5 Erfolgsfaktoren bei der Einführung von Enterprise Architektur Management (EAM)

Der erste Teil der erfolgreichen Enterprise Architecture Management Reise (EAM)

Wie führt man Enterprise Architektur Management (EAM) in digitalen Zeiten ein? Funktioniert EAM überhaupt abseits des Wasserfalls in einer agilen disruptiven Welt? Im aktuellen Artikel möchte ich aus meiner fast 20 jährigen Erfahrung in der IT Branche die Erfolgsfaktoren für EAM herausdestillieren.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie, über die ich einen großen roten Faden über das Thema EAM legen möchte: irgendwie hängt ja alles zusammen! Dies auch deswegen, weil mit Mai 2020 das Thema EAM neu in das MoreThanDigital Universum aufgenommen wurde.

Die Teile der wahrscheinlich vierteiligen Serie:

  • Enterprise Architektur Management im digitalen Wandel
    Was ist eigentlich EAM, und wie kann man EAM in Zeiten des digitalen und krisengeschüttelten Wandels ge-win-win-bringend einsetzen?
  • 5 Erfolgsfaktoren bei der Einführung von Enterprise Architektur Management
    Im aktuellen Artikel möchte ich aus meiner fast 20 jährigen Erfahrung in der IT Branche die Erfolgsfaktoren für EAM herausdestillieren!
  • Startprojekt – 10 Tips für die ersten 100 Tage EAM
    Welches sind die wichtige und vor allem konkrete Themen, wenn man mit EAM selbst oder im Unternehmen neu startet?
  • Blockchain und EAM
    Wie gehe ich „richtig“ und erfolgreich mit neuen und disruptiven Technologie wie der „Blockchain“ um?

Erfolgsfaktoren im Enterpise Architektur Management

Sind wir uns einig,

  • dass der digitale Wandel vor nichts und niemandem halt machen wird,
  • die Lebenszyklen der innovativen Technologien immer schneller werden,
  • die Globalisierung und Komplexität in einem Affentempo zunehmen werden,
  • und wir gleichzeitig disruptive innovative Wunderwuzzi-Lösungen bereitstellen werden müssen?

Darauf fällt mir nur eine triviale Schlussfolgerung ein: Veränderung!
Denn wird das mit den traditionellen Vorgehensweisen und Unternehmenskulturen funktionieren?

EAM hat bereits einige Vorboten dieser Entwicklung selbst am eigenen Leib mit verspüren müssen. Eine kurze Reprise:

  • Anfang der 2000er wurden wir noch als Arzt-ähnliche Halbgötter (ich entscheide mich bewusst nicht für die ge-genderte Bezeichnung) gesehen. Wir konnten mit großen strategischen Befehlen in die Niederungen der Anwendungsentwicklung gehen und diese Befehle ausgeben, ohne dass Vorteile für die Anwendungsentwicklung abfielen. Win-Lose.
  • Um 2010 kam die Ernüchterung, aber man hielt an uns fest. Je besser und bunter die Hochglanzfolien waren, desto eher war die Unternehmensführung im Boot. Aber die Anwendungsentwicklung konnten wir nicht mehr wirklich überzeugen. Das Halbgott Image bröckelte … meist Lose-Lose.
  • Einige sogenannte Pandemien, verstärkte Globalisierung, neoliberale Profitzentriertheit und eine rasante Digitalisierung später befindet sich EAM in einer wirklichen Krise. Die Unternehmensführung glaubt uns nicht mehr, die Anwendungsentwicklung sowieso nicht, denn mit Agilität und Scrum läßt sich doch eh alles machen. Wirklich Lose-Lose.

All diese Vorboten sollte man meiner Meinung nach kennen, um heute erfolgreich EAM einzuführen und zu leben! Und das Schöne ist, der „Wind of Change“ hat gute Chancen, den Unternehmen mit einem zeitgemäßen EAM den entscheidenden Atem für Win-Win einzuhauchen!

EAM ist also weit mehr als nur eine IT-Managementdisziplin, EAM kann der Hebel und die Drehscheibe für eine neue Unternehmenskultur sein.

Was sind nun die Erfolgsfaktoren auf der Straße nach Win-Win?

Und wundert euch nicht, dass die Erfolgsfaktoren fern der Technik und sehr stark auf Menschen und Organisation fokussieren! Das sind die Erkenntnisse meiner letzten 20 Jahre …

Mit Vertrauen mutig und selbstverantwortlich handeln!

Handschlagqualität wird weithin unterschätzt! Eine spezielle Herausforderung in Zeiten der sogenannten „Coronakrise“. Kann man Handschlagqualität ohne realen Handschlag haben, Vertrauen über Zoom herstellen?

Aber wer braucht komplexe Verträge, um Agilität zwischen Auftraggeber und Dienstleister zu ermöglichen, oder muss sich seine Macht absichern, wenn ein Mindset des Vertrauens herrscht? Welche EntwicklerIn (oder ArchitektIn) muss Angst vor dem Vorstand haben (oder umgekehrt), wenn man sich gegenseitig gut kennt und schätzt?

Vertrauen ist der Kitt erfolgreicher Arbeit. Sehr stark verkürzt sagt Gallup, dass 85% von MitarbeiterInnen in großen Unternehmen nicht „enthusiastisch“ seien. Mangelndes Vertrauen, Machtspielchen aufgrund hierarchischer Strukturen und über die Zeit sinnlos gewordene Arbeitsabläufe verhindern, dass Innovation entsteht. Und das ist bemerkenswert, denn trotz all der Widrigkeiten leben wir auch heute mit unglaublichen Werkzeugen und Erfindungen.

Was wäre, wenn wenn wir zu den 15% auch noch die 85% überzeugen könnten, ihre wahre Größe zu leben?

Doch wie schafft man Vertrauen? Indem man Menschen wieder in die Selbstverantwortung „ent-„läßt, ihnen zutraut, dass sie mutige Lösungen schaffen können. Und Selbstverantwortung fördert auch in hohem Maße die sträflich vernachlässigte echte Verantwortung (gerne im RACI Sinn der Accountability) für Themen oder Anwendungen.

Handschlagqualität eben!

Die Menschen in den Mittelpunkt stellen!

Wie hebt man den schlummernden 85% Goldschatz in einem Unternehmen? Indem man den Menschen Beachtung schenkt! Nennt es New Work oder Mindfulness, ganz egal! Und haltet Innehalten oder Meditationen zum Start eines Meeting nicht für lächerliches Zeugs!

Globale Riesen wie google oder SAP haben das schon erkannt, und natürlich neben der emotionalen Story auch das wirtschaftliche Potential und die damit verbundenen Skaleneffekte entdeckt. Google hat das sogenannte „Search Inside Yourself“ Programm erfunden, das auf Basis der Neurowissenschaften die Potentiale von transformationalen Erfahrungen ans Licht bringen will.

Aber auch kleinere Unternehmen wie Upstalboom stellen wieder jeden einzelnen Menschen im Unternehmen in den Mittelpunkt. Und siehe da: das bringt tatsächlich auch mehr wirtschaftlichen Erfolg. Nachzusehen im Film „Die Stille Revolution

Denn in der hierarchischen „seelenleeren“ Organisation  lassen sich komplexe Herausforderungen nicht mehr meistern.

Was ist mit Komplexität gemeint? Mit dem Unvorhersagbarem umgehen können, rasch auf Veränderungen reagieren können, mit etwas nicht mechanistisch Berechenbarem „rechnen“, die Menschen wieder zu beteiligten Enthusiasten machen. Im Gegensatz zu: kompliziert; also schon etwas Schwieriges, aber von Genies ohne Probleme zu lösen.

Erfolgsfaktoren dieses Erfolgsfaktors: radikale Transparenz, authentisches Auftreten ermöglicht Resilienz und schafft wahre Agilität!

Offene Diskussionen zulassen und Partizipation ermöglichen!

Auf die Spitze getrieben sind Unternehmen im Grunde autoritäre Hierarchien.

Teams werden gebildet, indem eine Führungskraft entscheidet, dass eine Menge von Humanressourcen zusammenarbeiten sollen.

Die bereits genannte Gallup Studie zum Enthusiasmus von MitarbeiterInnen legt für mich auch hier nahe, dass die Gestaltung von Teams und die damit einhergehende größere Partizipation nicht zu unterschätzen sind. Im Endeffekt brauchen auch Unternehmen einen demokratischeren Charakter oder zumindest Entscheidungswege, die über einen Konsensmechanismus funktionieren. Das steigert die Moral und den oft vermissten Enthusiasmus.

Die Open Source Bewegung – vielleicht trifft es eher der Begriff „Free Software“ noch besser – ist ein sehr erfolgreiches Beispiel. Sogar Unternehmen wie Microsoft haben sich dieser Idee schon stark geöffnet.

Weitere Ideen kann man sich von der Holokratie oder der Soziokratie holen.

Ziele bewusst folgen!

Der Weg ist das Ziel … oder ist es besser umgekehrt? Fakt ist, dass wir Ziele – oder besser vielleicht eine Zielrichtung – bewusst überlegen müssen. Es geht darum, die Mechanismen festzulegen, wie der Weg zum möglichen Ziel gestaltet wird, wie man Entscheidungen herbeiführt.

Eines der beliebtesten Ziele von EAM – sofern man sich das überhaupt überlegt hat – sind … Kosteneinsparungen. Und auch eines der Sinnlosesten.

Mit EAM Geld sparen mag ein Ergebnis, ein nettes „Abfallprodukt“ sein, kann aber nie den Sinn von EAM darstellen, nicht einmal in einer Bank. EAM hat mit Qualität zu tun, mit Anfangsaufwand, mit neuen Tools, mit dem Zusammenbringen von Menschen. Da gibt es nach einem Jahr kein Girokonto, von dem man eine Einsparung abheben kann.

Doch glaubt mir: wirklich gute EAM Ziele bringen Unternehmen in ungeglaubte Höhen.

Eine – zugegeben etwas martlialische – Analogie, die ich an einer solchen Stelle immer bringe, die im Kern natürlich genauso für friedliche Szenarien gilt. Die „Freedom Speech“ Szene aus dem Film „Braveheart“.

Wenn man es schafft, Menschen das Licht am Ende des Tunnels einfach und klar darzustellen (in diesem Fall ist es die „Freiheit von Unterdrückung“), dann halten sie zusammen und machen es einfach, und zwar richtig! Ich muss keinem Krieger mit Tutorials erklären, wie er sein Schwert zu halten hat, wenn er weiß, es geht um die Freiheit.

Sind Kosteneinsparungen für eine EntwicklerIn wirklich das Licht am Ende des Tunnels?

Ich würde sogar meinen, Kosteneinsparungen stehen im krassen Widerspruch zu vielen ideellen Werten.

In großen Zeiträumen denken!

Selten in der Realität gelebt handelt es sich bei EAM um eine Disziplin, die groß und lange angelegt sein sollte. Schließlich geht es bei EAM um den gesamten Lebenszyklus von Anwendungen und deren Relationen zu anderen Anwendungen, auf dessen Basis eine schlüssige Technologievision, InnovationspotentialeTechnologierisiken und eine Technologiestrategie abzuleiten sind.

Wiederum muss ich sagen, dass dieser Erfolgsfaktor alleine nicht bestehen kann. Große Zeiträume zu leben verlangt die zuvor genannten große Ziele oder Visionen.

Heute können einem die wenigsten Enterprise Architekten sagen, welche Gesamtkosten einer Anwendung wirklich zugrunde liegen, wie es gerade um die Anwendung qualitativ bestellt ist. Ich meine nicht die Projektkosten aus dem aktuellen Budget, die verraten uns nur, wieviel Geld man in einem Jahr verbraten hat, es geht um die Produktkosten und die Produktqualität einer Anwendung, vom Butz bis zum Stengel.

Erfüllt die Anwendung noch den Zweck? Hat sich da vielleicht etwas geändert? Wann muss es ein Redesign der Anwendung oder gar eine Ablöse geben?

Der VW Golf ist ein gutes Beispiel eines materiellen industriellen Produkts, an dem man den Sinn einer Produktbetrachtung über den gesamten Lebenszyklus beschreiben kann: wenn VW nach etwa vier Jahren 3-er Golf (angenommene Lebensdauer einer Golf-Serie) nicht überlegt, wie es weitergeht, dann geht es mit dem Produkt „Golf“ auch nicht weiter. Genauso wird man nachdenkden, ob und wie lange die alte Serie weiter gewartet wird.

Dasselbe sollte mit Architektur-Artefakten gemacht werden, obgleich das bei einem immateriellen Produkt ungleich schwieriger ist: man kann es nicht angreifen, also nimmt man nicht unbedingt an, dass man es über sein Leben hinweg planen muss.

Was bringt das Betrachten eines großen Zeitraums also? Simon Sinek hat diese Fragestellung ausgezeichnet herausgearbeitet: in seinem Buch „The Infinite Game“ argumentiert er brilliant, dass der wahre Sinn des Lebens erst nach dem Quartalsbericht beginnt.

Weitere Erfolgsfaktoren

In Kürze möchte ich noch drei Erfolgsfaktoren ansprechen:

  • Diversität: Frau-Mann, Norden-Süden, Osten-Westen, Schwarz-Weiß, … In der Kombination und im Gleichgewicht liegen eine enorme positive Innovationskraft!
  • Positives Denken: die positive Psychologie hat gezeigt, dass es einen Sinn macht, teilweise befüllte Gläser als halbvoll und nicht als halbleer zu betrachten, da das Innovation nicht über eine Ver-Durchschnittlichung erreicht werden kann! Doch ist klar, dass eine genauso positive Fehlerkultur mit im Paket ist!
  • Verhalten statt Fakten: man hat erkannt, dass die Betrachtung des Verhaltens und dessen Einfluss auf Entscheidungen scheinbar wichtiger ist, als mechanistisch scheinbar faktische Kennzahlen zu berechnen. Darüber hinaus ist Motivation einfacher durch versteckte Symbole (Nudging, z.B. Bio-Zertifikat) zu erreichen als Befehle! Wir Menschen wollen einfach Gutes tun!

Alle drei Faktoren stehen in direktem Widerspruch zur westlichen insb. der mitteleuropäischen Kultur und sind ein „Mindset“ Thema. Heute erfolgreiche Unternehmen haben dies bereits erkannt.

Mehr davon wenn ihr mich wiederseht, ihr müsst unbedingt gucken, wie’s weitergeht!

Und wie geht es nun nach den Erfolgsfaktoren weiter? Im nächsten Teil der Serie möchte ich konkret zeigen, wie sich die Erfolgsfaktoren ins tägliche Leben integrieren lassen!

Ich freue mich auf rege Diskussionen und einen Austausch zu meinen Thesen und euren Erfahrungen!

Share & Grow!

Aufgewachsen in Wien genoss Hannes Lischka eine akademische Ausbildung in Wirtschaftsinformatik. Seine mittlerweile 20 jährige Laufbahn führte ihn beinahe durchs gesamte IT-Management, der Fokus lag seit 2007 auf Enterprise Architektur Management (EAM). In den letzten Jahren erkannte er, dass nachhaltiger Erfolg weniger durch technokratische Prozesse als vielmehr durch die beteiligten Menschen entsteht. Seine Brücken baut er seitdem zwischen EAM und New Work.

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