Heavy Machines@Sharing Economy – Transformation ins digitale Zeitalter

Oder was hat Blockchain mit Coopetition zu tun?

Für das Vermietgeschäft ist eine Transformation ins digitale Zeitalter mit einer vielseitigen Prozessumstellung verbunden. Viele Prozesse werden auch heute noch manuell durchgeführt. Doch inzwischen ist die Branche getrieben von Schnelligkeit und Preiskampf. Um so wichtiger ist es, (Prozess-)Synergien zwischen Partnern zu finden, diese zu digitalisieren, um auch zukünftig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die Umsätze der Händler und Vermieter von Baumaschinen und Baugeräten steigt von Jahr zu Jahr stetig an. Die hervorragende Auftragslage der Kunden aus Bauhaupt- und Baunebengewerbe schlägt sich laut der bbi-Umsatzumfrage vom Januar 2019 auch im Vermietgeschäft (Sharing Economy) nieder. Der Studie nach stieg der Umsatz in der Vermietung im vergangenen Jahr um 8,5 % gegenüber dem bereits guten Vorjahresergebnis an. Dieser Anstieg ist zwar positiv zu verzeichnen, brachte aber auch den einen oder anderen Vermieter an seine Prozesskapazitätsgrenze. Diese vielen, oft manuell angelegten Aufträge zur Vermietung von Baumaschinen müssen orchestriert werden. Was fehlt ist eine Transformation vom manuellen bzw. analogen ins digitale Zeilalter.

Um Angebot und Nachfrage bei der Baumaschinenvermietung zusammen zu bringen, wurden in der Vergangenheit zentrale Marktplätze initiiert. Für die Bereitstellung einer Maschine auf einer Vermietungsplattform bezahlt der Anbieter (Vermieter) einen Geldbetrag. Nachdem ein Interessent gefunden wurde, wird der weitere Vermietprozess außerhalb des Marktplatzes abgebildet. Dabei entfallen bei der Vermietung 70% der Kosten auf die manuelle Orchestrierung des Vermietauftrages. Alle Vermieter arbeiten mit unterschiedlichen Systemen und nutzen andere Schnittstellen. Eine tiefergehende Integration von Vermietprozessen und Marktplätzen (bspw. Real-Time Verfügbarkeiten) gibt es nicht. Die Prozesse sind somit sehr ineffizient. Die heterogene Plattformlandschaft macht es Vermietern unmöglich, auf allen Kanälen präsent zu sein. Doch wie ist es möglich, über 3.000 regionale Maschinenvermieter in Deutschland zu einer gemeinsamen Lösung zu bewegen? Das Unternehmen Lindig aus Eisenach macht es vor.

Die Relevanz von Kooperationen wird laut Lindig immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die Digitalisierung ist ein entscheidender Wettbewerbsfaktor der Branche. Zukünftig wollen die Vermieter die Vorteile der Digitalisierung nutzen, ohne aber von einem Plattformbetreiber eines zentralen Marktplatzes abhängig zu sein. Lindig setzt dabei auf die Blockchaintechnologie. Dabei erhält jede Baumaschine einen digitalen Zwilling (Abbildung 1).

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Abbildung 1: Digitaler Zwilling einer Baumaschine

Auf der Basis dieses digitalen Zwillings wird die Baumaschine zukünftig netzwerkübergreifend vermietet. D.h., dass auch die Marktbegleiter auf die Baumaschine für eine Vermietvorgang zugreifen können. Ziel ist es somit mehr Kundenanfragen zu generieren sowie die Maschinenauslastung zu optimieren indem Stillstandszeiten verringert werden. Über die digitale Kontrolle und Steuerung von Baumaschinen erweitern sich somit die Geschäftsmodelle der Netzwerkteilnehmer.

Wettbewerbsvorteile durch Coopetition?

Für das Unternehmen Lindig ist Blockchain nicht mit Crypto-Währungen zu verwechseln. Vielmehr geht es darum, zukünftig Wertschöpfungsprozesse und unternehmensübergreifende, digitale Kollaboration zu stärken und abzusichern. Dabei sollen in Zukunft bisher feststehende Vermietprozesse in agile Netzwerke mit häufig wechselnden und neu hinzukommenden Partnern transformiert werden. Begleitet wird Lindig in dieser Initiative von Marktbegleitern. Allgemein erhoffen sich die Unternehmen vor allem Effizienzsteigerungen bei der Durchführung der bisher eher manuellen Vermietprozesse sowie dem Aufbau neuer Geschäftsmodelle. Genau an diesem Punkt setzt sich aktuell der Begriff der Coopetition durch.  Für das vorliegende Beispiel heißt das konkret:

1. Es wird eine prozesseffiziente Win-Win-Situation unter den Netzwerkteilnehmern geschaffen, um gemeinsam Kosten zu reduzieren. Die Netzwerkteilnehmer haben nun freie Ressourcen, um sich im Wettbewerb wiederum durch besondere Eigenschaften, wie Services gegenüber dem Kunden zu differenzieren.

2. Durch die gemeinsame (Prozess-)Plattform hat der Kunde Zugang zu mehreren Vermietern, wobei auch der der Vermieter seinerseits seinen Kundenstamm erweitert. Der Vermieter hat nun Zugang zu Kunden, die vorher auf anderen Plattformen aktiv waren.

Die Anforderungen an eine gemeinsame Netzwerklösung sehen dabei wie folgt aus:

  • Flexible und einfache Einbindung externer Partner mit Berechtigungsprofilen für Kunden, Speditionen, Versicherer
  • Manipulationssicherer, schneller Informationsaustausch ohne Intermediär und Medienbrüche
  • Gleicher Informationsstand für alle Beteiligten und Reduzierung von Rückfragen
  • Auftragsbearbeitung nachvollziehbar und revisionssicher ablegbar
  • Minimierung von Fehlerquellen
  • Zeitersparnis durch Automatisierung
  • Papierlos, keine nachträgliche Systemerfassung

Und wie sieht die erste Umsetzung aus?

Im Rahmen eines ersten PoC von Lindig wurde besonderer Wert auf die lückenlose und manipulationssichere Dokumentation von Gefahrenübergängen zur Absicherung der Maschinennutzung gelegt. Dies geschieht vor allem bei Lieferaufträgen zum Kunden sowie bei Abholaufträgen der Maschine vom Kunden. Die Fahrer des Transportfahrzeugs werden über die App der Blockchain informiert und legen zu den jeweiligen Aufträgen eine standardisierte Dokumentation der Gefahrenübergänge ab (Abbildung 2). Die Dokumentation der Aufträge sowie der Gefahrenübergänge, welche in Smart Contracts hinterlegt ist, lässt sich dabei beliebig komplex gestalten. Fahrer der Transportfahrzeuge und Disponenten haben zu jederzeit die gleiche Sicht auf Daten und Informationen und das Risiko bei einer verringert sich bei der Übergabe (bisher oft keine Dokumentation). Das fleckige, zerknitterte oder verschwundene Papier gehört damit der Vergangenheit an.

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Abbildung 2: Liefer- und Abholaufträge incl. dokumentierter Gefahrenübergänge.
Anja Wilde sucht immer nach neuen Lösungen im digitalen Umfeld, um Prozesse smarter und effizienter zu gestalten. Sie ist Dozentin an der Akademie des BMÖ und unterstützt Unternehmen bei Digitalisierungsprojekten auf Basis der Blockchain Technologie im evan.network. Erfahrungen sammelte sie in der Vergangenheit auch in den Bereichen Lieferanten- und Risikomanagement, Data Mining und KI.

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