekannt, bildet aktuell die jüngste Generation, umfasst in der Regel Menschen, die zwischen Mitte der 1990er und Mitte der 2010er Jahre geboren wurden.

Die Gen Z zeichnet sich durch eine hohe Affinität zur Technologie und das Aufwachsen in einer stark vernetzten Welt aus. Sie sind mit Smartphones und sozialen Medien groß geworden und nutzen diese täglich, um mit Freunden und Familie in Kontakt zu bleiben, Informationen zu suchen, zu konsumieren und sich selbst zu präsentieren.

Im Gegensatz zu den Millennials, die oft als optimistisch und teamorientiert beschrieben werden, gelten Gen Z’ler als pragmatischer und individualistischer. Sie sind auch stärker auf gesellschaftliche Themen wie Gleichberechtigung, Klimawandel und politische Ungerechtigkeiten fokussiert.

In Bezug auf ihre Berufswahl bevorzugen sie flexible Arbeitsbedingungen, wie z.B. Home-Office-Optionen und ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeit und Freizeit. Sie sind auch sehr anspruchsvoll, wenn es um die Qualität von Produkten und Dienstleistungen geht und bevorzugen nachhaltige und ethische Marken.

Insgesamt ist die Gen Z eine vielfältige und einflussreiche Generation, die durch ihre technologischen Fähigkeiten und ihr Engagement für soziale Gerechtigkeit die Welt prägen wird.

(Quellen für die erwähnten Aussagen: PwC, Agentur “Junges Herz”)

Kontexte zur Gen Z

Prägende Phänomene für die Gen Z sind Umweltkatastrophen, Digitalisierung, Globalisierung und Terrorismus.

Die Gen Z wird im Jobkontext oft wie folgt beschrieben: 

  • für sie ist Diversität und Gleichstellung selbstverständlich
  • sie schätzen eine Work-Life Balance
  • sie gelten als die am besten vernetzte Generation

Diese Generationszuschreibungen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen:

  • Sie sind sehr uneinheitlich und sehr allgemein.
  • Die 15-Jahre-Einteilung: es fehlen z.T. die prägenden Ereignisse
  • Unterschiedliche Einstellungen zu Themen ist nicht immer eine Generationsfrage. Der Zeitgeist ändert sich und damit die Einstellung (“Periodeneffekt”). Also jemand, der 50 Jahre alt ist, denkt über vieles anders als jemand, der 20 Jahre alt ist. Und es ist auch so, dass alle Menschen in der Gesellschaft jetzt anders denken als beispielsweise vor 40 Jahren. Hätte man vor 40 Jahren gefragt, ob Homosexuelle heiraten dürfen, hätte kaum jemand ja gesagt. Jetzt sagen eigentlich fast alle ja.
  • Es gibt den Alterseffekt: ein 20 Jähriger hat kein Problem damit, bis morgens um 6 Uhr feiern zu gehen, eine 60 Jährige schon.

Fakt über „Die Generationen“

Es gibt in der Bundesrepublik keine Generationen, die sich in ihren Einstellungen voneinander unterscheiden. Zu diesem Ergebnis gelangt der Marburger Soziologe Professor Dr. Martin Schröder in einer aktuellen Studie, in der er über 500.000 Einzeldaten von mehr als 70.000 Umfrageteilnehmer:innen auswertet.

Woher kommt es also, dass wir die Gesellschaft in Generationen unterteilen?

Karl Mannheim, Soziologe, hat 1928 das Buch “Das Problem der Generationen“ geschrieben und dieses gilt immer noch als Grundstein für die Generationenforschung. In diesem Buch unterscheidet er zwischen den Generationsbegriffen.

Die Idee einer Generation ist die, dass Menschen ein Leben lang von den Erfahrungen geprägt sind, die sie während ihrer Jugend (zwischen 15 und 25) erfahren haben. An diese Zeit können sich auch alte Menschen besonders gut erinnern (Reminiszenzeffekt).

Heißt, die Gemeinsamkeit einer Generation ist ein prägendes Ereignis in ihrer Jugend, aufgrund dessen sich lebenslange Werte und Einstellungen entwickelt haben. Historisch betrachtet wurden Generationen erstmals als Konzept im 19. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem Aufkommen der industriellen Revolution und der Entstehung von Massengesellschaften diskutiert. So galten als Ereignis der Zweite Weltkrieg oder das kulturelle Phänomen wie die Hippie-Bewegung als prägende Erfahrung für eine Generation.

Ausgehend davon wurde eine 15-Jahre-Einteilung etabliert. Diese Einteilung ist also historisch entstanden und beibehalten worden (auch wenn die prägenden Ereignisse ausblieben bzw. sich nicht mehr in den 15-Jahres Rhythmus einteilen ließen.)

Wichtig: Die Einteilung von Generationen in 15-Jahres-Zyklen ist eine Konvention und keine feste Regel.

Zusammengefasst

Das Generationenkonzept bezieht sich also auf die Unterscheidung und Beschreibung verschiedener Generationen innerhalb einer Gesellschaft, einschließlich ihrer gemeinsamen Merkmale, Wertvorstellungen und Verhaltensweisen.

An diesem Konzept gibt es Kritik:

  • Die gängige Generationeneinteilung ist nach Meinung vieler Soziologen nicht mehr haltbar.
  • Es ist kein geeigneter Erklärungsansatz für das Fehlen motivierter Arbeitskräfte.

Das eigentliche Problem für Unternehmen

Warum das Generationenkonzept nicht das eigentliche Problem fehlender Mitarbeitergewinnung und -bindung ist: Wir können in jeder Generation einen wachsenden Wunsch nach einer besseren Work-Life-Balance beobachten.

Die Gen Z fordert diesen nun stärker ein, denn: Sie können es sich erlauben, da sie im Gegensatz zu den Boomern weniger sind. 1964 wurden in Deutschland 1,4 Mio. Kinder geboren, 2006 gerade die Hälfte.

Die Boomer wiederum sind es gewohnt, sich innerhalb ihrer Arbeitsumgebung an die Forderungen des Unternehmens anzupassen – die Konkurrenz war allzu präsent, der/die nächst bessere wartete ja nur auf ihren Platz. Das heißt ja nicht, dass sie diese Arbeitsausbeute immer toll fanden. Sie sind anders sozialisiert.

Sobald die Boomer in Rente sind, werden etwa 7 Mio. Arbeitskräfte fehlen (etwa 2035).

Viele Unternehmen machen sich daher Gedanken, wie sie die Gen Z für sich und ihr Unternehmen begeistern können und unterliegen dabei einem fatalen Beobachtungsfehler: Nämlich, dass man sich auf die Unterschiede der Generationen statt auf die Gemeinsamkeiten fokussieren müsse.

Es entsteht geradezu ein Benefit-Wettrüsten: hier noch ein Obstkorb in die Ecke, dort ein Sportangebot, Homeoffice? Klaro, und die Monitore kannste dir aussuchen!

Das ist jetzt nicht falsch, aber mitunter entsteht auch eine Austauschbarkeit, denn Obstkörbe können auch andere bieten. Wenn man genauer hinsieht, entdeckt man folgendes: Die vermeintlichen (und im Vergleich eher kleinen) Arbeitsvorlieben verblassen im Kontrast zu den übergreifenden Gemeinsamkeiten.

Die Gemeinsamkeiten der Generationen

Die Schlüsselfrage, die sich Arbeitgeber stellen müssen, lautet: Was macht gute Arbeit aus und wie können wir die Rahmenbedingungen für “Gutes Arbeiten” bei uns implementieren.

Lasst uns nicht über Obstkörbe, sondern über echte Arbeit reden!

Was alle Menschen wollen ist doch in die Wirksamkeit zu kommen, gemeinsam mit anderen einen “Fußabdruck” erzeugen zu können, einen Beitrag zu leisten, statt sinnlose Beschäftigung zu verfolgen.

Sinn definiert sich für einen Menschen natürlich sehr individuell, aber ganz grundsätzlich ist eine sinnvolle Tätigkeit die, welche die Entfaltung des individuellen Potenzials (annäherungsweise) ermöglicht und welche mich am Unternehmenserfolg teilhaben lässt.

Mögliche Ursachen für das Befassen mit “Fluchtmechanismen”  könnten sein:

  • Übersteuerung: Zu viel Bürokratie und Redundanzen führen zu sinnloser (Doppel-)Beschäftigung.
  • Fehlendes klares Zielsystem und Strategien: Wenn die Ziele und Strategien eines Unternehmens nicht klar definiert sind, kann dies dazu führen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Aufgaben ausführen, die nicht zum Erreichen der Unternehmensziele beitragen.
  • Mangelnde Kommunikation: Eine schlechte Kommunikation zwischen verschiedenen Abteilungen oder zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften kann dazu führen, dass Aufgaben doppelt oder ineffektiv ausgeführt werden.
  • Halbherzige Umsetzung der Selbstorganisation in Teams: Sofern das angesprochene Vertrauen in die Selbstorganisationsfähigkeiten der Mitarbeiter und übergreifend der Organisationseinheiten nicht wirklich gelebt wird, kommt es zum Gegenteil der eigentlich beabsichtigten Selbstwirksamkeit der Mitarbeitenden.
  • Veraltete Prozesse und Systeme: Wenn Prozesse und Systeme veraltet sind oder nicht richtig funktionieren, kann dies dazu führen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Zeit und Energie in sinnlose Tätigkeiten investieren, um Probleme zu beheben.
  • Fehlende Motivation und Engagement: Wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, dass ihre Arbeit keinen Sinn hat oder nicht wertgeschätzt wird, kann dies zu mangelnder Motivation und Engagement führen, was sich wiederum negativ auf die Arbeitsleistung auswirken kann (Negative Rückkopplung).

Um sinnlose Arbeit zu vermeiden, sollten Unternehmen klare Ziele und Strategien definieren, die Kommunikation verbessern, effektive Prozesse und Systeme implementieren und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren und einbinden.

Alles in Allem gibt es keine Blaupause, jedes Unternehmen ist anders – Organisationsentwicklung erfordert eine tiefgreifende Analyse des Ist-Zustandes.

Denn nur so können gezielte Maßnahmen ergriffen werden, die auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele der Organisation abgestimmt sind. Eine erfolgreiche Organisationsentwicklung setzt daher eine intensive Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten voraus.

Dabei geht es nicht nur um das Entwickeln von neuen Strukturen oder Prozessen, sondern auch um ein Umdenken in Bezug auf Führungskultur und Mitarbeiterbeteiligung. Denn letztendlich ist es vor allem die Unternehmenskultur, die den Erfolg einer Organisation ausmacht.

In diesem Sinne sollte jede Organisationsentwicklung als Chance gesehen werden – sowohl für das Unternehmen selbst als auch für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Denn durch eine kontinuierliche Verbesserung wird nicht nur das Arbeitsumfeld optimiert, sondern auch neue Perspektiven geschaffen. So werden nicht nur Mitarbeiter der GEN Z gewonnen und gebunden, sondern eben aller „Generationen“.

Angelika Ballosch ist Marketing-, und systemische Organisationsberaterin. Ihre Expertise erstreckt sich von der Entwicklung strategischer Marketing- und Kampagnenkonzepte bis hin zum kollaborativen Aufbau von Organisationsstrukturen, dem Abbau von Silos, der Gestaltung eines optimalen Funnels, Veränderungsinitiativen und der Umsetzung von Marketingmaßnahmen. Mit einer systemtheoretischen Herangehensweise werden Werte und Strukturen in der Kultur identifiziert und Symptome von echten Problemen unterschieden, um die Herausforderungen in der Wertschöpfung anzugehen.”

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